Der Geist des Highlanders
versuchen.
»Ja«, erwiderte er mit einem Selbstvertrauen, das er nicht empfand.
»Gut. Komm in zehn Minuten auf die Bühne. Ich laufe schnell zum Gasthaus und suche noch weitere Mitspieler. Und bring mir diesen Roderick St. Claire, wenn du kannst. Ich brauche ihn für den Laertes.«
Mit diesen Worten drehte sie sich um und ließ ihn sprachlos im großen Saal zurück.
Den Hamlet?
Er holte tief Luft. »>Es sind Gebärden, die man spielen könnte. Was über allen Schein, trag ich in mir.<«
Das hoffte er zumindest.
Er holte tief Luft, schickte ein kleines Stoßgebet zum Himmel und verließ den Saal, um auf den Rest des Ensembles zu warten, das sicherlich das seltsamste in Victorias gesamter beruflicher Karriere war.
Er brauchte nicht lange auszuharren.
Ambrose, Hugh und Fulbert kamen angelaufen und wären in ihrer Hast, auf die Bühne zu gelangen, beinahe übereinander gestolpert. Als Connor auf die Bühne sprang, stieß er aus Versehen Roderick um, der atemlos fragte: »Braucht sie mich tatsächlich?«
»Ja«, sagte Connor. »Heute Abend sind allerdings Rüschen nicht angebracht. Wir müssen uns mittelalterlich kleiden.«
Roderick sprang auf. Zärtlich streichelte er noch einmal über sein Spitzenjabot, aber dann schlüpfte er in Windeseile in eine grobe Tunika, abgetragene Strümpfe und abgewetzte Stiefel.
»Ist es so besser?«, fragte er.
»Victoria wird uns schon entsprechende Anweisungen geben, wenn wir uns anders kleiden müssen.«
Roderick lachte. »Ja, das denke ich auch. Diese Frau muss man einfach lieben. Sie ist in jeder Hinsicht großartig.«
Connor hätte Roderick gerne gefragt, woher zum Teufel er das wissen wollte, aber gerade in diesem Augenblick kam Victoria zurück. Sie hatte Jennifer dabei.
»In Ordnung«, sagte Victoria und winkte ihre Truppe zu sich. »Folgendes: Wir haben das Stück nie geprobt, und haben jetzt auch keine Zeit mehr dazu. In weniger als einer Stunde beginnt die Vorstellung. Ist hier noch jemand, der seinen Text nicht kennt oder, schlimmer noch, nicht weiß, welche Rolle er spielen soll?«
Ambrose glättete seine Tunika. »Ich spiele den verschiedenen König von Dänemark. Fulbert übernimmt Hamlets Onkel Claudius und Hugh wird uns mit seinem pedantischen, reizbaren Polonius erfreuen. Hugh, trag bitte nicht so dick auf, wenn Hamlet dich während der Szene mit Gertrude erdolcht. Ach übrigens, meine liebe Victoria, wer spielt denn die Gertrude?«
»Jenner«, erwiderte Victoria.
»Wie soll sie den Text so schnell lernen?«, fragte Connor.
»Sie hat die Rolle schon einmal gespielt«, erwiderte Victoria. »Und da sie ein fast fotografisches Gedächtnis hat, wird es schon klappen.«
Ambrose beugte sich zu Connor und erläuterte: »Das bedeutet, sie braucht etwas nur ein einziges Mal zu lesen und kann sich dann für immer daran erinnern. Eine nützliche Gabe, oder?«
Connor dachte, dass er dieses Talent möglicherweise auch besaß, denn jetzt gerade sah er ganze Passagen aus dem Stück vor sich. Aber darüber konnte er ja später mit Ambrose sprechen, wenn sie die Aufführung hinter sich hatten.
»Thomas wird den Horatio spielen«, sagte Victoria und blickte prüfend auf ihre Liste. »Was die übrigen Nebenrollen angeht, werden Fred und Megans Mann Gideon tun, was sie können. Wenn sie ihren Text vergessen, dann feuern wir sie nach der Vorstellung.«
Connor nickte beifällig, während er zuhörte, wie sie ihre Anweisungen gab. Er bewunderte ihre Ruhe angesichts der Amateurschauspielertruppe, mit der sie nun ihr Stück aufführen musste.
Aber irgendetwas fehlte. »Victoria?«, warf er schließlich fragend ein.
Sie blickte ihn an. »Ja?«
»Wer spielt denn die Ophelia?«
Schweigen trat ein, und alle blickten sich betreten an.
»Oh«, sagte Jennifer. »Das ist ein Problem.«
Connor räusperte sich und blickte Victoria an. »Du kennst die Rolle doch«, schlug er vor. »Willst du sie nicht übernehmen?«
Victoria schloss kurz die Augen und schluckte. »In Ordnung. «
»Dann wäre das ja geregelt«, erklärte Jennifer gut gelaunt. » Lasst uns jetzt den Kostümschuppen plündern. Na ja, bis auf diejenigen, die sich ihre Kleidung selbst zaubern können.«
Connor blickte Victoria an, als sich die anderen zum Aufbruch bereit machten. Er lächelte aufmunternd. »Du wirst wundervoll sein«, versicherte er ihr.
»Ich glaube, mir wird schlecht«, erwiderte sie.
»Verschieb das auf später. Jetzt such dir erst einmal ein Kostüm aus. Du wirst die Rolle so großartig
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