Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
brachliegenden Felder bestellen. Und dann haben wir auch einiges an Vieh.“
Tatsächlich war es sehr wenig Vieh. Nach Aussage der alten Sklaven waren nur noch ein paar Schafe, Ziegen, Schweine und ein halbes Dutzend Rinder von den ehemals großen Herden übrig. Was vor allem fehlte, waren Zugochsen. Wittiges vermutete, dass die Ochsen, die die Kämpfe überlebt hatten, längst in den Bestand der Dörfler übergegangen waren, und dies die Bereitschaft der Männer, Spanndienste zu leisten, beeinflusst hatte. Aber alles in allem war er doch zufrieden. Er hatte eine Bewährungsprobe bravourös bestanden. In der hereinbrechenden Dämmerung verließ er den Hof, stolperte durch den Garten und schaute auf das Dorf hinab. Ja, es war gutes Land, das ihm Sigibert geschenkt hatte, voller Schätze, die er erst noch heben musste. Ein wohliges Hochgefühl durchrieselte ihn, bis er auf einmal zusammenzuckte. Er hatte Aletha und sein Versprechen ihr gegenüber vollkommen vergessen. Kleinlaut kehrte er zu seinen Freunden zurück.
„Ich breche gleich morgen früh auf, um endlich meine Frau zu holen. Sie wird denken, mir sei etwas passiert“, erklärte er unglücklich.
„Mag sein“, bemerkte Alexander nüchtern und nicht im Mindesten besorgt, „aber mach dir keine Gedanken. Sie weiß sich zu helfen und wird nicht gleich verzweifeln.“
„Woher willst du das wissen?“
Alexander zuckte die Schultern. „Ich kenne sie“, sagte er leichthin. „Und jetzt lege ich mich schlafen.“
Sprachlos blieb Wittiges sitzen, bis sich auch Pontus verzog und er als Letzter in die verlöschende Glut des Feuers blickte.
Er war fast eingeschlafen, als er merkte, wie jemand seine Decke lupfte. Ein eisiger Schreck durchfuhr ihn. War er doch zu leichtsinnig gewesen? Und kam jetzt die Quittung dafür? Eine Hand tastete nach ihm. Unwillkürlich zuckte er zusammen.
„Ja, ja“, nuschelte eine Stimme, „ich bin’s nur, ich hab’s noch nicht verlernt, ich kann’s noch, Herr.“ Wittiges wehrte eine Hand ab, die sein Bein entlang tastete.
„Was willst du?“, fuhr er auf.
„Ich besorg’s dir, du wirst zufrieden mit mir sein. Lass mich nur machen.“
Ein aberwitziger Verdacht regte sich in Wittiges. Inzwischen wusste er, wer ihn heimsuchte. Es war die alte Barchild, die hartnäckig an ihm herumfingerte.
„Verschwinde!“, knurrte er.
Jetzt ließ sie sich rittlings auf ihm nieder und zerrte ihr Gewand hoch. Wittiges geriet in helle Panik. Die schmutzige alte Vettel hatte den Verstand verloren, sie war dabei ... Er packte sie mit beiden Händen und stieß sie vom Bett. Mit einem Jammerlaut fiel sie zu Boden, rappelte sich aber wieder auf und versuchte erneut, in sein Bett zu kriechen.
„Verschwinde oder ich dreh dir den Hals um!“
„Aber ich will doch nur, dass du bekommst, was alle Herren wollen. Ich mach’s besser als die unerfahrenen jungen Dinger, die noch viel zu eng sind. Du brauchst nichts zu tun.“
Durften Albträume derart real sein? Er war doch wach! Oder nicht? Die Alte war wie ein Schlinggewächs, ein widerliches, zähes Luder, das sich an ihn presste und obszönes Zeug nuschelte. Er schrie, um diese Stimme zu übertönen. Er schrie, um seinem Ekel und dem Grauen Luft zu verschaffen.
Auf einmal war noch jemand da, packte das gräuliche Weib und warf es aus der Kammer. Zitternd schnellte Wittiges hoch und versuchte zu erkennen, mit wem er es nun zu tun hatte. Er tastete nach dem Dolch, der bei dem Gerangel unters Stroh geraten sein musste.
„Beruhige dich“, sagte Pontus mit einem merkwürdigen Unterton. „Sie ist weg.“ Er hockte sich neben Wittiges auf die Bettkante. „Hätte nicht gedacht, dass du so einen tiefen Eindruck auf die Alte gemacht hast, dass sie dir ins Bett nachsteigt. Dass in einem ranzigen Stück Fleisch noch solche Gelüste lauern!“
„Was ist hier los?“ Alexander tauchte nun auch noch auf. „Ich habe Schreie gehört.“
„Leg dich wieder schlafen. Es ist nichts. Die alte Barchild war nur der Meinung, Wittiges braucht unbedingt ein Weib im Bett und wollte zu Diensten sein. Er war aber anderer Ansicht“, erklärte Pontus glucksend. „Wahrscheinlich hätte er die Alte umgebracht, wenn ich nicht dazugekommen wäre.“
„Pfui!“ Alexander schüttelte sich. „Du musst einen schönen Schreck gekriegt haben.“
„Hab ich, aber jetzt ist er vorbei. Legt euch wieder schlafen“, brummte Wittiges ungnädig. „Ich glaube, meine Tugend ist nicht länger in Gefahr.“
„Nein, deine
Weitere Kostenlose Bücher