Der Geist des Highlanders
gerade noch rechtzeitig.
»Wartet!«, sagte sie.
»Hinweg, böses Weib!«
»Aber ich habe Euch noch mehr zu sagen ...«
»Verschwindet aus meinem Schloss oder ich lasse Euch in den Kerker werfen!«, donnerte er. »Ich will nichts mehr von dieser Geschichte hören!«
»Seine Frau hat ihn vor einer Woche verlassen«, warf Cormac ein.
»Zur Hölle mit dir!«, grollte Connor. »Sollen es denn alle
hören?«
»Aber, Connor«, erwiderte Cormac, »sie wissen es doch sowieso schon.«
Connor ging auf seinen Vetter los, aber anscheinend war der daran gewöhnt, denn er zog ebenfalls sein Schwert, und kurz darauf klirrten die Klingen. Victoria stand daneben und war insgeheim froh darüber, dass sich Connors Wut im Augenblick gegen seinen Cousin richtete.
Vielleicht hörte er ihr ja jetzt zu.
»Der Franzose wird nach Euch schicken«, schrie sie über den Waffenlärm. »Sein Bote wird Euch versprechen, Euch zu den Kindern zu führen.«
»Schweig!«, donnerte Connor.
Sie wartete kurz, bis er sich ein wenig an seinem Vetter abreagiert hatte, dann unternahm sie einen neuen Anlauf.
»Hütet Euch vor dem Franzosen«, fuhr sie fort. »Er wird Euch auf der Lichtung in der Nähe des Baches töten ...«
Grollend zielte Connor mit der Schwertspitze auf sie. »Wenn Ihr noch ein Wort von Euch gebt, dann hole ich Euch die Eingeweide aus dem Leib und erwürge Euch damit.«
Sie blinzelte. »Das würdet Ihr tun?«
»Na ja«, lenkte er widerwillig ein, »wahrscheinlich nicht, schließlich seid Ihr eine Frau.«
»Können wir uns also irgendwo hinsetzen und in Ruhe miteinander reden?«, fragte sie.
Er fluchte. »Nein, das können wir nicht! Ich habe Besseres zu tun, als einem seltsamen Weib zu lauschen, das besser für immer schweigen würde.«
»Aber ...«
»Hinweg, dummes Weib!«
»Können wir uns nicht bei einem Krug Ale unterhalten?«
Connor stieß einen heftigen Fluch aus und ergriff sie am Arm. Er zerrte sie zur Eingangstür.
»Wartet!«, sagte sie und stemmte die Absätze in den Boden. Die Sache lief überhaupt nicht so, wie sie sich das vorgestellt hatte. Sie wollte doch wenigstens ihre Warnung loswerden. Dann würde er ihr vielleicht endlich zuhören. Die Hoffnung, dass er sie zum Abendessen einladen würde, war vermutlich übertrieben gewesen.
Sie holte tief Luft. »Der Pfeil wird von Osten auf Euch zugeflogen kommen. Euer Pferd wird stürzen und Euch unter sich begraben, und dann wird der Franzose kommen und Euch den Todesstoß versetzen«, sprudelte sie hervor.
Er knurrte.
»Und wenn Ihr sterbt, wird er Euch berichten, dass Eure
Kinder und Eure Frau am Wechselfieber gestorben sind, weil er sie tagelang durch die Nässe geschleppt hat...«
Noch bevor sie den Satz zu Ende sprechen konnte, holte er aus und warf sie die Treppe hinunter.
Zum Glück waren es nur vier Stufen, und Ian hatte ihr beigebracht, wie sie sich abrollen musste, wenn sie stürzte.
Keuchend kam sie wieder auf die Beine und blickte zur Tür.
Connor stand da, schwer atmend, und warf ihr einen finsteren Blick zu.
Dann schlug er die Tür zu und machte sie nicht wieder auf.
Victoria klopfte sich den Staub ab und betrachtete Connors mittelalterlichen Wohnsitz eingehend. Die Burg war grau und abweisend, gebaut um allen denkbaren Angriffen zu trotzen. Darin glich sie ihrem Besitzer.
Nun ja, das war nicht annähernd so verlaufen, wie sie es sich vorgestellt hatte.
Victoria überlegte. Sie konnte es natürlich noch einmal versuchen und wieder hineingehen. Wenn es ihr gelänge, Connor zu Boden zu ringen und sich auf ihn zu setzen, würde er vielleicht lange genug stillhalten, damit sie ihm alles erzählen konnte.
Aber sie bezweifelte, dass ihr das gelingen würde.
Nur widerwillig gestand sie sich ein, dass ihr Ausflug in die Vergangenheit bisher ein Misserfolg war.
Sie dachte an Connor, an sein schönes, sterbliches Ich. Vielleicht hatte sie ja zu voreilig und unüberlegt gehandelt. Er hatte ihr schließlich immer wieder erklärt, dass er zu Lebzeiten Vernunftüberlegungen nicht zugänglich gewesen war und ihr bestimmt nicht zuhören würde.
Nun ja, sie hatte ihm ja auch nicht zugehört. Sie hatte ebenfalls Charakterzüge, die nicht besonders liebenswert waren. Zum Beispiel ihr Verlangen, alles und jeden kontrollieren zu wollen. Wenn sie ihr Leben aus der Entfernung betrachtete, so hatte sie es genossen, ihre Schauspielertruppe herumzuscheu-chen und Dinge von ihnen verlangt, die weit über die Kompetenzen eines Regisseurs hinausgingen. Und das
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