Der Geist des Highlanders
setzte sich neben ihn. Er trug noch die Strümpfe und die Tunika vom gestrigen Abend, als ob er sich nicht davon trennen könnte. Victoria lächelte. »Ich glaube, du hast eine neue Berufung gefunden.«
»Ich?«, fragte er überrascht. »Was denn?«
»Schauspieler. Dein Hamlet war wirklich atemberaubend. Ich könnte dir jeden Abend zuschauen.«
»Danke. Deine Ophelia war auch sehr ergreifend.« Er schwieg. »Ich muss zugeben, es hat mich erstaunt, dass die beiden nicht geheiratet haben.«
Victoria zuckte mit den Schultern. »Das lag vermutlich an den Umständen.«
Er blickte sie an.
»Ja, die Umstände«, wiederholte er leise.
Ihr blieb fast das Herz stehen.
»Das scheint mir ein recht armseliger Grund zu sein, um auf etwas zu verzichten, das so vollkommen scheint«, sagte er langsam. »Findest du nicht auch?«
Victoria schluckte. Auf einmal hatte sie das Gefühl, dass es gar nicht mehr um Shakespeare ging. »Es gab Dinge, die sie nicht ändern konnten«, erwiderte sie. »Er war ein Prinz; sie stand sozial weit unter ihm. Eine Welt voller Konventionen trennte sie. Es war unmöglich.«
»Ich mag dieses Wort nicht.«
»Ich auch nicht.«
Connor senkte den Kopf. Aber dann hob er ihn wieder und blickte sie an.
»Ich will dich.«
Victoria wäre fast von der Bühne gefallen, aber das hatte sie vor Jahren in der Schauspielschule ja schon erledigt. Stattdessen umklammerte sie mit beiden Händen den Rand des Podests und hoffte, dass das Schwindelgefühl in ihrem Kopf nachlassen würde.
»Was?«, stieß sie hervor.
»Du hast mich verstanden.«
»Ich möchte aber ganz genau wissen, was du meinst.« Sie schwieg. »Für was willst du mich? Als Regisseurin auf der Bühne? Um für dich einen Monat lang zu schreien ...«
»Ich will dich«, wiederholte er langsam. »In meinem Bett. In meinem Leben. An meiner Seite von Morgengrauen zu Morgengrauen und in den Stunden dazwischen.« Er schwieg, dann fuhr er fort: »Ich glaube, der korrekte Ausdruck dafür ist >Ehe<.«
Victorias Augen wurden feucht. Eine einzelne Träne lief ihr über die Wange.
»Ehe?«, flüsterte sie.
»Ja.«
Sie blickte ihn an. Dann schlug sie die Hände vors Gesicht und begann zu weinen.
Er ließ sie gewähren. Sie schluchzte und jammerte wie ein Kind, das nicht mehr aufhören kann, nachdem die Tränen erst einmal fließen. Schließlich hielt sie erschöpft inne und fuhr sich mit dem Ärmel ihres Kleides über die Augen. Er lächelte grimmig.
»Ist der Gedanke so furchterregend?«
»Nein«, schniefte sie. »Aber Connor, es ist unmöglich.«
Er blickte sie einen Moment lang schweigend an, dann sprang er von der Bühne. »Komm mit.«
Sie hüpfte weit weniger anmutig von der Bühne herunter, es gelang ihr aber trotzdem, auf ihren Füßen zu landen. »Wohin gehen wir?«
»Zu deinem Bruder.«
»Willst du bei ihm um meine Hand anhalten? Mein Dad ist auch im Gasthof, allerdings wird er morgen mit Mom und Megan nach London fahren, wenn du also ...«
»Mit deinem Vater rede ich später. Ich möchte ein paar Antworten von deinem Bruder.«
»Antworten? Auf was für Fragen denn?« Sie war bereits außer Atem, weil er so lange Schritte machte und sie kaum mithalten konnte. Aber es war bestimmt auch deswegen, weil sie noch nie zuvor einen Heiratsantrag bekommen hatte. Von dem einzigen Mann, von dem sie ein solches Angebot überhaupt akzeptieren würde.
Und dem einzigen Mann, den sie nie würde haben können.
»Eine ganze Menge Fragen«, antwortete Connor. »Fragen über den einen oder anderen, der im Lauf der Jahre in Thorpewold gelebt hat.«
»Und was hat das mit uns zu tun?«
»Das wirst du schon sehen.«
Victoria ging neben Connor her, und als er durch die geschlossene Eingangstür des Gasthofs trat, rannte sie gegen das Holz. Fluchend rieb sie sich die Stirn. Er kam sofort wieder zurück.
»Entschuldige.«
»Siehst du«, sagte sie verärgert. »Es würde nicht funktionieren. Ich hätte ständig nur blaue Flecken.«
Er blickte sie an. »Deine Augen sind feucht.«
»Das kommt von den Blumen. Sie bringen mich zum Niesen.«
»Dann sollten wir den Garten besser meiden. Öffne bitte die Tür, meine Geliebte.«
Sie gehorchte, hielt jedoch mitten in der Bewegung inne. »Wie hast du mich genannt?«
»Ich werde zahllose Kosenamen für dich finden, wenn du dich nur auf eine gemeinsame Zukunft einlässt.«
Sie verschränkte die Arme über der Brust. Eigentlich hielt sie sich fest, damit sie nicht in tausend Stücke zersprang. »Sag das noch
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