Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
er.
„Was?“ Aletha schreckte aus ihren Grübeleien auf.
„Unser Land“, erklärte Wittiges mit einem entschuldigenden Grinsen. „Ich hab Alexander und Pontus die Urkunde gegeben, mich aber nicht danach erkundigt, wo genau in der Umgebung von Reims das Gut liegt. Und unsere Freunde erwarten uns nicht.“ Er hatte absichtlich von gemeinsamen Freunden gesprochen. Aletha sollte wissen, dass er ihre Beziehung zu den beiden Männern erkannt hatte – und billigte. Jedenfalls tat er erst einmal so und verdrängte mannhaft einen Anflug von Eifersucht.
„Haben sie erwähnt, wo sie absteigen wollten? Hältst du es für wahrscheinlich, dass sie im Palast um Unterkunft gebeten haben?“, erkundigte sich Aletha.
Reims war vor allem und in erster Linie Sedes Regis , Sigiberts Regierungssitz, Königsstadt und Zentrum seiner Macht. Sicher gab es dort eine ausgedehnte Palastanlage und vielleicht hatten sich Pontus und Alexander, um Geld für eine Herberge zu sparen, als Gefolge eines Anstrustios dort einquartiert. Aber er bezweifelte es. Und vor allem wusste er nicht, was die beiden vorgehabt hatten. Wie über so vieles andere hatte er mit ihnen nicht darüber gesprochen. Auch in dieser Hinsicht machte ihm Aletha ein Versäumnis klar. Gegenüber dieser kleinen Person wurde er immer mehr zu einem einfältigen Jungen, der mit großer Nachsicht zurechtgewiesen wurde. Wider Erwarten belustigte ihn das.
„Pontus fühlt sich in Palästen nicht wohl. Er mag die Leute nicht.“
„Dann musst du in allen Herbergen von Reims nachfragen.“
Zu diesem Schluss war er inzwischen selbst gekommen und sagte es ihr auch.
„Wäre Alexander frei, könnte er ganz anders auftreten und deine Angelegenheiten verfechten, das wäre ein großer Vorteil für dich“, erklärte seine unvergleichlich kluge Gattin nachdenklich und kam damit auf ihr altes Thema zurück.
„Wenn Alexander frei wäre“, entgegnete er im gleichen Ton, „wüsste ich nicht, was ihn dazu bewegen sollte, überhaupt noch was für mich zu tun oder bei mir zu bleiben. Er könnte gehen, wohin er wollte und tun und lassen, was immer ihm in den Sinn käme. Und ich könnte es ihm nicht einmal übel nehmen.“
„Aber er liebt dich und wird dich nie verlassen.“ Aletha sprach mit so feierlichem Ernst, dass er unwillkürlich gerührt war.
„Tut mir leid, selbst wenn ich wollte, ich kann ihn nicht freikaufen. Die Königin will es nicht.“ Warum sollte er ihr erklären, dass es eine Urkunde über Alexanders Freilassung gegeben hatte? Sicher wusste sie das längst. Seit langem dachte er wieder daran. Existierte das Dokument noch? Und wenn ja, wo? Alexanders Freikauf stand vor allem eins im Weg: Geldmangel. Aber das mochte er Aletha nicht eingestehen.
Am frühen Nachmittag überraschte Charibert alle damit, dass er den Reisekarren verließ und sich auf sein Pferd schwang – wenn auch mit tatkräftiger Hilfe von zwei Knechten. Bis dahin hatte einer seiner Männer den Hengst am Zügel geführt. Mit dem König ging eine erstaunliche Wandlung vor sich, bald zweifelte niemand mehr daran, dass sich erholte. Von einem baldigen Ableben konnte keine Rede mehr sein. Bei der nächsten Rast hielt sich Wittiges neugierig in seiner Nähe auf und reichte ihm geistesgegenwärtig eine Erfrischung, kaum dass er danach verlangte. Charibert ließ sich den verdünnten Wein in die ausgetrocknete Kehle laufen und rülpste behaglich, sobald er den Weinschlauch abgesetzt hatte.
„Danke! Das tat gut!“, wandte er sich leutselig an Wittiges und fasste ihn plötzlich schärfer ins Auge. „Jetzt erkenne ich dich! Du gehörst zu Sigibert.“
„Stört’s dich?“, fragte Wittiges vorsichtig.
„Nicht, solange du mir nicht im Auftrag meines Bruders ein Messer in die Kehle rammst“, gab Charibert unumwunden zu. Seine Leute, bemerkte Wittiges jetzt erst, hatten ihn unauffällig, aber dennoch scharf im Visier. Bevor er sich zurückziehen konnte, trat Aletha zu ihm.
„Ah ja, und dieses niedliche junge Ding gilt als deine Ehefrau.“
Wittiges hatte von den Unterstellungen genug. Er brauste auf. „Wir sind rechtlich zusammengegeben! Und ich bin kein Meuchelmörder, dessen kannst du sicher sein.“
Charibert lachte laut auf und klopfte sich auf den feisten Wanst. „Beruhige dich, junger Heißsporn! Tut mir leid, wenn ich dich beleidigt habe. Aber man kann halt nie wissen und muss seine Vorkehrungen treffen.“
Wittiges hatte den Arm um Aletha gelegt und beäugte Charibert abwägend. „Das
Weitere Kostenlose Bücher