Der Gelbe Nebel
nicht
betrauen, weil beide schwächlich und schon im fortgeschrittenen Alter
waren.
„Nun denn, mein Junge“, sagte schließlich der Kapitän seufzend, „du darfst
gehen, aber ich beschwöre dich bei allen Masten unseres Schiffes, sei
vorsichtig! Ich wünsche dir eine glückliche Reise, Kamerad, und Hals- und
Beinbruch!“
Während man Tim für die Reise ausstattete, wobei natürlich Filter aus
Rafalooblättern und Schutzbrille nicht vergessen wurden, erkundigte sich
die Mäusekönigin bei Ann und Charlie nach ihrer guten Freundin Elli. Sie
fragte, wie sie lerne und ob sie gesund sei, auch wollte sie wissen, wie es
dem ehemaligen Zauberer Goodwin gehe, nachdem er das Zauberhandwerk
aufgegeben hatte und in den Ruhestand getreten war. Als man ihr sagte,
Goodwin führe eine Gemischtwarenhandlung, schüttelte die Königin
mißbilligend den kleinen Kopf. Tim stand bereits reisefertig vor der Tür.
Sein Rucksack war bis oben gefüllt mit Proviant und was man sonst noch
unterwegs brauchen kann; in seinem Gürtel stak eine kleine scharfe Axt mit
festem Stiel. „Du sollst nicht zu Fuß reisen, Tim“, sagte der Scheuch. „Die
Zeit ist kostbar, wir müssen jede Stunde sparen. Faramant, gib Tim den
Zauberteppich Ruscheros!“
Bei der Übergabe des Teppichs, an dem eine Inventarmarke hing, schärfte
Faramant, der jetzt Leiter des Versorgungsdienstes war, dem Jungen ein,
auf diesen kostbaren Gegenstand gut aufzupassen. In das Inventarbuch aber
trug er ein: „Teppich auf Verfügung des Weisen Scheuchs zur zeitweiligen
Nutzung an Tim O’Kelli übergeben.“
Tim trat aus dem Wagen, breitete den Teppich aus, setzte sich auf ihn und
steckte Ramina mit ihrem Mäusegefolge in seinen Hemdausschnitt, wo sie
sich sehr wohl fühlten. „Trag uns, kleiner Teppich, zum Eingang in den
unterirdischen Flur, der bei der Farm von Lin Raub beginnt!“ befahl der
Junge. Die Adresse hatte ihm zuvor die Mäusekönigin gegeben.
Der Teppich stieg auf und schwenkte in die genannte Richtung ein.
Faramant folgte ihm mit den Augen, bis er verschwand. Dann gab er den
Holzköpfen ein Zeichen, und der Wagen setzte sich langsam in Bewegung.
Der tapfere Trupp bewegte sich auf den Süden zu. Bis zum Großen Fluß
sollte er dem gelben Backsteinweg folgen, diesen dann verlassen und den
Unterschlupf Arachnas in den wilden Bergen suchen, der irgendwo
zwischen dem Blauen Land und den Besitzungen Stellas lag. Das Sitzen im
holpernden Wagen, den die Holzköpfe langsam zogen, war recht
langweilig, und deshalb wandte sich Ann mit honigsüßer Stimme an den
Seemann:
„Onkelchen Charlie, ich muß fortwährend an die wunderbare Geschichte
von Lord Baumcharlie und Professor Vogel denken, die du uns erzählt
hast.“ Eine List ahnend, brummte Charlie:
„Na und? Wer hindert dich denn, daran zu denken?“ „An etwas Altes zu
denken, ist natürlich gut, doch etwas Neues zu hören, ist wohl viel besser“,
sagte das Mädchen, verschmitzt lächelnd. Sie schmiegte sich noch enger an
den Onkel und bat: „Erzähle mir bitte noch eines deiner Erlebnisse, du hast
doch selbst gesagt, daß du viele Abenteuer erlebt hast?“
Der Seemann ließ sich erweichen. „Du Schmeichelkätzchen“, sagte er,
„welches Abenteuer möchtest du denn hören?“
„Erzähl, wie du dein Bein verloren hast!“ schlug Ann vor. „War es nicht
bei einem Kampf mit Piraten?“ „Du hast es fast erraten“, sagte Charlie
Black. „Schön, also hört alle aufmerksam zu.“
Charlie Black begann seine lange Geschichte zu erzählen.
DER GROSSE FELDZUG DER MÄUSEARMEE
Der Flug mit dem Zauberteppich zum unterirdischen Gang, in dem sich die
Mäuse aufhielten, dauerte eine Stunde - zu Fuß hätte Tim einen ganzen Tag
dafür gebraucht. Beim Landen rief er begeistert: „Ein großartiger Teppich!
Ich wünschte mir, so einen in Kansas zu besitzen!“
Er rollte den Teppich zusammen und nahm ihn unter den Arm. Die
Mäusekönigin, die ihr Köpfchen aus Tims Hemdausschnitt herausstreckte,
wies piepsend den Weg, und bald stand der Junge vor dem unterirdischen
Gang. Er zündete die Laterne an, die der vorsorgliche Faramant ihm
mitgegeben hatte, und stieg den steilen Abhang hinab.
„Gebt bitte acht, Freund Tim“, bat Ramina, „daß Ihr meine Untertanen
nicht zertretet.“
Das war keine überflüssige Mahnung. Im Schein der Laterne erblickte Tim
unzählige Scharen von Mäusen, die den Gang füllten. Sie flitzten hin und
her, lugten aus Ritzen, hingen wie Trauben
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