Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
Erbrechen bei jeder Mahlzeit vollzustopfen und so viel Wein und Bier in sich hineinzuschütten, dass sie nur noch der primitiven Unterhaltung von Gauklern und Narren folgen können, dachte Brunichild nachsichtig lächelnd. „Und wir sollten eine richtige Lateinschule für deine Nutriti gründen, was hältst du davon? Sie wachsen zu deinen wichtigsten Gefolgsleuten heran. Sollten sie nicht außer dem Umgang mit Waffen noch etwas anderes lernen?“ Die Nutriti erhielten keineswegs nur Unterricht in der Handhabung von Waffen, aber es würde von Vorteil sein, selbst Einfluss auf ihren Unterricht zu nehmen, denn auf diese zukünftigen Grafen, Herzöge, Heerführer und Bischöfe gründete sich auch ihre Herrschaft als Königin.
„Darüber sprechen wir, wenn wir in Reims sind. Das darf nicht überstürzt werden, denn nicht alle meine Leute legen Wert auf römische Bildung und darauf, dass ihre Söhne sich römische Sitten aneignen. Das ist eher etwas für die Leute im Süden. Ich denke, wir werden früher als vorgesehen die Huldigungstour durch die Provinzen beginnen. Warum sollten wir bis Ende Mai warten? Hier hält uns nichts. Sobald wir deinen Übertritt gefeiert haben, reisen wir ab.“
Brunichild wollte einwenden, dass sie auf Aletha und Wittiges warten wollte, aber vielleicht waren die beiden nicht mehr so wichtig. Oder sie konnten nachkommen. Ja, ihnen eine Anweisung zu hinterlassen, wohin sie ihnen nachreisen sollten, wäre das Beste. „Wie lange werden wir unterwegs sein?“
„Bis zum Herbst. Dann bringe ich dich nach Reims. Wieso fragst du?“
„Irgendwann werde ich zu schwerfällig zum Reisen sein. Aber bis dahin bleibt ja noch viel Zeit. Ich bin der Meinung, unser Sohn sollte in Reims zur Welt kommen.“
Einen langen Moment schwieg Sigibert. Sie stellte sich vor, wie die wunderbare Nachricht langsam in seinen Geist einsickerte und dort hin und her gewendet wurde.
„Bist du dir sicher? Jetzt schon?“ Er sah ihr prüfend ins Gesicht.
„Nein, ich bin mir nicht sicher. Eigentlich ist es noch zu früh dazu. Aber heute meinte Sidonia, sie sehe es mir an, und sie habe einen magischen Blick dafür. Hoffentlich stimmt’s.“
Sigibert ließ sich schwerfällig auf die Knie sinken, umfing sie mit beiden Armen, verbarg sein Gesicht in den Falten ihrer Röcke und schniefte heftig, als atme er tief den Duft ein, den nur eine junge, gesunde, mit einem Kind gesegnete Frau ausströmen konnte. „Das wird Chilperich aber mächtig ärgern“, nuschelte er. „Er kann den Gedanken aufgeben, mich eines Tages zu beerben.“
Brunichild hatte Mühe, ihm zu folgen. War das alles, was ihn bewegte?
„Hat er wirklich darauf gehofft?“, fragte sie mit schwacher Stimme und mehr zu sich selbst. Der Gedanke hatte durchaus eine gewisse Logik, aber in Sigiberts Stimme war eindeutig Gehässigkeit und Schadenfreude aufgeklungen.
„Da du gerade von Erbe sprichst“, fuhr sie beherzter fort. „Wie kommt Chilperich dazu, schon vor Chariberts Tod über die Teilung des Erbes zu verhandeln? Das ... das ist ...“ So unverständlich von einem Mann, den ich als besonnen, liebenswürdig und gutwillig kennenlernte, hatte sie fortfahren wollen, aber Sigibert unterbrach sie.
„... niederträchtig, gemein, raffgierig, nicht wahr? Von Chilperich ist nichts anderes zu erwarten. Er hat schon immer früher als wir anderen Brüder das Maul weit aufgerissen, um sich die besten Bissen hineinzustopfen.“
Sigibert steigerte sich in etwas hinein, von dem Brunichild nichts wissen wollte. Sie dachte an das, was Chilperich ihr gegenüber behauptet hatte: dass die beiden fast gleichaltrigen jüngsten Söhne Chlothars als Kinder sehr aneinander gehangen hatten. Zwei liebenswerte Kerlchen, in brüderlicher Treue verbunden. Davon musste doch noch etwas übrig sein. Es kostete sie große Selbstbeherrschung, beim Thema zu bleiben und dabei nur neugierig, aber nicht innerlich beteiligt zu wirken. „Chilperich hat mir erzählt, bei der Teilung eures väterlichen Erbes sei er schlecht weggekommen. Er hätte den kleinsten Teil erhalten.“
Sigibert stand auf und ging zum Fenster. „Du scheinst interessante Gespräche zu führen, von denen ich keine Ahnung habe“, murmelte er. „Na, schön.“ Er wurde lauter. „Er hat tatsächlich den kleinsten Teil erhalten. Aber hat er auch erwähnt, dass dazu die ertragsreichsten Gebiete gehören? Vor allem viele der ehemaligen riesigen Fiskalgüter der Römer, Land, das jetzt ihm persönlich gehört. Er hat ein
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