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Der Geist des Highlanders

Titel: Der Geist des Highlanders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Kurland
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Heiligen.« Er legte die Hand an sein Schwert und blickte Victoria an. »Nach dir, meine Lady.«
    Jennifer warf Victoria einen vielsagenden Blick zu. Am liebsten hätte sie ihrer Schwester eine Ohrfeige verpasst, aber sie hielt sich zurück. Wer weiß, vielleicht kam man dafür ja auch in den Tower.
    Meine Lady.
    Sie folgte Jennifer. Connors Worte klangen ihr in den Ohren.

20
    Michael Fellini saß an einem wackeligen Tisch im Schankraum eines Gasthauses und starrte auf die Spitze einer Schreibfeder. Er überlegte, ob er sie wohl noch einmal ins Tintenfass tauchen oder sich damit die Augen ausstechen sollte.
    Er hielt inne.
    Bestimmt hatte er Fieber.
    Er war sich beinahe sicher, gestern Victoria gesehen zu haben.
    Aber da Fieber ja bekanntlich Halluzinationen hervorrufen konnte, war es natürlich auch möglich, dass er sich das alles nur einbildete.
    Er zog den Ärmel seiner gestohlenen Tunika hoch und blickte auf den tiefen Schnitt in seinem Bizeps. Er war rot und geschwollen. Wahrscheinlich war er entzündet, und das war nicht gut.
    Er würde sich später behandeln lassen, wenn er sein Stück verkauft und etwas Geld beisammen hatte. Er betrachtete den kleinen Beutel mit Gold auf seinem Tisch, wog ihn in der Hand, dachte dann aber, dass es bestimmt nicht genug war. Er hatte an seinem ersten Tag im England der Renaissance einen Mann überfallen und ihm die Kleidung gestohlen, aber der Typ war nicht besonders wohlhabend gewesen, und deshalb hatte Michael sich mit einem billigen Zimmer und, was die Ausrüstung anbelangte, mit dem Nötigsten zufriedengeben müssen. Papier und Schreibzeug hatte er sich gegönnt, aber ein Arzt war noch nicht drin.
    Verdammt noch mal, wo war Bernie, wenn er ihn brauchte?
    Er blickte auf seine Feder und beschloss weiterzuschreiben, statt erneut jemanden zu überfallen. Wenn er sein neues Stück fertiggestellt hatte, würde man ihm vielleicht die Hauptrolle anbieten, und wenn ihm dann ein Auge fehlte, kam er nicht dafür in Frage. Und das Stück würde definitiv im elisabethanischen England Aufmerksamkeit erregen.
    Othello, der Mohr von Venedig.
    Stirnrunzelnd pausierte er erneut. Das Problem war, dass er sich nur an Othellos Part erinnern konnte.
    Er zuckte mit den Schultern. Den Rest würde er sich eben ausdenken. Schließlich hatte das bei Shakespeare ja auch geklappt.
    Um sich wach zu halten, kitzelte er sich mit der Feder an der Nase. Eigentlich hätte er am liebsten geschlafen. Sein Arm tat weh, er hatte Fieber, und er brauchte sicher eine Antibiotika-Behandlung. Es war kein Wunder, dass es ihm so schlecht ging, zumal er die letzten beiden Tage vor dem Globe in der schlechten Londoner Luft gestanden hatte.
    Aber die Auftritte vor dem Theater waren alles in allem gar nicht so übel gelaufen. Die Leute hatten ihm etwas zu essen gegeben, und es hatte sogar ganz gut geschmeckt. Bargeld konnten sie wahrscheinlich selbst nicht entbehren. Aber einige hatten ihre Mahlzeit großzügig mit ihm geteilt, da konnte er sich nicht beklagen. Es wäre ihm nur lieber gewesen, sie hätten sie vor ihn hingestellt, statt ihn damit zu bewerfen.
    Und es war auch schade, dass niemand ihm den Arzt bezahlen wollte. Er überlegte, ob er sich zurück durch das Zeittor begeben sollte, um sich etwas aus Mrs Pruitts Medizinschränkchen zu holen. Aber so genau wusste er ja auch nicht, wie es funktionierte, deshalb versuchte er es besser gar nicht erst.
    Außerdem würde »Othello« ein großer Erfolg werden und ihn reich und berühmt machen. Dann würde er den besten Arzt in ganz London engagieren.
    Einen Moment lang starrte er vor sich hin und dachte über dieses erstaunliche Zauberkunststück nach. Wer hätte gedacht, dass ein einziger unschuldiger Schritt durch unschuldig aussehendes Gras einen Mann um Jahrhunderte zurück genau an den Ort befördern konnte, an dem er berühmt werden konnte.
    Unglaublich.
    Er zwang sich, seinen verletzten Arm wieder in Bewegung zu halten, um endlich seinen genialen Text zu Papier zu bringen.
    Er konnte den Applaus schon hören.

21
    Connor stand im Schatten eines hübschen, erst kürzlich erbauten Tudor-Gebäudes und dachte über die vergangene Woche nach. Es war seltsam gewesen, Zeit in einem Jahrhundert zu verbringen, das nicht sein eigenes war. Natürlich hatte er auch diese Epoche erlebt, aber er war damals nicht nach London gekommen. Er hatte genug damit zu tun gehabt, Sterbliche auf Thorpewold zu erschrecken. Die Burg war im vierzehnten Jahrhundert erbaut worden, und deshalb

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