Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der gelbe Handschuh

Der gelbe Handschuh

Titel: Der gelbe Handschuh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
Vom Netzwerk:
Passagiere, die aufgestanden waren.
    „Die nächste Aufnahme, wenn ich bitten darf 4 , sagte Herr Latenser ein wenig ungeduldig.
    Der Bordfotograf transportierte den Film weiter.
    Die Detektive und Herr Latenser beugten sich noch dichter über den Tisch unter dem Projektionsapparat. Der Apotheker aus Berlin stieß dabei fast mit Herrn Wagner zusammen.
    „Entschuldigung“, murmelten beide.
    Aber sonst blickten alle sprachlos vor sich hin.
    Erst nach einer Weile fragte Herr Latenser den Bordfotografen: „Haben Sie zufällig eine Lupe, Herr Weber, oder ein Vergrößerungsglas?“
    Zur selben Zeit tauchte am Horizont ein weißes Motorboot auf. Sein Kiel stand steil über der Bugwelle, und es hielt ziemlich genau Kurs auf die MS Europa.

Das weiße Motorboot

    Als sie aus der Dunkelkammer und den schmalen Korridoren wieder an Deck kamen, mußten sie für einen Augenblick die Augen zukneifen. Die Sonne brannte jetzt schon senkrecht vom Himmel, und die Luft flirrte nur so vor Hitze.
    „Ich muß Ihnen ein Kompliment machen“, sagte Herr Latenser und blickte jetzt durch seine dicken Brillengläser zuerst zu den Herren Finkbeiner und Wagner, dann zu deren Söhnen und dem Jungen mit dem Bürstenhaarschnitt. „Sie gehören offenbar zu den wenigen Leuten, die mit dem Großhirn und dem Kleinhirn gleichzeitig denken. So etwas ist so selten wie ein Zebra ohne Streifen.“
    „Besten Dank für die Blumen.“ Ulli Wagner feixte. Dann spitzte er plötzlich die Ohren und drehte den Kopf auf die Seite: „Was ist denn das?“
    Jetzt erst nahmen auch die anderen das Geräusch wahr, das vom Wasser her kam. Und als sie zwischen zwei Rettungsbooten an die Reling traten, entdeckten sie das weiße Motorboot, das inzwischen bis auf etwa zweihundert Meter herangekommen war. Es legte sich gerade in eine Kurve, und dabei konnte man jetzt zwei Männer erkennen. Der eine stand dick und breitbeinig hinter dem Steuer. Er hatte einen Wald von dunklen Haaren auf der Brust und einen blauen Strohhut über der Stirn.
    Der andere war ein Neger und hockte in einer Badehose seitlich auf der Bordkante. Als sich jetzt die Sonne in der Windschutzscheibe spiegelte, verschwanden die beiden Männer wieder hinter den Blitzen und Reflexen wie hinter einem Vorhang.
    „Aha“, sagte Herr Latenser. Er hatte seine rechte Hand über den Augen. Als er sie jetzt wieder herunternahm, fügte er noch hinzu: „Entschuldigen Sie, aber ich möchte mir an der Bar einen Whisky genehmigen.“ Schon bei den letzten Worten ging er davon.
    Die Detektive blickten ihm nach.
    „Dieser Herr Latenser ist ein wandelndes Kreuzworträtsel“, bemerkte Herr Finkbeiner.
    „Jedenfalls ist er kein getürmter Bankkassierer“, sagte Ulli Wagner .auch wenn er so aussieht.“
    „Man wirklich nicht, was man mit ihm anfangen soll“, meinte — Junge mit dem Bürstenhaarschnitt.
    „Aber ich möchte wetten“, sagte schließlich Herr Wagner, „daß er heute ausnahmsweise einmal nüchtern ist.“
    Mittlerweile war das weiße Motorboot immer näher gekommen, und man konnte jetzt deutlich sehen, wie der Neger in der Badehose mit zwei Wasserskiern hantierte. Der Dicke lachte zum Schiff herüber und schwenkte dabei seinen blauen Strohhut durch die Luft.
    „Das sieht nach einer Darbietung aus“, bemerkte Apotheker Finkbeiner.
    „Allerdings vor ziemlich leeren Tribünen“, fügte Herr Wagner hinzu.
    Vor etwa einer Viertelstunde waren nämlich achtern die Silhouetten von St. Thomas am Horizont aufgetaucht, und die Mehrzahl der Passagiere bereitete sich jetzt in ihren Kabinen auf den Landausflug vor.
    „Eigentlich sollten wir doch Mister Palmer Bescheid sagen“, meinte Apotheker Finkbeiner nach einer Weile. „Wenn er wüßte, daß dieser Inspektor mit dem dicken Herrn Hobbs unter einer Decke steckt, würde er sich für die Ankunft auf der Insel vielleicht einen ganz anderen Plan ausdenken.“
    „Und wenn sich Peter getäuscht hat?“ fragte der Junge mit dem Bürstenhaarschnitt. „Wenn die beiden gar nichts miteinander zu tun haben?“
    „Dann fallen wir ganz schön auf die Nase“, warf Ulli Wagner ein. „Was peinlich wäre.“
    „Blamieren wollen wir uns allerdings nicht“, erwiderte der Apotheker aus Berlin. „Also Schwamm drüber. Vergessen wir’s.“ Er richtete sich auf. „Und jetzt muß ich mich mal wieder um Frau Finkbeiner kümmern.“
    „Ich helfe Ihnen“, bemerkte Herr Wagner und ging mit.
    Das weiße Boot hatte inzwischen seine Fahrt gestoppt und schwappte mit

Weitere Kostenlose Bücher