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Der gekreuzigte Teufel

Der gekreuzigte Teufel

Titel: Der gekreuzigte Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ngugi wa Thiong'o
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und da ein Aufsichtsratshonorar ein — eine Art Trinkgeld für die Teilnahme an ihren Aufsichtsratssitzungen. Aus allen diesen Quellen konnte ich am Ende eines jeden Monats einige Cents mit nach Hause nehmen — eins kommt zum andern im Bauch von Kihaahu wa Gatheeca und so wird — trotz seiner Magerheit — ein Ganzes daraus.
    Deshalb schulde ich dem kenianischen Volk großen Dank. Denn wir, von der Sippe der Menschenfresser, verdanken es seiner Blindheit, seiner Unwissenheit und seiner Unfähigkeit, seine Rechte einzufordern, daß wir von seinem Schweiß leben können, ohne auf zu viele peinliche Fragen antworten zu müssen.
    Doch wir dürfen nicht selbstzufrieden denken, daß die Massen immer dumm und unwissend bleiben werden. Einige Ausländer haben dies erkannt, und mich, um den Zorn der Bauern- und Arbeitermassen von sich abzulenken, zum Direktor ihrer Gesellschaft ernannt. Ich übernehme eine solche Aufgabe gerne, sie ist äußerst lukrativ.
    Aus diesem Grund verpasse ich dieser Tage keine einzige Gelegenheit für eine Haraambe -Spende 12 Hier spende ich zehntausend, dort zehn- oder fünftausend und woanders möglicherweise zwanzigtausend Shilling. Es hängt davon ab, in welcher Stimmung ich gerade bin. Aber wenn ich die Leute wirklich beeindrucken will, dann besuche ich zuerst die verschiedenen ausländischen Firmen — Sie wissen ja alle, daß diese Firmen etwas Geld zur Seite gelegt haben, womit sie die Öffentlichkeit blind machen — und bitte sie um eine Spende in beliebiger Höhe; das können tausend Shilling sein, zehn Cents, fünf Cents, irgend etwas. Dann stelle ich mich vor die Leute hin und verkünde meine Großzügigkeit: ›Diese Hunderttausende, die ich sackweise hier angeschleppt habe, kommen von mir und meinen Freunden!‹ Meine Nyakinyua-Frauen stimmen dann sofort die fünf Trillergesänge, die für ein männliches Neugeborenes gesungen werden, an — mir zu Ehren! Was will ich damit sagen? Wenn einer heute mit Beifall gefeiert wird, so ist der Umfang des Beifalls einzig und allein auf den Umfang der Taschen des Gefeierten zurückzuführen. Geld kann Berge versetzen. Wer singt heute noch Loblieder auf Leute wie Kimathi?
    Die Massen sollen ruhig so bleiben, wie sie sind, und auf dicke Taschen von dicken Leuten Loblieder singen. Das gibt uns mehr Zeit, um das Fett vom Land abzuschöpfen, und außerdem wissen Sie ja, daß es heißt, was sicher im Bauch verwahrt ist, macht sich nie neugierigen Augen und Ohren laut bemerkbar. Ich persönlich glaube, daß Herrschen darin besteht, eine Möhre in der linken Hand und einen Stock in der rechten zu halten. Haraambe- Spenden sind unsere Möhre. Aber es sind da ein paar Leute, die die Frechheit besaßen, davon zu reden, wie man den Massen die Schuppen von den Augen nehmen könnte. Die Peitsche sollte man denen zeigen, die planen, die Massen aufzuwecken — Verhaftung und Gefängnis steht ihnen zu (wie dem, den Sie bereits kennen).
    Aber im allgemeinen schicke ich denen, die so dreist sind, mein Schlägerkommando — nachdem ich sie gut versorgt habe mit Drogen, Alkohol und Geld —, die werfen dann die Leichen den Hyänen in den Ngong Hills oder den Krokodilen im Athi River vor, dort können sie ihre Arbeit für die Massen im Bauch einer Hyäne oder eines Krokodils fortsetzen (z. B. der Kerl, den Sie alle kennen). Ich glaube nicht an diesen Demokratie-Unsinn. Morgens redet man von Demokratie. Abends redet man von Demokratie. Kann man Demokratie trinken oder essen? Wenn ich diese jungen Leute von der Universität zu fassen bekäme, und dazu noch ihre zwergenhaften Lehrer… Wangenijuta … ich würde sie in ein Flugzeug setzen und auffordern, ihren kommunistischen Unsinn nach China mitzunehmen … oder nach Rußland.
    Entschuldigen Sie, meine Herrn! Meine tiefe Verärgerung über diese Bande hat mich einen Augenblick von meinem Thema abgelenkt. Lassen Sie mich meinen Bericht wieder aufnehmen. Ja, ich war stehengeblieben … bei Raub und Diebstahl im Zusammenhang mit Wohnungsbau … Was mich anbelangt, so werde ich auf Raub und Diebstahl im Zusammenhang mit Wohnungsbau niemals verzichten. Nichts auf der Welt wirft so viel Gewinn ab wie der Hunger und Durst der Menschen nach einer Unterkunft.
    Ich wünsche deshalb, daß dieser Hunger und Durst nie nachläßt. Ich habe oft genug wachgelegen und versucht, mir Mittel und Wege auszudenken, wie man diesen Hunger und diesen Durst im ganzen Land noch verstärken könnte, denn in dem Maße, wie eine Hungersnot nach

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