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Der gelbe Handschuh

Der gelbe Handschuh

Titel: Der gelbe Handschuh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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war das?“ fragte er scharf.
    „Entschuldigung“, sagte der Tischsteward Rehbein bekümmert.
    Die Sonne spiegelte sich nämlich in dem blitzblanken Tablett, das er unter dem Arm hatte, und einer der Reflexe hatte Mister Palmer direkt ins linke Auge getroffen.
    „Es tut mir leid“, versicherte das betrübte Marzipangesicht.
    „Nicht so wichtig“, murmelte Mister Palmer und holte dabei wieder einmal seine Pfeife aus der Jackentasche. „Und jetzt muß zuallererst diese Dame wieder in ihr Körbchen.“
    Mit „Dame“ meinte er die weltberühmte Mona Lisa und mit „Körbchen“ den Safe im B-Deck.
    „Und was passiert mit der Fälschung?“ fragte der Erste Offizier.
    „Wir bewahren sie genauso gut auf wie das Original“, antwortete Mister Palmer, während er jetzt sein Feuerzeug aufschnappen ließ. „Natürlich werde ich sofort eine Untersuchung veranlassen, wenn wir in New York sind, und dann ist dieses zweite Bild vielleicht ein sehr wichtiger Beweis. Es gibt bestimmt nur ein paar Leute, die eine solche Fälschung malen können, und die müßten der Polizei bekannt sein. Dann ist es ein Kinderspiel, den Auftraggeber nachzuweisen.“ Mister Palmer paffte die erste Wolke Pfeifenrauch in die Luft. „Und jetzt ab ins B-Deck mit ihr.“
    „Jawohl, en avant!“ rief der Museumsdirektor, der sich inzwischen wieder erholt hatte. „Und ich werde den Tresor bis Puerto Rico nicht mehr aus den Augen lassen.“
    „Sie haben den Inder vergessen“, bemerkte Kapitän Stahlhut. „Was machen wir mit ihm?“
    Tatsächlich stand Singh Rumi in seinem eleganten Eierschalenanzug immer noch am Kai und blickte zum Schiff hinauf.
    „Warum ist er überhaupt nicht schon längst getürmt?“ fragte Mrs. Fuller mit ihrer lauten und tiefen Stimme. „Was wir jetzt wissen, reicht doch aus, um ihn genauso hopszunehmen wie diesen falschen Inspektor Brown.“
    „Er ist von Bord, und damit sind wir ziemlich machtlos“, meinte Kapitän Stahlhut. „Schön, wir können ihn bei der Hafenpolizei anzeigen. Aber da würde kaum etwas passieren. Man will hier nichts als zufriedene Passagiere und um alles in der Welt keine Schwierigkeiten.“ Er blickte zu Monsieur Prunelle hinüber. „Schließlich haben Sie Ihre echte Mona Lisa wieder, und das ist doch die Hauptsache.“
    „Ich bin ganz Ihrer Meinung, Kapitän“, erwiderte der Museumsdirektor. „Man soll diesen Inder mit seinen Schlangen laufen lassen. Ich fühle mich sowieso wohler, wenn diese Reptilien wieder von Bord sind.“
    „Was mich betrifft, so hab’ ich die ganze Schlangentänzerei schon von Anfang an für eine Kateridee gehalten“, murmelte Kapitän Stahlhut noch und spazierte mit seinen Offizieren zurück zum Brückendeck.
    „Aber bevor unser indischer Freund endgültig verschwindet“, bemerkte Herr Latenser, „möchte ich ihn doch noch kurz in die Zange nehmen. Sie entschuldigen mich.“
    „Woher wußten Sie überhaupt, daß die gestohlene Mona Lisa in der Schlangenkiste war?“ fragte Frau Finkbeiner wie aus heiterem Himmel.
    „Dreimal dürfen Sie raten.“ Der Privatdetektiv schmunzelte und kletterte gelenkig wie ein Eichhörnchen über die schmale Treppe aus der Ladeluke. Er wollte gerade zur Gangway laufen, da blieb er plötzlich wie angewurzelt stehen. „Sieh mal an“, sagte er.
    „Was ist jetzt schon wieder los?“ fragte Mister Palmer. Er nahm seine Pfeife zwischen die Zähne und turnte gleichfalls an Deck.
    Alle blickten jetzt sprachlos nach steuerbord hinüber. Dort schoben sich nämlich gerade ganz vorsichtig zuerst ein hellbrauner Lederkoffer, dann ein schwarzer Cellokasten und schließlich der breite Rücken des Seehunds unter einer Treppe hervor.
    „Unser guter alter Mister Hobbs“, flüsterte Ulli Wagner. „Er ist uns also doch nicht verlorengegangen.“ Der Seehund schlich sich inzwischen auf Zehenspitzen hinter einen hohen, weißen Entlüfter, der wie ein riesiger Lautsprecher aussah. Kurz darauf tauchte er auf der anderen Seite wieder auf und blickte sich um wie ein Sioux auf dem Kriegspfad.
    „Hallo, Mister Hobbs!“ rief Herr Latenser. „Fein, Sie noch zu treffen.“
    Der dicke Mann zwischen dem großen schwarzen Cellokasten und dem hellbraunen Koffer fuhr herum. Als er bemerkte, daß alle zu ihm herüberblickten, riß er seine traurigen Fischaugen auf und rührte sich nicht mehr. „Ich wollte mich gerade von Ihnen verabschieden“, stotterte er verlegen.
    „Das ist sehr aufmerksam“, erwiderte Herr Latenser. „Ich wollte mich nämlich

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