Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
derjenige, mit dem Wittiges’ Vorgänger Gozbert die Fehde ausgetragen hatte.
„Ging es da schon um Grenzsteine?“, fragte Wittiges bedrückt, nachdem er alles gehört hatte. Im Stillen überlegte er, ob er die unredlichen Dörfler davonjagen sollte.
„Nein, angefangen hatte die Fehde mit Gozberts Bruder, der einen aus Edwins Familie...“
Wittiges ließ den Mann nicht ausreden, denn er erinnerte sich wieder an das, was er in Reims darüber erfahren hatte. „Danke, das genügt mir. Ich will nur das wissen, was mich betrifft. Karl, ich brauche jemanden, der sich mit dem alten Grenzverlauf auskennt.“
Erst zögerlich, dann immer nachdrücklicher nickte der Schmied. „Das bin ich. Verlass dich auf mich. Ich hab’s dir schon gesagt: Du kannst auf mich zählen!“
„Und die anderen?“ Wittiges schaute in die Runde.
Einer nach dem anderen beteuerte seine Treue, zwei merklich verlegen.
„Gut“, sagte Wittiges knapp. „Morgen werden die Grenzsteine an die alten Stellen gesetzt, und ihr alle sollt als Zeugen dabei sein - bis auf die zwei, die sich widerrechtlich an Grenzsteinen zu schaffen gemacht und mich um Land betrogen haben. Diese beiden verlassen mit ihren Familien das Dorf. Ich will ich sie hier nicht mehr sehen.“
Inzwischen war Alexander ins Haus geschlüpft und hatte sich einen Platz ganz hinten an der Wand gesucht.
„Bitte, schick uns nicht weg!“, flehte einer der Männer und kniete vor Wittiges nieder. „Ich leiste dir jede Genugtuung, die du verlangst, aber schick uns nicht weg. Wir wissen nicht, wohin.“
Wittiges fing Alexanders Blick auf, in dem die Bitte brannte, Gnade walten zu lassen. Totenstille herrschte, niemand wagte, sich zu regen. Wittiges krampfte sich der Magen zusammen. Jetzt kroch auch der zweite Mann auf den Knien zu ihm. „Nein“, sagte er kalt. „Ihr geht. Wärt ihr gestern gekommen und hättet euer Verbrechen eingestanden, hätte ich euch mit einer angemessenen Strafe belegt und euch hierbehalten. Jetzt nicht mehr. Ihr habt mir Treue gelobt, aber bewiesen, dass sie euch nichts gilt.“
Er würde sich nicht umstimmen lassen, obwohl ihn die Vorstellung, dass er zwei Familien ins Elend stieß, in den Schlaf verfolgen würde. Es blieb ihm gar keine Wahl, wenn er sich Respekt verschaffen wollte. Das erkannte auch Karl. Er bat, als er mit ihm und Alexander allein zurückblieb, nicht um Gnade für seine Nachbarn. Vielmehr versprach er, am nächsten Morgen zur Stelle zu sein und dafür zu sorgen, dass alle verfügbaren Männer mit Hacken und Schaufeln bereit standen. Mit einem durch und durch mulmigen Gefühl machte sich Wittiges mit Alexander auf den Rückweg zum Gutshaus.
„Wahrscheinlich macht es dir nichts aus, zwei Familien zu verlieren“, sagte Alexander ironisch.
„Komm mir nicht so!“, fuhr ihn Wittiges an und verfiel in ein trostloses Schweigen.
Im Stall- und Scheunenhof standen zwei Pferde und ein Maulesel. Wittiges lenkte Bauto über den Hof und ritt weiter. Pontus stand breitbeinig im Garten, die Hände in die Hüften gestemmt, und schimpfte mit den beiden alten Sklaven, die lustlos Tonscherben aus dem aufgeweichten Boden gruben.
„Pontus!“, schrie Wittiges und glitt aus dem Sattel.
Zwei Atemzüge später presste ihm Pontus in einer bärenhaften Umarmung die Luft ab. „Wo ist Aletha?“, keuchte Wittiges schließlich und befreite sich lachend. „Hast du sie mitgebracht?“, setzte er eine Spur ängstlich hinzu.
„Dreh dich um!“
Gerade schlüpfte Aletha durch einen halb zerfallenen Durchgang in den Garten. Sobald sie ihn sah, lief sie los, er rannte ihr entgegen und fing sie auf, als sie stolperte. „Langsam“, sagte er atemlos, „denk an die Karnickellöcher. Du brichst dir noch die Beine.“
„Aber du nicht?“ Sie lachte.
Sie wirkte müde, aber zufrieden.
„Geht es dir gut?“ Zärtlichkeit durchflutete ihn. Aber noch während er sie mit beiden Armen festhielt, erschien Alexander im Garten, und Aletha wandte sich sofort mit leuchtenden Augen zu ihm um.
„Wie steht es bei euch? Seid ihr vorangekommen?“, fragte sie ihn.
Wittiges ließ sie los. „Kommt mit“, forderte er die drei ernüchtert auf. „Was wir zu bereden haben, besprechen wir unter uns.“ Er ging voran in ihren kleinen Wohnhof. „Wann seid ihr eingetroffen?“, fragte er Pontus und mied Alethas Blick.
Aletha und Alexander hatten sich untergehakt und setzten sich dicht nebeneinander. Sie lehnte den Kopf an seine Schulter, straffte sich aber rasch, als fiele
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