Der Geisterfahrer
Haushalthilfe gehörte, die sie vielleicht mit unserer Wäsche mitgewaschen hatte. Obwohl uns das nicht sehr wahrscheinlich vorkam, warteten wir den nächsten Freitag ab, doch die Haushalthilfe, eine Studentin, amüsierte sich bloß bei der Vorstellung und sagte, sie erinnere sich sehr gut, dass sie die Jacke aus der Maschine gezogen und aufgehängt habe, sie habe sie in Gedanken Barbara zugeschrieben.
Wir überlegten uns, ob vielleicht ein Besuch sie hier liegen gelassen habe, aber weder kam uns jemand in den Sinn, noch meldete sich jemand, der sie vergessen hatte, und so ließen wir sie vorderhand einfach hängen, in Erwartung einer doch noch auftauchenden Besitzerin oder der nächsten Kleidersammlung eines Hilfswerkes.
Etwa zwei Wochen später geschah etwas Merkwürdiges.
Lachend sagte unsere Haushalthilfe, als sie sich verabschiedete, jetzt hätte die Jacke doch noch Gesellschaft bekommen. Von wem denn, fragten wir. Na, sagte sie, wir wüssten bestimmt, was sie meine. Den Rock, den dunklen Rock aus demselben Stoff mit demselben lila Mäandermuster und den Goldborten am Saum, den sie heute nach der ersten Wäsche aus der Maschine gezogen habe. Die erste Wäsche hatte meine Frau eingefüllt, früh am Morgen, damit die Studentin diese gleich nach ihrem Eintreffen herausnehmen und aufhängen konnte. Wir gingen zusammen in den Trockenraum, und es war auf den ersten Blick klar, dass der Rock, der da zwischen zweien meiner Hemden hing, zur Jacke gehörte, von der niemand etwas wusste. Meine Frau war äußerst irritiert. Sie sei zwar, sagte sie, am Morgen noch nicht völlig wach, aber wach genug, um sagen zu können, dass dieser Rock auf gar keinen Fall bei den Kleidungsstücken gewesen sei, die sie eingefüllt habe.
Am Abend stellten wir die Töchter zur Rede, baten sie, falls sie irgendeinen Scherz mit uns treiben wollten, damit aufzuhören, aber beide verwahrten sich aufs Heftigste gegen diese Vermutung. Schweigend und ratlos standen wir im Keller vor dem aufgehängten Rock, da sagte Barbara, das sei ihr unheimlich, und sie betrete die Waschküche nie mehr, wenigstens nicht mehr allein.
Die Kopfbedeckung mit dem Mäandermuster, die eine Woche danach frisch gewaschen an der Leine hing, überraschte uns nun nicht mehr so sehr, aber erklärlicher machte sie das alles nicht. Im Gegenteil, nun wurde auch die Studentin von der Absonderlichkeit der Vorgänge beunruhigt
und bat um Begleitung beim Gang in die Waschküche, was wiederum der Idee der Entlastung zuwiderlief, um derentwillen wir sie angestellt hatten. Da am nächsten Freitagmorgen niemand von uns da war, blieb die Donnerstagswäsche nun an meiner Frau und mir hängen, und wir versuchten, so viel wie möglich davon zu trocknen und hochzubringen, damit die Studentin wenigstens genügend zu plätten hatte.
Das rätselhafte Kleid hatten wir hinter der Tür im Wäschezimmer aufgehängt, Rock und Jacke über einem Bügel, die Mütze am Haken darüber. Es schien uns, dass ein feiner Duft davon ausging, der nichts mit Waschmittel zu tun hatte, sondern an Kräuter erinnerte, Koriander, wilde Kamille oder dergleichen. Manchmal, wenn ich allein zu Hause war und etwa von meinem Arbeitszimmer zur Küche ging, um mir einen Tee zu machen, schlich ich mich im Vorbeigehen hinter die Tür des Wäschezimmers, vergrub meine Nase einen Augenblick in der Jacke und schloss die Augen dazu. Nachher fühlte ich mich auf eine seltsame Weise gestärkt.
Als meine Frau am Donnerstag morgen aus der Waschküche zurückkam, war sie bleich. »Ich habe soeben«, sagte sie mit ungewöhnlich leiser Stimme, »einen Umhang aus der Waschmaschine gezogen, mantelartig, schwarz, mit dem lila Muster.«
Alle gingen wir hinunter, meine Frau, Anna, Barbara und ich, und beim Anblick des aufgehängten Mantels fassten wir uns an den Händen. »Was soll das?«, fragte Anna schrill, »das ist doch nicht möglich!« Barbara riss sich los und rannte weinend die Treppe hinauf. Ihre
Schwester folgte ihr sogleich, während meine Frau und ich noch einen Moment vor dem fremden Kleidungsstück stehen blieben.
»Eins ist klar«, sagte ich, »diese Kleider gehören alle zusammen.«
»Und eins ist auch klar«, sagte meine Frau, »allein gehe ich nicht mehr in die Waschküche.«
Seufzend dachte ich daran, was das für mich bedeutete. Zwar bin ich freischaffend und somit öfters zu Hause, aber ich hatte keine Lust, den ganzen Wäschebetrieb zu übernehmen. Zugleich war ich der einzige Mann in diesem Haushalt und
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