Der Geist des Highlanders
sagte Connor grimmig. Er stand auf und blickte Ambrose finster an. »Ihr und Eure Kuppelei. Ist es Euch nie in den Sinn gekommen, dass Ihr damit auch Schaden anrichten könntet?«
»Durchaus.«
Connor verschränkte die Arme vor der Brust. »Aber Ihr habt nicht vor, Euch zu entschuldigen, oder?«
Ambrose blickte ihn ungerührt an. »Geht es Euch jetzt bes-ser oder schlechter als zu Beginn des Sommers? Habt Ihr nicht neue Freunde gewonnen? Habt Ihr nicht einen Sinn in Euren Tagen gefunden, den es nicht gab, bevor Victoria kam?«
»Aber ich habe noch immer keinen Hauptmann«, brummelte Connor.
»Nun ja, es gibt ja auch niemanden, ob nun tot oder lebendig, der dieser Aufgabe gerecht werden könnte. Daran könnt Ihr Euren Erfolg oder Misserfolg also schlecht messen.«
Connor schürzte die Lippen. Er wollte sich nicht anmerken lassen, dass Ambrose eigentlich recht hatte. Er hatte sich mit Victorias Granny angefreundet. Er vertrug sich sogar einigermaßen mit Thomas McKinnon und mit dem Trio aus dem Boar’s Head - etwas, das er nie für möglich gehalten hätte. Er hatte lesen gelernt. Er hatte entdeckt, dass es noch eine Welt außerhalb seiner selbst und seiner Wut über sein zu kurzes Leben gab.
Und er hatte Victoria kennengelernt.
Dafür alleine schon stand er für immer in Ambroses Schuld.
Er grunzte. »Ich gehe auf mein Schloss. Ich muss noch einiges erledigen, bevor die Sonne aufgeht.«
Ambrose hob seinen Bierkrug. »Bis Sonnenuntergang.«
Connor verließ hastig die Küche, bevor er noch das Undenkbare tat und Ambrose für seine ungebetene Einmischung dankte.
In der Dämmerung ging er zu seinem Schloss. Ihm war auf einmal überraschend leicht ums Herz. Es hätte alles schlimmer sein können. Es war schon einmal schlimmer gewesen.
Der Himmel wurde gerade hell, als er in den Burghof trat. Niemand war da. Nun ja, niemand bis auf den Mann auf der Bühne, der voller Glut seinen Text rezitierte und dabei auf und ab ging.
Connor schluckte überrascht. Es war Roderick St. Claire, der sich in eleganter Kleidung als Schauspieler produzierte. Er schien recht begabt zu sein.
Roderick hielt inne, drehte sich um und verbeugte sich. »Mylord.«
»Was treibt Ihr da?«
»Ich spiele Laertes«, erwiderte Roderick. »Wie findet Ihr
es?«
»Überraschend gut«, sagte Connor aufrichtig. »Ich wäre nicht abgeneigt, mit Euch zusammen aufzutreten.«
Roderick geriet vor Überraschung ins Taumeln. Es dauerte eine Weile, bis er sein Gleichgewicht wiedergefunden hatte, und in dieser Zeit fragte sich Connor, ob er wohl all die Jahrhunderte über so ein unangenehmer Kerl gewesen war.
Vermutlich ja.
Roderick rückte seine Kleidung zurecht. »Leider verfüge ich über keinerlei Kontakte. Ich wäre ja schon zufrieden mit ein paar Ratschlägen von jemandem, der sein Handwerk versteht.«
Connor dachte nach. Das tat er in der letzten Zeit oft.
Er wollte Victoria den Hof machen, bei allen Heiligen. Roderick wollte Victoria kennenIernen. Roderick war, trotz all der Rüschen, ein Mann seiner Zeit und sehr versiert in den Verführungspraktiken des viktorianischen Englands. Das musste sich doch irgendwie auf die heutige Zeit übertragen lassen.
Vielleicht sollte er ja Ambroses Vorschläge tatsächlich in Betracht ziehen.
»Ich könnte Euch Victoria McKinnon vorstellen«, bot Connor ihm an.
Roderick lächelte erfreut. »Das würdet Ihr tun? Wirklich? Oh, das ist großartig von Euch, mein Lieber.«
»Ihr müsst mir allerdings dafür beibringen, wie man einer Frau den Hof macht.«
Roderick starrte ihn erstaunt an, klappte dann jedoch entschlossen den Mund zu. »Selbstverständlich. Ja, ja, natürlich. Gleich hier auf der Stelle, wenn Ihr wollt.« Er setzte sich auf den Bühnenrand. »Lasst uns zunächst einmal darüber sprechen, wie es um Euer bisheriges Verhalten Frauen gegenüber bestellt war.«
Connors erster Impuls war es, sein Schwert ziehen, aber dann besann er sich eines Besseren. Er setzte sich neben Roderick auf die Bühne und beschloss, dessen Fragen aufrichtig zu beantworten.
»Frauen?«, sann er. »Eigentlich habe ich kaum Erfahrung mit Frauen.«
»Aber Ihr wart doch verheiratet.«
»Ja, aber ihr brauchte ich nicht den Hof zu machen.«
»Wie hieß sie?«
»Morag McKinnon.«
Es dauerte einige Minuten, ehe Roderick sich von seinem Hustenanfall erholt hatte. »Eine McKinnon?«
»Ja, eine Ironie des Schicksals, nicht wahr?«
Roderick lachte. »Mein lieber Junge, das kann man wohl sagen. Nun gut, Ihr habt also eine
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