Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
den Besuch bei dir eine Streitmacht zu meinem Schutz?“, fragte Wittiges und legte die Hand auf den Knauf seines Schwerts, lächelte aber friedfertig. Geräusche verrieten ihm, dass sich hinter ihm etwas tat. Vielleicht hätte er Karls Warnung doch ernst nehmen sollen.
„Ich bin Theodo, aber das weißt du sicher schon. Nein, du brauchst keine Armee.“ Der Bauer machte eine Handbewegung, und wer immer sich mit finsteren Absichten von hinten den Besuchern näherte, entfernte sich. „Tretet ein. Habt ihr Durst? Es gibt frisches Bier“, sagte Theodo mit einem Anflug von Stolz.
Das hörte sich vielversprechend an. Wittiges entspannte sich ein wenig. Wenn Theodo ihnen etwas zu trinken anbot, war das ein guter Beginn für eine friedliche Nachbarschaft. Eine junge Magd brachte das Bier, Theodo selbst schenkte ein. Das Bier war würzig und herrlich erfrischend. Jetzt erst merkte Wittiges, wie ausgedörrt seine Kehle war. Pontus trank seinen Becher in einem Zug leer, rülpste laut und ließ sich nachschenken.
„Euch schmeckt es“, stellte Theodo anerkennend fest. „Und ich dachte, du bist einer aus dem Süden, der gutes Bier nicht zu schätzen weiß“, fuhr er an Wittiges gewandt fort. Also hatte Theodo schon Erkundigungen über seinen neuen Nachbarn eingeholt. Und er hatte abgewartet, statt sich selbst zu rühren. Der Mann war nicht dumm.
Die hübsche Magd, die schon das Bier gebracht hatte, trug nun einen Korb mit frischem Brot herein, das Theodo ihnen ungehend reichte. Jetzt waren sie Tischgenossen, und das bedeutete, Theodo bot einen Friedenspakt an, auf den Wittiges so rasch nicht gehofft hatte. Fraglich war nur, ob es dabei bleiben würde, wenn er die Grenzsteine zur Sprache brachte.
„Dumm nur“, seufzte Theodo auf, „dass ich wohl nicht oft Gelegenheit haben werde, dich als Gast zu begrüßen. Als Anstrustio hast du selten Zeit für dein Gut. Ich kann mich kaum daran erinnern, Gozbert jemals in seiner Villa angetroffen zu haben.“
„Ich habe nicht vor, mein Gut zu vernachlässigen“, erklärte Wittiges ruhig. „Du kannst dich darauf verlassen, dass ich zur Stelle sein werde, wenn es darauf ankommt.“
Theodo gab sich mild erstaunt. „Dann wärst du der Erste. Ich nehme an, dass du noch nicht lange Anstrustio bist und dich mit deinen Pflichten nicht so recht auskennst. Es heißt, Sigibert will seine Leute stets um sich haben. Und gerade jetzt, da er endlich eine Königin hat, wird er auf seine Hofhaltung mehr Wert legen als zuvor.“
Theodo hatte Wittiges drei Felder, zwei Wiesen und ein Stück Wald mit gutem Holz gestohlen. Die Äcker waren sorgfältig kreuz und quer gepflügt und die Saat gut aufgegangen. Wenn nichts dazwischenkam, weder Hagel noch Dürre, musste es eine ansehnliche Ernte geben. Wintergetreide, von dem Wittiges nicht einmal träumen konnte, da es im zeitigen Herbst ausgesät wurde. Er würde froh sein, wenn er noch etwas Hafer und Sommergerste in die Erde bekäme.
„Reims ist nicht weit“, gab Wittiges zu bedenken.
„Es geht nicht um Reims“, erklärte Theodo, „in Reims bist du nur im Winter. Aber in der guten Jahreszeit, wenn die Hauptarbeit anfällt, wirst du mit dem König von Pfalz zu Pfalz ziehen.“ Theodo beäugte ihn mit schief geneigtem Kopf. „Ich könnte dir Land abkaufen. Etwas Wald, ein paar Felder.“
„Du meinst jene, die du dir bereits angeeignet hast? Wir haben heute Morgen die Grenzsteine wieder dorthin gesetzt, wohin sie gehören. Das solltest du bedenken, wenn du noch einmal mein Land betrittst. Nein, ich verkaufe nicht. Aber danke für das Angebot.“
Theodo blinzelte, als wäre ihm Rauch in die Augen geraten, ansonsten war ihm keinerlei Erregung anzumerken. Ein kalter Hund. „So, die Grenzsteine.“ Er ballte eine Faust auf dem Tisch und öffnete sie wieder. „Was weißt du schon von dem Land hier?“
„Nicht mehr, als das, was ich in einigen Tagen in Erfahrung bringen konnte. Aber falls du auf mein Wissen über Landbestellung, Viehhaltung und so weiter anspielst: Ich bin auf einem Gut aufgewachsen und kenne mich aus. Was hat dich veranlasst, Grenzsteine zu versetzen?“, fragte er brüsk. Wenn er weiter drum herum redete, würde ihn Theodo nie ernst nehmen.
Theodo fuhr von seinem Sitz auf und ließ sich langsam wieder darauf niedersinken. „Erhebst du Anklage gegen mich?“
Wittiges ließ sich von seinem drohenden Ton nicht beeindrucken. „Dort, wo ich aufgewachsen bin, gilt die Versetzung von Grenzsteinen als Kapitalverbrechen.
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