Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der gekreuzigte Teufel

Der gekreuzigte Teufel

Titel: Der gekreuzigte Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ngugi wa Thiong'o
Vom Netzwerk:
ein paar Nachforschungen an, denn ich wollte wissen, was wirklich dahinter steckte. Dabei ergab sich bald, daß kein prominenter Kenianer, wenn er eine große Farm kauft, einen Kenianer als Verwalter einsetzt, sondern einen weißen Ausländer; desgleichen, wenn ein prominenter Kenianer ins große Geschäft einsteigt, dann beschäftigt er keinen Kenianer als Manager oder als Prokurist, er nimmt nur einen Weißen oder einen Inder. Wenn sich Kenianer miteinander unterhalten, bedienen sie sich nie ihrer einheimischen Sprachen, sie benutzen nur die ausländischen Sprachen. Wenn immer ein Kenianer … so zählte ich weiter auf, bis mir alles klar wurde. Ugeni juu, Ukenya chini 11 das ist die Profitbasis für die moderne kenianische Bourgeoisie.
    Ich wandte mich schleunigst wieder meinem Erziehungsprojekt zu, ehe die Bank sich meiner erinnern und mich belästigen würde. Als erstes gab ich dem Kindergarten einen anderen Namen. Ich nannte ihn Kindergarten NEUER TAG. Dann hielt ich nach einer weißen Frau Ausschau, die die Leitung übernehmen könnte. Zum Glück fand ich eine. Es war eine gebrechliche alte Dame; sie war fast blind, hörte nicht gut und döste den ganzen Tag vor sich hin. Sie erklärte sich damit einverstanden, im Kollegium meiner Schule mitzuarbeiten und dort ihr Schläfchen abzuhalten.
    Dann ging ich nach Nairobi und kaufte Kinder-Schaufensterpuppen — menschliche Körper aus Plastik; ich zog ihnen teure Kleider an und setzte ihnen rote Perücken auf, ich brachte elektrische Motoren in ihren Plastikbäuchen an und befestigtewinzige Räder an ihren Plastikfüßen. Wenn ich nun den Strom einschaltete, bewegten sich die Puppen wie richtige Kinder beim Spielen. Stand man draußen an der Straße, konnte man sie sogar durch die großen Glasfenster spielen sehen. Dann setzte ich wieder eine große Anzeige in die Zeitung:

    Kindergarten NEUER TAG
    unter europäischer Leitung.
    Früher Europäern vorbehalten.
    Jetzt einige wenige Plätze frei
    für Kenianer.
    Erziehungsziel wie zuvor —
    einheimische Sprachen, einheimische Lieder,
    einheimische Namen verboten.
    Dafür Fremdsprachen, Lieder und
    Spielzeug aus fremden Ländern etc.
    Unterrichtssprache Englisch.
    Begrenzte Aufnahmemöglichkeiten.
    Rufen Sie an oder kommen Sie
    im Wagen bei uns vorbei.
    Hautfarbe nicht ausschlaggebend —
    Geld ausschlaggebend.
    Hohe Gebühren.
    Und wie viele Eltern riefen an, um Plätze für ihre Kinder zu bekommen! Wenn das Telefon klingelte, rannte ich los und weckte die Weiße, damit sie den Anruf entgegennahm. Aber die meisten Eltern kamen im Wagen vorbei, um sich zu vergewissern, daß noch ein Platz frei war. Wenn sie dann die weiße Frau und durchs Fenster die Puppen spielen sahen, bezahlten die Eltern ihre Gebühren an Ort und Stelle und bemühten sich auch nicht weiter, Näheres über den Kindergarten zu erfahren.
    Ich oder vielmehr die Leiterin nahm auf meine Anweisung nur hundert Kinder auf. Jedes Kind bezahlte zweitausendfünfhundert Shilling im Monat.
    Ich war hocherfreut. Es bedeutet nämlich, daß ich jeden Monat zweihundertfünfzigtausend Shilling einsteckte. Nach Abzug der Miete und der Gehälter für die schläfrige Leiterin und ihre Mitarbeiter blieben mir noch immer jeden Monat mehr als zweihunderttausend Shilling. Und wohlgemerkt, während der ganzen Zeit hatte ich weder einen einzigen Tropfen Schweiß vergossen,noch hatte ich Kreidestaub geschluckt. Die Frucht von jenem Baum schmeckte weder schlecht noch bitter, keineswegs.
    Ich pflückte noch eine Frucht und dann noch eine. Ich eröffnete vier weitere Kindergärten in Nairobi. Den Trick mit den alten oder sogar behinderten weißen Frauen als Leiterinnen behielt ich bei, ebenso den mit den weißen Schaufensterpuppen an Stelle von echten weißen Kindern. Sogar hier in Ilmorog und in Ruuwa-ini habe ich einige Kindergärten dieser Art eröffnet.
    Jener Baum trug in der Tat viele Früchte, und sie waren sehr, sehr reif. Und süß waren sie auch, aber das ist eine andere Geschichte. Nun haben uns die Europäer ja gelehrt, daß es nicht gut sei, alle Eier in einem Korb aufzubewahren. Deshalb meinte ich, es wäre nicht schlecht, die anderen Früchte von anderen Bäumen zu kosten. Auch Firmen und Gesellschaften mit dem Ziel, Land aufzukaufen, ähnlich denen, die Gitutu wa Gataanguru erwähnte, und noch verschiedene andere Möglichkeiten für Raub und Diebstahl durch Landspekulation haben mir zwei oder drei Früchte abgeworfen, die ich gerne gegessen habe.
    Aber der Baum,

Weitere Kostenlose Bücher