Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
hätte ihn zu dieser Tat treiben können?
„Und dieses Geschirr behältst du knauserig für dich. Überlässt du mir nicht wenigstens einen von den goldenen Tellern?“
Außer einem Knurren gab Chilperich keine Antwort. Und dieses Knurren ging bald in andere Laute über, die Fredegund zeigten, dass ihr Herr und Gebieter an einem weiteren Austausch von Neuigkeiten nicht interessiert war.
5
Wittiges hatte nicht damit gerechnet, Fredegund noch einmal zu treffen. Aber er lief ihr über den Weg, nachdem er sich von seinen Kameraden auf dem Kampfplatz verabschiedet hatte. Die zufällige Begegnung sah für ihn ganz danach aus, als hätte sie ihm aufgelauert.
„Du willst also wirklich mit deiner jungen Frau abreisen?“, eröffnete sie leichthin das Gespräch.
Seit der Begegnung auf dem Flur, einen Tag zuvor, war er auf der Hut vor ihr. Obwohl ihr familiärer Umgang mit Brunichild ihn nicht wirklich überrascht hatte, hatte es ihn in Unruhe versetzt, die beiden Frauen zusammen zu sehen. Plötzlich hatte ihn die Vorstellung gepeinigt, die beiden könnten im vertrauten Gespräch darauf stoßen, was sie mit ihm verband. Eine schauderhafte Vorstellung.
„Brunichild wird sich verlassen vorkommen“, fuhr Fredegund voller Hintersinn fort.
„Nein, wird sie nicht“, widersprach er heftiger als nötig.
„Ach ja?“ Fragend zog Fredegund die Augenbrauen hoch. „Das wundert mich. Zu mir hat sie gesagt, sie fühlt sich regelrecht entblößt, seit fast alle abgereist sind, die sie aus ihrer Heimat begleitet haben. In Schande fortgeschickt, um genau zu sein. Das hat sie tief gekränkt. Als ob alle Westgoten Meuchelmörder wären! Da wird ihre Schwester doch ein großer Trost für sie sein.“
„Wovon redest du?“, fragte Wittiges abwehrend.
„Davon, dass Sigibert auch die Schwester heiraten will. Wie heißt sie? Galswinth?“
„Gailswintha.“ Wittiges spürte, dass ihn Fredegunds Gegenwart nicht länger gleichgültig ließ. Erst recht nicht, als sie ihm die Hand auf den Arm legte, um ihn aufzuhalten. Folgsam blieb er stehen. Ein Fehler. Sie hatten einen der Innenhöfe erreicht, wie geschaffen für eine kleine Sünde.
„Ich hoffe, du denkst gelegentlich an mich, wenn du mit deiner Frau zusammen bist.“ Fredegund lächelte verführerisch, während sie sich an ihn lehnte. Was sollte er tun? Er presste sich gegen sie. „Meinst du, Athanagild gibt auch seine letzte Tochter her? An Sigibert?“, fragte sie weiter.
Dass die Frage nicht nur so dahergesagt war, merkte Wittiges, als er Fredegund küssen wollte statt zu antworten und sie sich mit einer Hand gegen ihn stemmte. Notgedrungen bequemte er sich zum Reden. „Woher soll ich das wissen? Vielleicht lebt er nicht mehr und Leovigild ist König. Dann müsste Sigibert mit ihm verhandeln.“
„Leovigild“, wiederholte Fredegund sinnend. „Kennst du ihn? Hast du mit ihm gesprochen? Hat er überhaupt Interesse an den Franken?“
Wittiges mochte nicht offenbaren, ein wie kleines Licht er am ehrwürdigen Hof von Toledo war, und redete drauflos. „Natürlich hat er Interesse an den Franken. Aber sie werden es nicht so leicht mit ihm haben wie mit Athanagild. Sigibert muss Leovigild schon etwas bieten, wenn er Gailswintha haben will. Vielleicht eine Garantie für die Septimania, denn Leovigild hat Angst, dass die Franken ihm auch noch das letzte Gebiet jenseits der Alpen entreißen. Möglicherweise wird Gailswinthas Mitgift geringer ausfallen als die ihrer Schwester“, setzte er nach kurzem Zögern hinzu.
Fredegunds Augen weiteten sich. „Dann denkt Leovigild schon über eine Hochzeit nach?“
Allmählich verlor Wittiges den Spaß an der Unterhaltung. „Ach was. Athanagild ist alt und leidend, aber er hat sich noch nicht völlig aus der Politik zurückgezogen. Er will über seine letzte Tochter selbst entscheiden. Das ist nicht Leovigilds Sache.“
Fredegund drückte sich kurz an ihn, fuhr ihm mit der Zunge über die Lippen und ließ ihn einfach stehen. Wandte sich aber noch einmal zu ihm um. „Dann muss sich Sigibert halt beeilen. Brunichild sehnt sich nach ihrer Schwester, verstehst du?“
Der kleine Chramm war untröstlich, als Wittiges ihm mitteilte, dass aus der Übung im Stockkampf, die er ihm versprochen hatte, vorerst nichts wurde. Das Kerlchen tat ihm leid. Denn inzwischen war ihm aufgefallen, dass er am Hof anscheinend keine Freunde hatte. Keiner der anderen Jungen bezog ihn bei ihren spielerischen Wettkämpfen und den ausgelassenen Späßen mit
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