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Der gelbe Handschuh

Der gelbe Handschuh

Titel: Der gelbe Handschuh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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der Nähe des Eingangs.“
    „Und als plötzlich das Licht ausging?“ warf Mister Palmer schnell dazwischen.
    „Auch als das Licht ausging“, wiederholte der Chinese, und dann blickte er plötzlich auf: „Wird es nicht langweilig, immer wieder dasselbe zu fragen?“
    Mister Palmer paffte eine Rauchwolke in die Luft, als ob er nichts gehört hätte, und Inspektor Brown betrachtete weiter seine Fingernägel.
    „Wo waren Sie heute mit Ihrem Motorrad?“ lautete die nächste Frage.
    „Ich war meilenweit vom Schiff weg.“ Chang Lie lächelte. „Da muß ich Sie enttäuschen.“
    „Also, enttäuschen Sie mich“, sagte Mister Palmer. „Wo waren Sie genau?“

Rollstühle sind kein Mittel gegen Dummheit

    Nach einer Stunde war Mister Palmer wieder haargenau da, wo er angefangen hatte. Er drehte sich mit seinen Fragen tatsächlich im Kreis wie ein Karussell.
    „Von diesen Handschuhen sind achtundvierzig Paare an die Besatzung ausgegeben worden, das macht genau sechsundneunzig Stück.“ Mister Palmer klopfte seine Pfeife aus und ließ sich in einen Sessel fallen. „Wieso liegt ausgerechnet Ihr Handschuh neben dem Bild, als das
    Licht wieder angeht? Dafür muß es doch eine Erklärung geben. Oder?“
    In der Zwischenzeit waren auch der Erste Offizier und der Museumsdirektor aus Paris in der Kabine aufgetaucht.
    Inspektor Brown lehnte mit seiner dunklen Sonnenbrille nach wie vor in einer Sofaecke, und der Chinese Chang Lie saß immer noch auf dem Stuhl vor dem Schreibtisch.
    „Ich kann Ihnen nicht helfen, es tut mir leid“, erwiderte der Obermax aus der Wäscherei. „Sie verschwenden nur Ihre Zeit. Ich habe mit der ganzen Geschichte nichts zu tun.“
    „Und davon bin ich sogar überzeugt“, mischte sich jetzt Herr Rössler ein. „Ich fürchte, Sie sind da auf dem falschen Dampfer.“
    „Das in jedem Fall“, Mister Palmer lachte grimmig, „ich kann mir eine gemütlichere Schiffsreise vor stellen.“
    „So hab’ ich das nicht gemeint“, widersprach der Erste Offizier. „Aber Sie können es sich eigentlich gar nicht leisten, einer falschen Spur nachzulaufen. Morgen nach dem Mittagessen landen wir in St. Thomas, und übermorgen sind wir schon in Puerto Rico.“
    „Ja, die Zeit flitzt uns nur so durch die Finger“, sagte Monsieur Prunelle und starrte dabei auf den gelben Handschuh, der im Licht der Schreibtischlampe lag. „In meinem Kopf tickt es wie bei einer Taxiuhr. Spätestens in Puerto Rico wird sie explodieren.“
    „Kann ich jetzt endlich wieder unter Deck?“ fragte der Chinese leise.
    „Wenn wir an Land wären, hätte ich Sie schon längst eingesperrt“, äußerte sich Mister Palmer.
    „Wir sind nicht an Land“, entgegnete Chang Lie freundlich.
    „Versprechen Sie uns, daß Sie während der nächsten zwei Tage mit Ihren Freunden freiwillig in der Wäscherei bleiben“, sagte der Offizier. „Dann muß sich so oder so alles geklärt haben, und bis dahin wäre es die einfachste Lösung.“
    „Eine Art Untersuchungshaft?“ fragte Chang Lie und lächelte. Er überlegte eine Weile, dann nickte er und stand auf. „Gut, Sie haben mein Wort.“
    „Es ist Ihr Handschuh, den wir am Tatort gefunden haben“, knurrte Mister Palmer. „Vergessen Sie das nicht.“
    Mittlerweile hatte sich der größte Teil der Passagiere in der Europa-Halle versammelt, und die elektrischen Kerzen am Weihnachtsbaum brannten noch einmal. Mrs. Fuller hatte wieder ihre Perlenkette um den Hals, von der Juwelier Schmidt mit dt behauptet hatte, daß sie ein Vermögen wert sei, und Ronny hatte wieder einmal seinen Samtanzug an, in dem er wie ein Prinz mit Bürstenhaarschnitt aussah.
    Mister Hobbs spielte auf seinem Cello zum Abschied Tschaikowsky, und Fräulein Lisa Liranda servierte als Schlußüberraschung eine waschechte Klapperschlange mit knallroten Tupfen auf dem Rücken. Der dunkelhäutige Inder trug vom Turban bis zu den Schuhen nur Gold und sah heute tatsächlich aus wie ein steinreicher junger Maharadscha.
    „Wie aus dem Märchenbuch“, seufzte Frau Finkbeiner gerührt.
    Zwischendurch schmetterte der Posaunist aus der Bordkapelle ein paar Töne durch den Saal, die sich wie eine Fanfare anhörten. Anschließend stand er auf und verbeugte sich vor dem Publikum: „Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte nur daran erinnern, daß morgen abend auf dem Sonnendeck unser Piratenball stattfindet. Wer Kostüme benötigt, soll sich bitte an die Kabinenstewards wenden.“ Der Posaunist hatte rote Haare und ein

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