Der Geist des Highlanders
das, dass er in der Zukunft bleiben durfte?
Diese Frage konnte er nicht beantworten.
Wenn er eine Bestätigung bekäme, irgendeinen zwingenden Grund, ein über jeden Zweifel erhabenes Zeichen, dass er bleiben sollte, wo er war ...
Aber nein, so funktionierte die Welt nicht. Er gehörte in seine Zeit und Victoria in ihre. Die Gespenster, die er gesehen hatte, waren Ausgeburten seiner Fantasie. Und langsam begann er sich zu fragen, ob nicht diese ganze Reise nur ein langer Traum war.
Er zuckte mit den Schultern. Wenn er wieder zu Hause war, würde ihm das alles klar sein.
Im Moment jedoch wollte er den restlichen Tag mit Victoria verbringen.
Das reichte aus.
Es musste ausreichen.
35
Victoria saß auf der Rückbank von Thomas’ Mietwagen und hörte zu, wie ihr Bruder und der Mann, den sie liebte, die Instrumente auf dem Armaturenbrett diskutierten. Connor hätte sie am liebsten mit seinem Messer auseinandergenommen, aber das hatte ihm Thomas verboten. Es kam ihr so normal vor, mit ihrer Schwägerin, der ständig übel war, hinten im Auto zu sitzen, während der Highlander vorne versuchte, sein Messer in den CD-Player zu schieben.
Ob sie den Verstand verlor?
Darüber wollte sie lieber nicht spekulieren.
Iolanthe stöhnte leise. Victoria reichte ihr eine Plastiktüte. »Hier«, sagte sie trocken, »du kannst dich hier hinein übergeben. Ich habe nachgeschaut: sie hat keine Löcher.«
Iolanthe umklammerte die Plastiktüte wie einen Rettungsring. Victoria blickte aus dem Fenster auf die Landschaft, die vorbeiflog. Es war eine schöne Gegend, und wahrscheinlich gab es keinen einzigen Quadratmeter, auf dem nicht schon Briten herumgetrampelt waren. Es wäre spannend gewesen, die Geschichte hier aus nächster Nähe mitverfolgen zu können, wie Connor es getan hatte.
Sie stieß einen tiefen Seufzer aus. Es lief alles nicht so, wie sie sich das vorgestellt hatte. Ja, sicher, als sie aus der Vergangenheit zurückgekommen war, hatte sie in ihrer Verzweiflung geglaubt, Connor nie wieder zu sehen, und jetzt, da er hier war, hoffte sie inständig, dass er sich erinnern würde und bei ihr bliebe.
Aber die Zeit wurde immer knapper, und vorhin hatte Connor angekündigt, er werde morgen nach Hause zurückkehren. Allerdings sagte er das schon seit fast einer Woche,
und es war natürlich durchaus möglich, dass er noch eine weitere Woche hier blieb.
Leider stand jedoch auch ihr nicht mehr so viel Zeit zur Verfügung. Es war schon Ende August, und Mitte September begannen die Proben für ein Stück, das im November Premiere haben sollte. Dabei hatte sie sich noch um rein gar nichts gekümmert. Ihr fehlten noch die passenden Räumlichkeiten und sie musste dringend noch ein paar Schauspieler zusammentrommeln, da Michael ja über die Hälfte ihrer Leute mitgenommen hatte und Mr Yoga definitiv ihre Probebühne übernommen hatte.
Tief seufzend rieb sie sich mit beiden Händen übers Gesicht.
»Victoria?«
Sie blickte ihre Schwägerin an. »Ja?«
»Geht es dir nicht gut?«
Victoria schüttelte dem Kopf. »Es ist nur der Stress.«
»Da wir gerade von Stress sprechen«, warf Thomas ein, »hast du dir schon überlegt, was du im Herbst machst? Ich meine, wenn du wieder in Manhattan bist.«
»Warum sollte ich ausgerechnet dir immer alles erzählen?«, fragte Victoria gereizt.
»Stimmt denn etwas nicht?«, wollte Connor wissen.
»Victoria hat eine Schauspielertruppe«, erklärte Thomas, »und sie haben leider die Räume nicht mehr, in denen die Aufführungen sonst immer stattfanden. Und jetzt hat sie in Manhattan keinen Platz zum Proben mehr.«
»Manhattan? Die Stadt, von der du mir erzählt hast?«
»Genau die.«
»Was schlägst du vor? Könnte sie nicht dein Schloss benutzen?«
»Das könnte sie«, erwiderte Thomas, »aber ich glaube, sie will in die Stadt. Wahrscheinlich kann sie es sogar kaum erwarten, wieder nach Manhattan zurückzukommen. Das stimmt doch, Vic, oder?«
Victoria hätte ihren Bruder gerne geschlagen, aber das wäre gefährlich gewesen, schließlich saß er am Steuer. Er machte alles immer nur schlimmer. Zuerst hatte er Connor völlig unsensibel von seinem Dasein als Gespenst erzählt, und jetzt klang es bei ihm so, als würde sie am liebsten sofort abreisen und Connor sich selbst überlassen.
»Connor?«, sagte sie.
»Ja?«
»Du darfst ihn später für mich umbringen.«
»Vielleicht erbst du ja dann auch das Schloss«, meinte Connor.
Victoria musste unwillkürlich lächeln. »Ich wusste doch, dass
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