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Der gelbe Handschuh

Der gelbe Handschuh

Titel: Der gelbe Handschuh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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jetzt Puerto Rico unter den Tisch fallen.“ Er machte ein paar Schritte durch die Kabine.
    „Und weshalb, wenn ich fragen darf?“ fragte der Erste Offizier dazwischen.
    „Weil die Herrschaften gesehen haben, wie das Gemälde in New York unter Bewachung an Bord gebracht worden ist“, antwortete Mister Palmer. „Sie können es sich an ihren zehn Fingern abzählen, daß auch in Puerto Rico wieder Polizei auffährt und die Mona Lisa in ihren Schutz nimmt. Nachdem der Diebstahl bekannt ist, müssen sie sogar damit rechnen, daß wir zusätzliche Kräfte anfordern, damit jedes einzelne Gepäckstück und jeder Passagier unter die Lupe genommen werden können. Nein, Puerto Rico riskieren sie nicht mehr. Das ist für mich so sicher wie die Steuer.“
    „Und da wir vorher nur noch St. Thomas anlaufen“, meinte jetzt der Erste Offizier, „müßte es eigentlich morgen nach dem Mittagessen passieren?“
    „Davon bin ich fest überzeugt“, erwiderte Mister Palmer. Er blieb, so lang er war, mitten in der Kabine stehen und blickte sich um. „Im Hafen von St. Thomas werden sie morgen versuchen, die echte Mona Lisa von Bord zu bringen. Es bleibt ihnen gar nichts anderes übrig. Habe ich mich klar genug ausgedrückt, meine Herren?“
    „Und wie wollen Sie das verhindern?“ fragte Monsieur Prunelle.
    „Wir werden die Augen offen halten“, versicherte Mister Palmer.
    „Das ist nicht besonders viel“, entgegnete der Museumsdirektor vorwurfsvoll. Aber gleich darauf beeilte er sich zu sagen: „Natürlich können Sie gar nichts anderes machen, solange Sie von den Dieben keine blasse Ahnung haben.“
    „Das ist es ja! Wir haben wirklich kein blasse Ahnung!“ raunzte Mister Palmer ärgerlich. „Dabei bleiben uns bis St. Thomas im besten Fall noch fünfzehn bis sechzehn Stunden.“ Er blickte einer kleinen weißen Rauchwolke nach. „Wenn wenigstens die Zeit nicht so verdammt knapp wäre.“
    „Wer ist denn bisher überhaupt verdächtig?“ fragte der Erste Offizier neugierig. „Von dem Chinesen einmal abgesehen, meine ich.“
    „Dieser Chinese könnte immerhin irgendeinen geheimnisvollen Auftraggeber haben“, bemerkte Inspektor Brown. „Er läßt Chang Lie den Kopf riskieren, während er selbst in einem Liegestuhl liegt oder an der Bar herumsitzt.“
    „Weil Sie die Bar erwähnen“, warf Herr Rössler ein, „interessiert mich, ob Sie diesen Herrn Latenser ganz von Ihrer Liste gestrichen haben.“
    „Keinesfalls“, erwiderte Mister Palmer. „Allerdings säuft er wie ein Nilpferd, und Betrunkene sind nicht ganz vollzunehmen. Schließlich haben wir seine Kabine durchsucht und nichts Verdächtiges entdeckt.“
    „Aber die Beule an seinem Kopf 4 , gab der Erste Offizier zu bedenken. „Immerhin war er in allernächster Nähe des Bildes, als das Licht ausging.“
    „Gestrichen ist er natürlich nicht“, betonte Mister Palmer. „Wir werden ihn genau beobachten.“ Er dampfte jetzt wie ein Fabrikschornstein und fragte: „Wer sonst noch?“
    „Ja, wer sonst noch?“ fragte jetzt auch Monsieur Prunelle und schüttelte den Kopf. „Ich habe schon an Mrs. Fuller gedacht.“ Dabei blickte er ein wenig verlegen auf die Spitzen seiner blitzblanken Lackschuhe. „Aber das ist wohl sehr abwegig. Eine Frau im Rollstuhl
    „Rollstühle sind kein Mittel gegen Dummheit“, erklärte Mister Palmer und hüllte sich immer mehr in Pfeifenrauch. Obgleich das Bullauge offenstand, hätte man die Luft in der Kabine schon wieder in Scheiben schneiden können. „Jedenfalls hat sich die Dame verdächtig gemacht.“
    „Wieso, um Himmels willen?“ fragte der Erste Offizier perplex. „Eine Frau mit fünf Nähmaschinenfabriken.“
    „Erinnern Sie sich an ihre Ansprache im Speisesaal?“ Mister Palmer ließ sich in seinen Sessel zurückfallen und legte seine Füße wieder auf die Schreibtischkante. „Immerhin hat sie die ganze Sache auf Touren gebracht. Sie hat die Passagiere angeheizt, bis sie verlangt haben, daß wir das Bild zum Ausstellen bei der Weihnachtsfeier freigeben. Und allein dadurch ist die ganze bodenlose Frechheit überhaupt erst möglich geworden!“
    „Vielleicht eine Zentralfigur“, sagte Inspektor Brown nachdenklich.
    „Da lachen ja die Hühner“, bemerkte Herr Rössler ziemlich respektlos. „Mrs. Fuller ist so ziemlich unser bester Gast an Bord.“
    „Was mich nicht hindern wird, ihr auf den Zahn zu fühlen“, verkündete Mister Palmer entschlossen.
    „Allmählich werden Sie mir unheimlich“, entgegnete der

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