Der Gelbe Nebel
mit
ein Paar Bündel Bambusstäbe, die die Zwinkerer geschickt hatten. Lestar
hatte einmal von dem Einbeinigen Matrosen Charlie Black gehört, wie man
Dampfheizungen baut, und er hatte beschlossen, den Palast des Scheuchs
auf den bevorstehenden Winter vorzubereiten. Er berichtete, daß jetzt auch
im Violetten Land Brillen mit Ledereinlagen hergestellt werden. Man hatte
damit begonnen, nachdem ein Sonderbote des Scheuchs drei Paar Brillen
gebracht hatte, die als Muster dienten. Diese Arbeit war jetzt in vollem
Gange. Sie wurde von geschickten Meistern verrichtet, deren es unter den
Zwinkerern sehr viele gab. Lestar berichtete ferner, daß die Luft im
Violetten Palast und in den Häusern der Zwinkerer täglich nach der
Methode Urfin Juices gereinigt werde. Das, sagte er, habe sich als gutes
Mittel gegen den Gelben Nebel erwiesen. Der Scheuch und sein Stab waren
über diese Nachricht sehr erfreut. Wenige Tage später traf auch der Tapfere
Löwe ein, der nach dem langen Weg ein wenig hinkte. Die entzündeten
Augen zugekniffen und hustend, teilte er mit, daß er seine Angehörigen und
Untertanen in das Rosa Land evakuiert habe, wo sie den Schutz der guten
Stella genossen. Er selbst, fuhr er fort, habe beschlossen, sich in die
Smaragdenstadt zu begeben, um nachzusehen, ob die Gerüchte, die ihm zu
Ohren gekommen seien, stimmten. Er habe von den Ränken einer bösen
Hexe gehört und von der Not, in der sich das Zauberland befinde.
Die Doktoren Robil und Boril nahmen den König der Tiere sofort in
Behandlung. Nachdem sie eine Durchblasung seiner Lungen durchgeführt
und ihm Augentropfen verabreicht hatten, fühlte sich der Löwe viel besser.
Doch wegen der verbundenen Tatzen, der grünen Filtern vor den Nüstern
und der großen Brille hatte er von seinem majestätischen Aussehen so viel
verloren, daß der Scheuch nur schwer ein Lachen unterdrücken konnte.
Als die Doktoren mit der Behandlung fertig waren und den Löwen in Ruhe
ließen, sagte er: „Bei uns hat es geschneit. So nennt nämlich die Köchin
Fregosa den Schneefall, denn so hat sie es von Elli gehört, als diese ihr von
Kansas erzählte.“
„Was ist Schnee? Ich verstehe das nicht“, fragte Faramant.
Die Frage war nicht verwunderlich, denn im Zauberland herrschte seit
Jahrtausenden ewiger Sommer. Der Löwe erklärte: „Schnee - das sind
weiche weiße Flocken, die vom Himmel kommen. Sie sehen wie der Flaum
aus, der von den Pappeln fällt, nur sind sie kalt. Aber sie schmelzen, wenn
sie auf das Fell eines Tieres oder auf die Erde fallen, und dann bilden sie
Wassertropfen…“
Die Krähe mischte sich ins Gespräch. Sie sagte:
„Als ich über die Weltumspannenden Berge flog, um einen Weg für Elli
und den Riesen auszukundschaften, sah ich sehr viel Schnee. Er ist wirklich
weiß, doch nicht so weich wie der Löwe sagt. Er liegt auf den Hängen und
ist so hart, daß ein Mensch darauf gehen kann, ohne zu versinken.“
Alle Anwesenden wandten sich zum Fenster, um auf die funkelnden
schneebedeckten Gipfel zu blicken, die bei heiterem Wetter von der Stadt
aus gut zu sehen waren. Leider konnten sie nichts sehen, denn alles war in
trüben Nebel gehüllt.
Kaggi-Karr fuhr fort: „Auch mir hat Elli erzählt, daß bei ihnen in der
Großen Welt einmal im Jahr eine kalte Zeit anbricht und sehr viel Schnee
fällt. Die Menschen sagen dann: Es ist Winter. Im Winter wird das Wasser
von der Kälte hart wie Stein, und man nennt es Eis. Die Menschen ertragen
jedoch leicht den Winter, weil sie warme Wohnungen und warme Kleider
haben.“
Der Scheuch fuhr plötzlich zusammen, legte den Finger an die Stirn und
brummelte: „Kleider… Wohnungen…“
Alle blickten ihn verwundert an. Ehe sie etwas sagen konnten, gebot er
ihnen zu schweigen. „Ich werde jetzt nachdenken!“ sagte er.
Der Kopf des Scheuchs blähte sich gewaltig auf, und plötzlich traten aus
ihm rostige Nadeln hervor. Die Rostfarbe kam allem Anschein nach vom
giftigen Nebel. Der Holzfäller nutzte die Gelegenheit und tröpfelte Öl auf
sie. Lange dauerte das Schweigen des Scheuchs, das niemand zu
unterbrechen wagte. Dann öffnete er den Mund und sagte feierlich: „Wir
müssen Ann und Tim herbeirufen!“ Er setzte den Anwesenden seine
Gedanken auseinander: „Die Menschen von jenseits der Berge haben dem
Zauberland viel Nutzen gebracht. Wer hat die Smaragdenstadt aufgebaut?
Goodwin. Freilich war er, wie sich herausstellte, kein Zauberer, aber wem,
wenn nicht ihm, haben
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