Der gelbe Handschuh
Bürstenhaarschnitt und dem flachsblonden Axel schon eine geraume Zeit wie erstarrt und so, als seien ihm die Füße am Boden festgenagelt.
Als sie jetzt das offene Maul der schwarzweiß gefleckten Dogge ganz dicht über dem Gesicht ihres Freundes sahen, wachten sie endlich auf.
„Los!“ flüsterte Ronny.
„Ja, hauen wir sie in die Pfanne!“ zischte Peter Finkbeiner.
Die drei wollten gerade losstürzen, da passierte etwas Neues: Wie aus dem Boden gezaubert stand plötzlich der Chinese Chang Lie mitten in der Versammlung. Er gab zuerst der schwarzweiß gefleckten Dogge einen herzhaften Klaps zwischen die Ohren. Anschließend riß er zuerst den einen Mulatten von Ulli Wagner weg und dann den anderen. Die Dogge knurrte erfreut, sprang dem Boß der Wäscherei vor die Brust und legte ihm ihre Vorderpfoten auf die Schultern. Die beiden Burschen benahmen sich nicht ganz so freundlich. Beinahe gleichzeitig wollten sie über den Chinesen herfallen. Gerade noch rechtzeitig konnte sich Chang Lie umdrehen und unter dem ersten Schlag wegtauchen.
Der eine Mulatte wurde dabei vom eigenen Schwung nach vorn gerissen.
Jetzt rammte ihm der schlanke Chinese seine Schulter in den Magen, so daß sich der andere krümmte, die Hände vor den Leib riß und sich schließlich langsam auf eine Kiste setzte wie auf einen Stuhl beim Zahnarzt.
Chang Lie federte herum, weil er jetzt den Angriff des zweiten Mulatten erwarten mußte. Aber da sah er zuerst nur seinen jüngeren Bruder Huang Ku. Der war ein wenig außer Atem, aber er lächelte, als er sich jetzt das Haar aus der Stirn strich. Hinter ihm rutschte der andere Mulatte gerade noch ein letztes Stück an der Fischtonne herunter und blieb dann vorerst regungslos auf dem Boden liegen.
Auch Ulli Wagner blieb vorerst regungslos auf dem Boden liegen. Seitdem die Dogge nicht mehr über ihm war und seitdem die beiden Burschen mit den verschwitzten nackten Oberkörpern ihn wieder aus ihrem Griff gelassen hatten, hatte er noch nicht gewagt, sich zu rühren.
Seine drei Freunde staunten schon eine ganze Weile sprachlos Löcher in die Luft.
Nur der Page aus dem Speiseraum stammelte so zwischendurch immer wieder: „Das ist ja nicht zu fassen.“
Mittlerweile standen sich Chang Lie und der fette Neger gegenüber wie zwei Catcher vor der letzten Runde. Sie fuchtelten mit den Armen, blitzten mit den Augen und brüllten sich an.
Plötzlich sprang der Obermax mit seinen pechschwarzen Haaren zu Ulli Wagner hinüber und riß ihn vom Boden.
„Er hätte sein Gesicht verloren, behauptet er“, keuchte Chang Lie. „Wer ihn fotografiert, würde ihm sein Gesicht stehlen. Er will deine Kamera haben und sie hier vor der ganzen Versammlung kaputtmachen.“
„Könnte er nicht damit zufrieden sein, wenn der den belichteten Film kriegt?“ fragte Ulli kleinlaut.
„Mal sehen“, meinte Chang Lie und hielt jetzt Ullis Fotoapparat in die Luft. Die Versammlung applaudierte, die Musik spielte plötzlich wieder, und einige fingen an zu tanzen.
Eine Weile brüllte der fette Neger mit dem weißen Sombrero noch, aber der Boß aus der Schiffswäscherei brüllte jedesmal genauso laut zurück. Bis der Dicke wieder ganz oben auf der Treppe neben seinem zinnoberroten Thron stand und allen einen aufgerollten Film zeigte. Er schwenkte ihn wie eine Fahne durch die Luft. Die ganze Versammlung klatschte wieder in die Hände und hüpfte dabei durcheinander, als hätten sie das große Los gezogen.
Da fiel es gar nicht auf, daß sich die beiden Chinesen aus der Wäscherei mit dem kleinen Ulli Wagner so schnell als möglich auf die Socken gemacht und verdrückt hatten.
Auch die drei Freunde verließen ihre Beobachtungsposten.
An der Ecke zu einer schmalen Hafengasse und neben einem Gebirge von alten Bananenkisten trafen sie sich.
„Menschenskind, Obermax, wir sind ja richtig stolz auf dich“, japste der flachsblonde Page aus dem Speisesaal. „Eigentlich müßten wir dich und deinen Bruder auf den Schultern zum Schiff tragen.“
„Wollen wir?“ fragten Ronny und Peter. Sie wollten sich schon die Ärmel hochkrempeln.
Aber da sagte Ulli Wagner ziemlich leise: „Ich möchte mich bei Ihnen bedanken.“ Er nickte mit dem Kopf zuerst zu Chang Lie und dann zu Huang Ku. Hinterher fügte er besorgt hinzu: „Das hätte ganz schön in die Hosen gehen können.“
„Aber wieso hat die Dogge sofort pariert?“ wollte jetzt Peter Finkbeiner wissen.
„Weil ich sie von klein auf kenne.“ Der Boß aus der Wäscherei
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