Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
ein Wettstreit statt, wer welchen Platz an der Tafel einnehmen durfte – möglichst nah beim Königspaar, um Sigiberts Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Bisher hatte es Wittiges abgelehnt, sich an diesem Treiben zu beteiligen.
Sigibert hob die Schultern und ließ sie wieder sinken. „Seht ihr? So verhält sich jemand, der seinen Eid ernst nimmt.“ Mit raschen Schritten kam er zu Wittiges herüber und legte ihm den Arm um die Schultern. „Nein, mein junger Freund, um dein Land musst du dich selbst kümmern. Reise hin, nimm es in Besitz. Zeig dich den Leuten, damit sie wissen, wer ihr neuer Herr ist. Das ist mein ausdrücklicher Wunsch. Ende Mai allerdings erwarte ich dich zurück. Dann beginnt die Rundreise, und du wirst uns begleiten. Also sieh zu, was du in einem knappen Monat ausrichten kannst. Ich hoffe, du findest eine nette Begleitung.“
„Ja“, antwortete Wittiges nach einem leichten Zögern, „meine Ehefrau.“ Es war eine aberwitziger Gedanke und doch so naheliegend.
Aletha war scheinbar völlig unbeteiligt der Unterhaltung gefolgt. Aber nun schreckte sie zusammen. Auch Brunichild fuhr von ihrem Stuhl auf und ließ sich langsam wieder zurücksinken.
„Du hast eine Ehefrau?“, fragte Sigibert neugierig. „Hier?“
„Sie steht dort hinten.“ Wittiges wies nickend auf Aletha. „Wir sind noch nicht lange verheiratet“, setzte er hinzu.
Sigibert schaute Aletha an und langsam breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus. Schließlich schlug er Wittiges herzhaft auf die Schulter. „Dann sind wir in der gleichen Lage, mein Freund! Ich weiß, was es heißt, ein liebendes, junges Weib zu haben.“ Seine Stimme wurde leiser. „Worauf wartest du? Nimm deine Frau und verschwinde mit ihr.“ Er winkte Aletha zu sich.
Zögernd, den Kopf zu Brunichild zurückgewandt, trat sie näher. Sigibert ergriff ihre Hand, legte sie feierlich in die von Wittiges, und schob beide durch den Vorhang.
Brunichild hatte kein Wort gesagt.
„Und jetzt zurück zu uns“, hob Chilperich sofort wieder an. „Tours und Poitiers für mich. Ich wurde bei der letzten Teilung benachteiligt, und das lass ich mir nicht noch einmal gefallen.“
„Komm“, bat Aletha beunruhigt.
„Nein, warte“, wandte Wittiges ein, „ich will wissen, was hier gespielt wird. Das geht auch uns etwas an.“
Aber bevor das Gespräch drinnen fortgeführt wurde, teilte sich der Vorhang, und Brunichild trat zu ihnen. „O, ihr seid noch hier.“
„Was geht da vor?“, fragte Wittiges und wies in den Raum hinter ihr.
Brunichild winkte den beiden, ihr den Flur entlang zu folgen. „Etwas Widerwärtiges“, stieß sie heftig hervor. „Sie streiten sich über Chariberts Erbe.“
„Ich wusste nicht, dass er gestorben ist.“ Wittiges blieb stehen.
„Er lebt noch“, antwortete Brunichild unglücklich.
„Verstehe. Aber sie rechnen mit seinem baldigen Tod.“
„Chilperich sagt, er will keinen Streit“, erklärte Brunichild. Abscheu und Zweifel schüttelten sie. Diese Auseinandersetzung war unwürdig, und alles, was Chilperich vorgebracht hatte, schmerzte sie. „Warum können sie nicht warten?“
„Wieso sie ? Es ist doch nur Chilperich, der vorzeitig ein Erbe verteilen will“, wandte Wittiges brüsk ein und merkte, wie sehr seine Worte Brunichild trafen. Warum ging ihr die Sache nahe? Sie konnte sich bei den Franken doch noch nicht so heimisch fühlen, dass sie sich über die Politik des Landes derart ereiferte. „Und überhaupt, wieso sollten die Brüder und nicht die Söhne erben?“
„Weil Charibert nur Töchter hat.“
Töchter, das wusste auch Wittiges, konnten nicht erben. Zumindest kein Land. „Vielleicht erholt sich Charibert und lebt noch zehn Jahre. Wer weiß, bis dahin könnte er noch einen Erben zeugen. Und was diese Teilung angeht, hat Guntram, der dritte Bruder, bestimmt mitzureden.“
„Da hast du recht.“ Brunichild gab sich Mühe, die unangenehme Angelegenheit abzuschütteln. „Hört zu, ihr beiden: Schließt euch morgen Charibert an. Auf dem Weg zu seiner Pariser Residenz kommt er durch Reims. Bestimmt hat er nichts dagegen, euch mitzunehmen.“
„Du willst wirklich, dass ich mitgehe?“, fragte Aletha vorwurfsvoll.
Brunichild legte die Arme um sie, küsste sie flüchtig auf die Wange und schob sie von sich. „Ja, das will ich. Ich weiß, wie schwer es ist, zueinander zu finden, und hier wird es euch nie gelingen“, sagte sie weich. Sie würde Aletha vermissen, und ebenso Wittiges, waren die beiden
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