Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
ein. Wittiges war sich durchaus im Klaren, dass es besser für ihn war, sich nicht mit dem Kind zu beschäftigen und es sich vom Hals zu halten. Dennoch nahm er Chramm an die Hand und raunte ihm zu: „Ich hätte eine Aufgabe für dich, aber ich weiß nicht, ob du dafür Zeit hast. Es ist ja nur für die paar Wochen, die ich weg bin. Und du müsstest ein Geheimnis für dich behalten.“
Welcher Junge konnte da widerstehen? Sichtbar hellte sich das Gesichtchen mit den großen dunklen Augen auf, aber gleichzeitig entzog Chramm Wittiges die Hand, um zu zeigen, dass er mit neun Jahren für eine derartige Zuwendung zu alt war.
Wittiges ging mit ihm in den Stall. „Weißt du, wem diese Stute gehört?“
Fachmännisch betrachtete Chramm das Pferd. „Nein, aber sie gefällt mir.“
„Dann haben wir ja das Wichtigste geklärt. Sie ist eine kostbare Pferdedame, die leider für einige Zeit auf ihren besten Freund verzichten muss, meinen Hengst Bauto nämlich. Wirst du dich um Bella kümmern?“ Er beugte sich hinab und flüsterte dem Jungen ins Ohr: „Sie gehört Königin Brunichild. Auf der Reise hierher ist das Fohlen gestorben, das sie gerade erst bekommen hatte. Aber nun ...“ Seine Stimme wurde noch leiser, als er Chramm mit einer großen Neuigkeit vertraut machte. Bella würde ein neues Fohlen bekommen, und nur er wusste, wer der Vater war. Ihn selbst erfüllte der Gedanke mit Genugtuung. Kindisch zweifellos, sich in der Gewissheit zu sonnen, dass er eine Spur gelegt hatte, die niemand so leicht tilgen konnte.
Und es war natürlich ein Risiko, den Knirps einzuweihen. Aber an den leuchtenden Augen erkannte er, dass das Geheimnis bei Chramm gut aufgehoben war. Er erteilte ihm noch ein paar Anweisungen, und während der Junge bei der Stute blieb, schlenderte er zurück in den Hof, auf der Suche nach einem Stallburschen, dem er die Aufgabe anvertrauen konnte, gleichermaßen ein Auge auf Bella und Chramm zu haben.
Der Aufbruch erfolgte sehr früh am nächsten Morgen, denn Charibert wollte bis zum Nachmittag Reims erreichen und die Nacht im dortigen Königspalast verbringen, bevor er den Rest der Reise nach Paris zurücklegte.
Zu Wittiges Erleichterung ließ sich Aletha willig auf ein Pferd setzen. Wie sie erklärte, wollte sie lieber reiten als in einen der Karren zu Chariberts Frauen steigen. Sie war eine überraschend gute Reiterin, und wider Erwarten erfüllte ihn das mit Stolz. So lange sie beide von anderen umgeben waren, benahm sich Aletha erstaunlich entspannt und plauderte mit ihm, als ob sie täglich viele Stunden miteinander verbrächten. Gelegentlich sprach sie über das Land, das ihm geschenkt worden war, und immer wieder erwähnte sie Alexander, bis Wittiges merkte, dass sie sich auf ein Wiedersehen freute. Woher kannte sie den Musiker so gut, dass sie freundschaftliche Gefühle für ihn entwickelt hatte?
„Haben wir auch genügend Geld?“, fragte sie auf einmal leise.
„Geld?“
„Ich dachte, mit dem Land hast du auch Geld erhalten. In welchem Zustand das Land wohl ist? Und was wohl an Menschen, Vieh und Häusern dazu gehört?“
Wittiges hatte sich nicht die geringste Mühe gemacht, Auskünfte über seinen neuen Besitz einzuholen. Beschämt gestand er sich dieses Versäumnis ein und wunderte sich um so mehr, wie interessiert Aletha war. Die drei, Alexander, Pontus und sie, mussten viel Zeit ohne ihn miteinander verbracht und sich mit dem Gut beschäftigt haben. Auf einmal fühlte er sich seltsam ausgeschlossen.
„Das spielt keine Rolle. Wir sehen es uns an und kehren an den Hof zurück. Dort liegt unsere Zukunft.“
Aletha wandte den Kopf ab, als ob sie eine Enttäuschung verbergen wollte. „Und was ist mit dem Geld?“
„Warum fragst du nach Geld?“, stieß er eine Spur zu heftig aus.
„Ich wünschte mir, du würdest Alexander frei kaufen.“
Wittiges schwieg erst einmal und konzentrierte sich auf den Weg. Die alte Römerstraße, die von Metz über Reims nach Paris führte, wurde holperig. Das letzte Dorf, ein offener Vicus, lag einige Meilen hinter ihnen. Zwischen den Dörfern wurde die Straße immer schlechter, ermöglichte aber immer noch ein einigermaßen rasches und bequemes Vorankommen. Wo früher vielleicht einmal Weide- und Ackerland gewesen war, war der Wald wieder auf dem Vormarsch und allmählich bekam Wittiges eine Vorahnung von seinem neuen Eigentum. Und ein besonderes Problem drängte sich in sein Bewusstsein.
„Ich weiß nicht, wo es liegt“, murmelte
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