Der Gelbe Nebel
voraus lief ein
dritter hölzerner Bote, der in einem fort rief: „Bahn frei! Bahn frei!“
An jenen Tagen war es nicht so einfach, auf der gelben Backsteinstraße
vorwärtszukommen. Der Weg war vollgestopft mit Herden von Tieren, die
in der Höhle Zuflucht zu finden hofften. Sie wußten nicht, ob die Menschen
sie einlassen würden, doch sie hatten gehört, daß es dort, unter der Erde,
niemals kalt sei. Auf der Straße bewegten sich Hasen, Waschbären und
Kaninchen, Antilopen mit stolz gereckten Köpfen, schwer stampfende
Bisons und Hirsche. Tiger, Luchse, Hyänen, Wölfe und Füchse trabten am
Rande des Weges. Diese wilden Tiere wußten, daß man sie in die Höhle
nicht einlassen werde und wollten sich deshalb bis zum Land der guten Fee
Willina durchschlagen, wo nach wie vor Sommer war, wie die Vögel
erzählten, die lange vor Anbruch der Fröste in den Besitzungen Stellas,
Willinas und Arachnas Schutz gefunden hatten. Die böse Hexe schnaubte,
als sie sah, wie sich ihre Wiesen und Felder jeden Tag mehr und mehr mit
Tieren aus den Nebelgebieten füllten. Aber sie konnte gegen die
ungebetenen Gäste nichts unternehmen, weil ihre Zahl bereits gewaltig war.
Arachnas Zorn war auch durch den Widerstand der Menschen erregt
worden. Der schnelle Sieg, auf den sie gerechnet hatte, blieb aus. Der Gelbe
Nebel verrichtete sein schädliches Werk, er fraß die Lungen der Menschen
und der Tiere, entzündete ihre Augen, daß die Tränen in Strömen flossen,
schwächte ihre Sehkraft… Doch diese schlauen Menschen hatten Mittel zur
Bekämpfung des Nebels gefunden. Sie atmeten die Luft durch
Rafalooblätter, die die giftigen Tropfen zurückhielten und ihnen den Weg
in die Lungen versperrten, und sie schützten ihre Augen mit
lederumrandeten Brillen, auf deren Gläser der Nebel niederschlug. Sie
reinigten die Luft in ihren Häusern nach dem Verfahren von Urfin Juice,
der sich geweigert hatte, in ihren, der mächtigen Arachna, Dienst zu treten,
und der sie jetzt an der Ausführung ihrer Pläne hinderte.
Die Menschen bewegten sich auf den in Nebel gehüllten Wegen fast so
schnell wie früher, denn alle zwanzig bis dreißig Schritt standen Wegweiser
mit Aufschriften. Arachna begriff jetzt, daß die Menschen sich nicht so
leicht unterwerfen lassen.
AUF DER FARM VON JOHN SMITH
Wie auf Windesflügeln hatten die mechanischen Traber Cäsar und
Hannibal den langen Weg vom Violetten Palast zur Farm in Kansas
zurückgelegt, und als sie ankamen, stürzten sich Ann und Tim in die Arme
ihrer freudestrahlenden Eltern.*
Elli, die sich gerade beim Unterricht im College befand, wurde sofort
benachrichtigt, und die tapferen Wanderer begannen auszupacken. Ihr
Bericht nahm mehrere Tage in Anspruch. Elli bereute es jetzt, die Richter
überredet zu haben, Urfin Juice die verdiente harte Strafe zu erlassen und
ihn lediglich des Landes zu verweisen.
„Hätte ich gewußt, daß er die Springer betrügen wird… Hätte ich gewußt,
daß er die Smaragdenstadt wieder erobern wird!… Ja, hätte ich gewußt…“,
wiederholte sie traurig. „Es hat doch alles gut geendet“, versuchte Ann, sie
zu trösten.
,,Urfis wird jetzt nie wieder die Macht erobern! Tim hat mit seinem
Volleyballspiel alle Hoffnungen des Tischlers zerschlagen, und dabei
wurde kein Tropfen Blut vergossen!“
Die Zuhörer mußten schmunzeln, als sie sich vorstellten, wie die Marranen,
die einen Kampf auf Tod und Leben erwartet hatten, sich in
leidenschaftliche Volleyballspieler verwandelt und es vorgezogen hatten,
statt den Feind den Ball zu schlagen. Dann begann die Schule, und Tim und
Ann gaben sich ganz dem Lernen hin. Grammatik und Arithmetik,
Schönschreiben, Geschichte und Erdkunde des Heimatlandes… Am
Vormittag Schule, am Nachmittag Hausaufgaben… Darüber gerieten die
spannenden Abenteuer nach und nach in Vergessenheit.
Vor Schluß des Schuljahres gab es ein Ereignis, über das alle Menschen auf
der Farm sehr erfreut waren: Kapitän Charlie Black war wieder einmal zu
Besuch bei seinen Verwandten eingetroffen. Vor einigen Jahren, als der
Einbeinige Seemann die Familie Smith aufgesucht hatte, war Ann noch
ganz klein gewesen.
*Nachzulesen im Märchen „Der Feuergott der Marranen“.
Aber sie erkannte jetzt den Onkel sofort wieder, denn Charlie hatte sich nur
wenig verändert. Dieselbe muskulöse und straffe Gestalt, nur daß das
Gesicht jetzt etwas brauner und die Stirn um ein paar Falten reicher war.
Auch hatte Charlie jetzt
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