Der gelbe Handschuh
Fall, der jetzt eingetreten ist, haben wir schon von Anfang an alles für St. Thomas vorbereitet. Sie wissen es doch, lieber Freund.“ Der Ältere blickte dabei über die leeren Tische und Stühle hinweg.
Auf der Treppe neben dem Eingang saß immer noch der junge Neger mit dem Bleistift im Haar. Er zerknackte seine Mandeln und spuckte die Schalen in hohem Bogen durch die Luft. Auf dem Platz, der wie ein weißes Viereck in der prallen Sonne lag, standen die zwei Taxis mit weit aufgerissenen Türen unter vier oder fünf mageren Palmen. Die Fahrer hockten daneben und spielten Karten.
In dem linken Wagen, einem alten amerikanischen Schlitten, schien jemand zu sitzen und zu warten. Aber vom Lokal herüber konnte man nicht entdecken, ob es sich um eine Frau handelte oder um einen Mann.
„Wer wohl dahintergekommen ist?“ überlegte der Dicke unter dem dunkelblauen Sonnendeck. „Dieser Museumsdirektor oder einer von der Versicherung?“
„Sie müssen es erst bemerkt haben, als sie mit dem Bild wieder aus dem Saal waren“, sagte der Ältere. „Sonst wäre uns doch irgend etwas aufgefallen. Ein Jammer, daß wir ihre Gesichter nicht sehen konnten.“
„Ob sie einen Verdacht haben?“ fragte der Dicke. „Ich meine, gibt es vielleicht Fingerabdrücke oder so etwas Ähnliches?“
„Es ist nicht anzunehmen, daß die Herren ein kriminaltechnisches Labor in der Hosentasche mit sich herumtragen.“ Der Ältere schmunzelte. „Auf so einem Schiff sind die diesbezüglichen Verhältnisse geradezu ideal.“
„Sein Fernsehauftritt sollte wohl so etwas wie ein Appell an alle Passagiere sein.“
„Und war in Wirklichkeit eine Riesendummheit“, bemerkte der andere. „Sonst hätten wir überhaupt nicht erfahren, daß sie die Verwechslung entdeckt haben, und wären ihnen vielleicht in die Falle gegangen.“
„Vielleicht glaubt er, daß es ihn weiterbringt, wenn fünfhundert Passagiere Detektiv spielen“, gab der Dicke zu bedenken. „Jedenfalls ist dieser Mister Palmer nicht von schlechten Eltern. Sie sollten ihn nicht unterschätzen.“ Er drückte seine Zigarette mit dem Daumen im Aschenbecher aus.
„Deshalb sind wir ja hier“, sagte der Ältere. „Also, lassen Sie uns Nägel mit Köpfen machen!“
Man soll eine Dogge nicht auf die leichte Schulter nehmen
Am Nelson-Denkmal auf dem Trafalgar Square standen sich Herr Wagner und das Apothekerehepaar bereits die Füße in den Bauch.
Herr Finkbeiner guckte gerade wieder einmal auf seine Armbanduhr, als die vier Jungen endlich über die Straße gelaufen kamen. Sie hatten übrigens beschlossen, das Abenteuer im Hafen totzuschweigen. Einerseits weil sie sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert hatten, andererseits wollten sie die Erwachsenen nicht noch nachträglich beunruhigen.
Aber da rief Frau Finkbeiner schon: „Ihr laßt ja die Köpfe hängen, als hätte es euch die Erdbeeren verhagelt!“ Und zu Ulli Wagner sagte sie noch: „So wie du aussiehst, gefällst du mir aber gar nicht, mein Sohn.“
Lind jetzt erst bemerkten es auch die Jungen: Ullis Hemd war so schmutzig, als käme er gerade aus dem Kohlenkeller, und in sein linkes Hosenbein war ein Dreieck gerissen. So zwischen Knöchel und Schienbein.
„Seid ihr etwa unter die Räuber gefallen?“ fragte Herr Wagner neugierig. Der Page aus dem Hotel Kempinski in Berlin blickte seine Freunde an und fragte beklommen: „Na, dann müssen wir wohl?“
„Es sieht so aus“, meinte Peter Finkbeiner kleinlaut.
Anschließend erzählten die vier Jungen durcheinander, was passiert war. Der Chinese Chang Lie wurde dabei zu einer Mischung aus Tarzan und James Bond.
„Das war’s“, bemerkte Axel Kannengießer zum Schluß.
„Ich könnte noch hinterher einen Herzklaps kriegen“, seufzte Frau Finkbeiner. „Und so eine schwarzweiß gefleckte Dogge darf man nicht auf die leichte Schulter nehmen.“ Sie bestand darauf, daß Ulli sein rechtes Hosenbein bis zum Knie hochkrempelte. „Na, es scheinen ja nur ein paar blaue Flecken zu sein“, bemerkte Herr Wagner.
„Aber immerhin“, erwiderte Frau Finkbeiner.
„Ja, das Leben ist voller Gefahren“, meinte ihr Mann, der Apotheker, abschließend. Aber da saßen sie alle bereits in einem alten und klapprigen Bus, der kein Glas vor den Fenstern hatte. Frauen und Männer mit allen nur denkbaren Hautfarben hockten um sie herum, Hühner gackerten in Holzkäfigen, und der glatzköpfige Neger hinter dem Steuerrad sang so laut er konnte „Old man River“.
Es ging durch endlose
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