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Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)

Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Maaser
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anwesend und unterhielt sich mit Gogo und einem anderen Herzog. Es waren ständig so viele Menschen um sie herum, und jeder beanspruchte die Aufmerksamkeit des Königs. Es gelang Brunichild nur selten, mit ihm ein Gespräch zu führen, das ihr das Gefühl gab, an den Vorgängen um sie herum beteiligt zu sein.
    „Du siehst wieder nicht weit genug“, sagte Sigibert leise. „Nicetus war fraglos ein verdienter Mann, der seine Aufgaben in vorbildlicher Weise erfüllte, und dafür war ich ihm immer dankbar. Der einzige Schatten auf seinem makellosen Schild der Ehre ist diese Familie. Und ich brauche das makellose Schild, das ich allen vorhalten kann, verstehst du? Ich brauche es für all jene, die nach ihm kommen, und für das Volk, das zu seinen Bischöfen aufschauen soll. Ohne die Bischöfe kann ich mein Land nicht zusammenhalten. Die alten Stammesfehden würden sofort wieder ausbrechen, bei denen jeder Stamm um seinen Vorteil kämpft. Die Bischöfe sind die größte und die gefährlichste Macht. Nur wenn ich Stärke und Unbeugsamkeit zeige, kann ich sie einigermaßen in Schach halten.“
    Brunichild verzog das Gesicht. „Alles hehre Worte“, sagte sie spöttisch. „Meinst du, es ist gerecht, den Einzelnen für das Ganze in den Staub zu treten?“
    Sigibert kämpfte mit seiner Ungeduld, das war ihm anzusehen. „Du hast einen Narren an der Frau und den Kindern gefressen, mit denen du nur diesen einen Abend verbracht hast.“ Und damit ließ er sie stehen.
    Sie dachte gar nicht daran, die Sache auf sich beruhen zu lassen, und wollte wissen, was aus der Familie geworden war. Hätte Guntram oder Chilperich genau so gehandelt? Wäre Chilperich eine solche Grausamkeit zuzutrauen? Seit einigen Tagen trug sie ständig sein Gedicht bei sich. Die außerordentliche Innigkeit und Feinfühligkeit der poetischen Verse wärmten sie. Sie waren voller Dulcedo .
    „ Mit hochgestimmter Liebe und zitternden Fingern gedenke ich deiner süßen Liebenswürdigkeit ...“ Brunichild konnte die Verse auswendig. „ Du bist im Innersten meiner Brust verschlossen, so dass es niemals heißen mag, du seiest fern von mir ...“ Sie zog das Blatt hervor und entfaltete es.
    „Du hast einen Brief erhalten?“, fragte Venantius und trat neugierig näher. Sie hatte sein letztes Gedicht auf Nicetus gelesen. Auch Venantius verstand etwas von Dulcedo , sein Gedicht war voll davon.
    Sie hielt ihm das Blatt hin. „Wie findest du das?“
    Stirnrunzelnd versenkte sich Venantius in den Text. „Die Verse kenne ich“, murmelte er, nachdem er die ersten Zeilen überflogen hatte, „ich erinnere mich nur nicht, woher. Sie müssen von einem der Dichter aus dem Süden stammen, die vertun sich öfters mit dem Versmaß. Schau, dieser Vers ist besonders unsauber. Ein mittelmäßiger Poet.“ Etwas wie Missgunst klang in seiner Stimme auf. Er schien es ihr zu verübeln, dass sie sich mit dem Werk eines anderen lebenden Dichters befasste. Über die toten sprach er gern und oft. „Willst du ihn hierher einladen?“
    „Ich danke dir.“ Brunichild zog dem Poeten das Blatt aus den Fingern, bevor er mit dem Lesen fertig war. Sie hatte genug gehört. Wie hatte sie nur glauben können, dass Chilperich sich die Mühe gemacht hatte, selbst etwas für sie zu dichten? Er hatte offensichtlich abgeschrieben.
    „Aber ...“, wandte Venantius verdutzt ein.
    „Ich wollte nur dein Urteil hören. Lass uns nicht mehr darüber reden. Hast du in Erfahrung gebracht, was aus Nicetus’ Familie geworden ist? Ich hatte dich gestern danach gefragt.“
    Venantius ließ den Blick schweifen. „Es war nicht ganz einfach. Aber ich habe über einen Kanzleischreiber etwas herausgefunden“, erklärte er im Verschwörerton. „Die Familie ist in der Gegend von Marseille auf ein Landgut geschickt worden, das dem Bischof gehörte. Sie dürfen dort bleiben, solange sie sich ruhig verhalten.“ Brunichilds Miene veranlasste Venantius, etwas hinzuzufügen. „Sei nicht bitter. Es ist für sie gesorgt, sie leiden keine Not. Denn sie durften alles Gold mitnehmen, das der Bischof in seiner Schatztruhe gehortet hatte.“
    „Das beruhigt mich“, sagte Brunichild trocken und atmete auf. Sie war überzeugt, dass Nicetus einiges an Gold in seiner Schatztruhe gehortet hatte.
    Das Zurückversetzen der Grenzsteine gestaltete Pontus zu einem feierlichen Akt, indem er über jeden Stein ein langes Gebet sprach und ihn anschließend mit weit ausholenden Gesten segnete. Alle Anwesenden waren tief beeindruckt.

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