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Der Geist des Highlanders

Titel: Der Geist des Highlanders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Kurland
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extrem langes Schwert wieder in die Scheide und zog stattdessen einen gefährlich aussehenden Dolch.
    Jennifer sprang dazwischen und schrie, so laut sie konnte: »Nein!«
    Er wischte sie einfach mit dem Handrücken beiseite, und sie fiel aufs Pflaster. Victoria stand da wie erstarrt, aber als sie sah, was er mit ihrer Schwester gemacht hatte, ging sie wie eine Wildkatze auf ihn los, um ihm die Augen auszukratzen. Mit einer einzigen Handbewegung drehte er sie um und drückte sie an die Mauer. Als er anfing, sie zu begrapschen, war ihr klar, dass sie in großen Schwierigkeiten steckte. Na ja, wenigstens hatte er ihr nicht gleich die Kehle aufgeschlitzt. Das war doch schon mal was.
    Auf einmal jedoch spürte sie, wie sein Griff lockerer wurde. Er hielt sie nicht mehr fest, und als sie sich umdrehte, sah sie, dass er neben Jennifer am Boden lag. In seinem Rücken steckte ein großes Schwert.
    Connor hockte auf allen vieren und atmete schwer. Sein Brustkorb hob und senkte sich.
    »Sieh zu, dass Jennifer zu sich kommt«, keuchte er. »Ihr müsst hier weg, bevor jemand kommt.«
    Victoria zog ihre Schwester hoch und legte Jennifers Arm über ihre Schulter.
    »Ich fühle mich nicht so gut«, stieß Jennifer hervor.
    »Wir kümmern uns später darum. Wir müssen erst einmal weg von hier«, sagte Victoria.
    Sie schleppte Jennifer über die Leiche des Angreifers. »Und was ist mit dir?«, fragte sie Connor.
    »Mich sieht ja keiner«, sagte er mit schwacher Stimme. »Das Schwert hat einem seiner Kumpane gehört. Sucht euch eine sichere Bleibe. Ich finde euch schon.«
    Victoria hätte ihn gerne gefragt, wie er das wohl bewerkstelligen wollte, aber sein Blick brachte sie zum Schweigen.
    Sie zerrte Jennifer aus der kleinen Gasse auf eine Hauptstraße. Dass nicht eine Menschenseele sich danach erkundigte, warum Jennifer und sie in einem so erbärmlichen Zustand waren, war wahrscheinlich typisch für Zeit und Ort. Victoria hatte sich die Karte von London in der Renaissance nur einmal kurz angesehen, um nachzuschauen, wo sich das Globe befand. Leider war Theater zu dieser Zeit noch keine Unterhaltung für die Bessergestellten, und da auch Schauspieler nicht der Oberschicht angehörten, blieb Victoria jetzt nichts anderes übrig, als sich entweder in einer recht schäbigen Unterkunft einzuquartieren oder Jennifer zu zwingen, noch meilenweit zu laufen.
    Am liebsten wäre sie sowieso einfach auf der Straße stehen geblieben und hätte sich mit aufgerissenen Augen umgesehen. Sie war inmitten von elisabethanisch gekleideten Menschen, die ihren Alltagsverrichtungen nachgingen und dabei King-James-Englisch sprachen.
    Wenn es nicht so gestunken hätte, wäre sie sich vorgekommen wie in einem Traum.
    »Es geht mir schon wieder besser«, sagte Jennifer und straffte sich. Sie betastete ihre aufgeplatzte Lippe. »Das wird sehr authentisch aussehen, findest du nicht? Wenn man mir ansieht, wie streitsüchtig ich bin, wird sich bestimmt keiner mehr mit uns anlegen wollen.«
    »Hoffentlich.«
    Eine Zeitlang gingen sie schweigend nebeneinander her, wobei sich Victoria um einen möglichst männlichen Gang bemühte. Jennifer blickte sich mit weit aufgerissenen Augen um.
    »Kannst du glauben, dass wir hier sind?«, flüsterte sie.
    »Ja«, antwortete Victoria nüchtern. »Und es gibt nicht mal ein Stück Schokolade. Es ist eine Katastrophe.«
    »Wo ist Connor?«
    »Er kommt nach.«
    Jennifer nickte, sagte aber nichts mehr. Nach einer Weile begann die Gegend ein wenig achtbarer auszusehen. Schließlich stießen sie auf eine einigermaßen passable Unterkunft.
    Victoria bezahlte für eine Woche im Voraus, von dem Geld, das Jamie ihr gegeben hatte. Sie hatte ihn gar nicht erst gefragt, wie er daran gekommen war.
    Es gab eine ganze Menge von Dingen, die sie ihn nicht gefragt hatte, fiel ihr jetzt auf. Unter anderem nicht, wie er aus dem elisabethanischen England zurückgekommen war. Wie viel Erfahrung hatte er mit diesen Zeittoren? Und wieso wirkte er genauso mittelalterlich wie Connor? Und weshalb war ihr Bruder mit dem Mann so eng befreundet - abgesehen von der Tatsache, dass er mit Iolanthe verwandt war?
    Ihr Großvater sollte er sein.
    Das war ein dehnbarer Begriff.
    Wenn sie zurückkam, mussten sie ihr alle Rede und Antwort stehen, das schwor sie sich. Aber jetzt war sie erst einmal froh, dass sie eine Bleibe für sich und ihre Schwester gefunden hatte. Hoffentlich war Connor bis zum Mittagessen bei ihnen.
    Sie ließ das Hausmädchen ein Feuer im Kamin

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