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Der gelbe Handschuh

Der gelbe Handschuh

Titel: Der gelbe Handschuh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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Bürstenhaarschnitt seine Tante im Rollstuhl vorbeischob, rief Mrs. Fuller: „Was halten Sie davon, wenn wir nach dem Essen gemeinsam dem Meer gute Nacht sagen, bevor wir uns aufs Ohr hauen?“
    Herr Stahlhut nickte freundlich vom Kapitänstisch herüber, und Mister Hobbs bemerkte: „Das war ein hübscher Tag, finden Sie nicht auch?“ Sogar Juwelier Schmidt mit dt aus Düsseldorf hatte sich von seinem Schrecken erholt und sagte gut gelaunt: „Am Ende sind wir noch mit einem blauen Auge davongekommen“, als er mit seiner Frau nebenan Platz nahm.
    Mister Palmer kam zusammen mit dem Museumsdirektor Prunelle durch die Glastür, und die Schlangentänzerin Lisa Liranda ließ sich heute von Mister Wilkin-son am Arm führen.
    „Man fühlt sich schon richtig zu Hause“, meinte Frau Finkbeiner. Sie tupfte sich mit der Serviette den Mund ab und blickte von einem zum anderen.
    „Und morgen ist Trinidad an der Reihe“, bemerkte Ulli.
    „Von Kolumbus 1498 entdeckt“, sprudelte Apotheker Finkbeiner heraus wie ein Musterschüler. „Heute eine knappe Million Einwohner, meist Afrikaner, Inder, Europäer und Chinesen.“
    „Der Hafen von Trinidad heißt Port of Spain, aber das wissen Sie natürlich“, bemerkte Tischsteward Rehbein, als er die leeren Suppenteller einsammelte. „Und wir wollen schon morgens um sieben Uhr da sein.“
    „Da müssen wir ja ziemlich früh aus der Falle“, sagte Herr Wagner.
    Aber dieses Mal kam alles ganz anders.
    Ein Gespräch in der Nacht
    Vorerst kamen die Passagiere allerdings aus dem Speisesaal wie an jedem Abend.
    Ein Teil wanderte zu dem Bordfotografen, Herrn Weber hinüber, der neben den Schaukästen mit seinen neuesten Fotos stand und Bestellungen entgegennahm.
    Die anderen verteilten sich auf die Kabinen, die Bars und das Kino.
    Die MS Europa hatte längst wieder normale Fahrt und das offene Meer erreicht. Das Wasser schäumte um den Kiel und wurde aufgehellt vom Mond und den vielen Lichtern an Bord.
    Mister Palmer schlenderte über das leere Sonnendeck wie ein Passagier, der im Speisesaal ein wenig zuviel gegessen hatte. Er rauchte seine Pfeife und blieb gelegentlich stehen. Das sah dann so aus, als würde er genußvoll in den sternklaren Himmel blicken oder hinaus aufs Meer. In Wirklichkeit wollte er sich nur vergewissern, daß er auch bestimmt nicht beobachtet wurde.
    Beim Rettungsboot mit der Nummer X paffte Mister Palmer drei kleine Rauchwolken in die Luft, beobachtete sie nachdenklich — und dann war er plötzlich von der Nacht verschluckt.
    Auf der anderen Seite des Bootes und dicht an der
    Reling tauchte er in seiner ganzen Länge wieder auf.
    Er blickte sich vorsichtig um, aber er konnte niemanden entdecken.
    Er spitzte die Ohren, aber er konnte nur hören, wie die Wellen gegen den Schiffskörper schlugen. Nichts sonst. Kein leises Atmen, nicht der geringste Laut von Schritten, kein Rascheln von Kleidung. Trotzdem spürte es Mister Palmer bis in die Fingerspitzen und bis in die Haarwurzeln , daß er nicht allein war. Dafür hätte er ohne Zögern ein Monatsgehalt gewettet.
    Jetzt wehte vom Verandadeck ein wenig Musik herauf. In der Columbus-Bar begann bereits das Abendprogramm.
    „Der Yard bildet seine Beamten also immer noch genauso gut aus wie eh und je“, sagte jetzt Mister Palmer leise. Er blickte dabei auf das dunkle Meer hinaus und paffte eine Rauchwolke aus seiner Pfeife in die Luft. „Meine Anerkennung, Inspektor Brown, ich sehe Sie im Augenblick noch nicht, aber ich bin sicher, daß Sie ganz in meiner Nähe sind und mich hören können.“
    „Guten Abend, Mister Palmer“, antwortete jetzt eine Stimme, die sich anhörte, als würde sie aus einer Tonne antworten oder aus einem Entlüftungsschacht.
    Und im gleichen Augenblick, in dem sich Mister Palmer umdrehte, wurde oben am Rand des Rettungsbootes mit der Nummer X ein Stück der Persenning zurückgeschlagen, und in der Öffnung unter der Plane erschien ein schwarzhaariger Kopf mit einer besonders großen Sonnenbrille.
    „Mein Name ist Brown“, sagte der Kopf. „Ich freue mich, Ihre Bekanntschaft zu machen.“
    „Die Freude liegt auch auf meiner Seite“, erwiderte Mister Palmer. „Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?“
    Aber der schlanke junge Mann mit der Sonnenbrille zwängte sich bereits durch die Öffnung zwischen Bootsrand und Persenning.
    Anschließend sprang er leise wie eine Raubkatze aufs Deck.
    „Immerhin drei bis vier Meter“, sagte Mister Palmer anerkennend.
    „Ich melde mich zur

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