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Der gekreuzigte Teufel

Der gekreuzigte Teufel

Titel: Der gekreuzigte Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ngugi wa Thiong'o
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ich Hunderttausende bezahlt habe — und wofür? Daß meine Kinder mit Europäern spielen, deren Haut aus Plastik und deren Knochen aus Steinen sind und die einen elektrischen Motor als Herz haben! So ist das also! Und wenn meine Kinder nach Hause kamen und erzählten, sie hätten mit ihren europäischen Freunden gespielt, dann waren das also die ganze Zeit Plastikeuropäer mit elektrischen Motoren?
    In meinem ganzen Leben ist mir solch bodenlose Gemeinheit noch nie begegnet. Stellen Sie sich einen erwachsenen Mann vor wie Kihaahu wa Gatheeca, der für nichts und wieder nichts anderer Leute Geld einsteckt! Deshalb also können meine Kinder nicht wie echte europäische Kinder Englisch durch die Nase sprechen? Und wie oft habe ich mich vor Leuten aus meiner Schicht geschämt, weil die Kinder immer in Gikuyu antworten, wenn man sie in Englisch anspricht!
    Und ihre Mutter, Nyina wa Mbooi, hat sogar noch zu mir gesagt: ›Ithe wa Mbooi, ich glaube nicht, daß diese Europäer echte Engländer sind. Sie spielen nur und rennen hin und her, immer dasselbe.‹ Und ich habe sie beruhigt: ›Nyina wa Mbooi … die Engländer sind eine Mischung aus vielerlei weißen Menschen — aus Iren, Amerikanern, Deutschen, Franzosen, Schotten — sie sind eine Rasse mit hohen Grundsätzen und gehören nicht zu denen, die immerzu, jeden Tag, etwas Neues anfangen … Sie lieben die Sportarten, bei denen man herumrennen muß … Sie haben Fußball und Rugby und Cricket erfunden, und bei all diesen Spielen muß man herumrennen … Nyina wa Mbooi, laß unsere Kinder ruhig diese Schulen weiter besuchen, damit sie die echten englischen Sitten lernen können … Ein Europäer ist ein Europäer, auch wenn er vielleicht verkrüppelt ist … Ausschlaggebend ist, daß seine Haut weiß ist!‹ Und nun stellt sich heraus, daß sie doch recht hatte! Es stimmt wirklich,daß ein Mann einer Frau erst Glauben schenkt, wenn es zu spät ist.
    Herr Vorsitzender, es ist völlig in Ordnung, die Armen zu bestehlen, auszurauben und zu betrügen. Wie sollten wir sonst reich werden? Kein ehrenwerter Mann würde jemals diese Ordnung in Frage stellen, denn so ist die Welt schon immer gewesen, und so wird sie auch in aller Ewigkeit sein. Aber dieser hier, der seine eigene Klasse bestiehlt, ausraubt und betrügt, was für ein Dieb und Räuber ist das eigentlich? Ist das nicht unverständliche, grenzenlose Habgier? Und er wagt es, uns unter die Augen zu treten, leere Worte zu machen und die Siegeskrone zu verlangen!… Wirklich und wahrhaftig, die Siegeskrone!… Er sollte lieber nach Hause gehen und sich von seiner Mutter eine Krone aufsetzen lassen.
    Kihaahu, keines meiner Kinder wird vom heutigen Tage an auch nur in die Nähe einer Ihrer Schulen kommen. Ich werde sofort mit Nyina wa Mbooi sprechen — sie ist sehr gebildet und hat sogar in Cambridge studiert — und ihr sagen, sie soll sich nach einer internationalen Schule umsehen. Kihaahu wa Gatheeca, haben Sie das gehört? Sie sind erledigt! Nie wieder werden Sie irgend etwas verschlingen, das Ithe wa Mbooi und Nyina wa Mbooi gehört. Wir werden unsere Kinder auf internationale Schulen für internationale Europäer tun, wo internationales Englisch gesprochen wird, Schulen, in denen es keine Krüppel als Schulleiter gibt, Schulen ohne Europäer, die aus Steinen gemacht sind und elektrische Herzen haben und deren Haut mit AMBI-Hautaufhellern weiß gemacht ist. Was wir wollen, ist eine internationale Hautfarbe!«
    Und ehe sich Ithe wa Mbooi wieder gesetzt hatte, war noch einer aufgestanden und hatte zu sprechen begonnen. Dieser Mann war so wütend, daß er sich beim Sprechen dauernd in die Finger und auf die Lippen biß. Unter seinem riesigen Bauch, der weit herabhing, waren seine Knie fast nicht mehr zu sehen.
    »Herr Vorsitzender, mein Name ist Fathog Marura wa Kimeengemeenge. Ich werde mich kurz fassen. Ich beantrage, daß Kihaahu wa Gatheeca von diesem Wettbewerb ausgeschlossen wird. Wie kann er es wagen, hierher zu kommen und damit anzugeben, daß er die Frauen anderer Leute fickt? Herr Vorsitzender, meine Frau ist mehr oder weniger von zuhause weggelaufen. Jetzt weiß ich, wohin sie geht. Jetzt kenne ich den Ehebrecher, der die Ehen anderer Leute zerstört. Du, du bist es, Kihaahu! Ich schwöre dir, hätte ich mein Gewehr mitgebracht — ja, ich schwöre bei der Frau, die mich geboren hat —, dann würdest du heute ohne den Schwanz schlafen gehen, der mit anderer Leute Frauen Haraambe spielt. Es ließe mich kalt,

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