Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
lauter Edelsteinen in die Stirn grub. Alles in allem musste diese Ausstattung mehr wiegen als eine Kriegerrüstung. Aber Gailswintha hielt sich so gerade, als spürte sie das Gewicht nicht.
„Ist sie glücklich?“, wiederholte Brunichild ungeduldig. „Du warst eine ganze Woche lang dort. Hast du das Reden verlernt?“
„Ich kann dir nicht sagen, ob sie glücklich ist.“ O doch, das kannst du, wies sich Aletha in Gedanken selbst zurecht. „Sie wirkte wie entrückt. Ich glaube, das Fest hat sie überwältigt. Der ganze Prunk galt ja ihr. Du hättest die Herzöge und Grafen aus Chilperichs Gefolge sehen sollen. Einer nach dem anderen knieten diese mächtigen Männer vor deiner kleinen Schwester nieder, um den Huldigungseid zu leisten.“
„Leovigild hat ihr achtzehn Wagen voller Schätze mitgegeben, ich hatte nur sechzehn“, murmelte Brunichild und knetete die Enden des Wollschals. „Das hat mir Sigibert erzählt, und er weiß es von Wittiges.“ Sie hielt inne, weil ihr etwas einfiel. „Was waren das für goldene Teller? Hast du sie dir angesehen?“
„Der, von dem ich aß, gehörte zu deiner Brautausstattung. Das kleine Muster auf der Rückseite, mit der der Goldschmied alle deine Teller markiert hat, war gut zu erkennen.“
„Schön zu wissen, dass meine Teller jetzt zum Hausstand meiner Schwester gehören“, sagte Brunichild grimmig. Damit hatte sie den endgültigen Beweis, dass es Chilperich, dieser Hund, bei dem Überfall auf ihrer Reise nach Metz nicht nur auf sie, sondern auch auf ihren Schatz abgesehen hatte. „Gibt es sonst noch etwas?“
„Nur das übliche Geschwätz. Die schönste Braut, die man je gesehen hat, und die vornehmste, da kommt selbst das Kaiserhaus in Byzanz nicht mit und so weiter ... Überhaupt wurden ständig Vergleiche mit Byzanz gezogen.“
„Chilperich als Kaiser des Westens? Sigibert hält ihn für größenwahnsinnig“, warf Brunichild ein. „Was noch? Lass dir nicht alles aus der Nase ziehen.“
Kommt darauf an, was du meinst, dachte Aletha. „Ich hab nur einmal mit deiner Schwester gesprochen, abends, da war sie schon sehr müde. Sie lässt dich herzlich grüßen und bedauert, dass alles anders kam, als sie sich das vorgestellt hat.“ Aletha sah in den Garten hinaus. „Sie dachte, sie heiratet Sigibert. Erst auf der Reise hierher hat man ihr die Wahrheit gesagt. Sie wollte nicht von zu Hause weg, sie hat furchtbar gejammert, als sie Abschied nehmen musste. Ihr einziger Trost war, dass du sie hier erwartest. Sie sagt, du hast ihr einen Brief geschrieben, aus dem sie den Mut schöpfte, sich auf die Heirat einzulassen. Eigentlich wollte sie gar nicht heiraten.“
Es war eine ganze Weile still. Brunichild dachte an den Brief und die Wendungen, die ihr nun schwülstig und schwärmerisch vorkamen und die anscheinend zu einem verhängnisvollen Missverständnis geführt hatten. Venantius verdankte sie diesen maßlos übertriebenen Stil. Ihr ganzer aufwallender Ärger richtete sich gegen den Dichter, diesen Schleimer und Einschmeichler. Es wurde Zeit, dass er verschwand, bevor er weiteres Unheil anrichtete. Arme Gailswintha, die noch nie zwischen Schein und Wirklichkeit unterscheiden konnte. „Hat sie was über die Hochzeitsnacht gesagt?“
Aletha dachte gerade wieder an ihre Begegnung mit Fredegund im Garten. Die Kleine war bis zum Wasserbecken gelaufen und drauf und dran, über den niedrigen Rand zu klettern. Fredegund achtete nicht auf das Kind, und das Becken war tief.
„Willst du deine Tochter nicht von dort wegholen?“, hatte Aletha gefragt. „Das ist doch dein Kind?“ Es war eine rhetorische Frage, denn das flammend rote Haar sprach für sich. Wo hatte Fredegund die Kleine bisher versteckt?
In diesem Moment betrat Chilperich den Garten. Mit raschen Schritten eilte er zum Becken. Anscheinend hatte er die Gefahr erkannt, in der das Kind schwebte.
„Ja, kümmere dich um deine Tochter“, rief ihm Fredegund zu und wandte sich mit einem maliziösen Lächeln wieder an Aletha. „Ich geh doch besser selbst. Sie ist so wenig an ihn gewöhnt.“
Das Kind schrie, als Chilperich es hochhob. Fredegund ging ihnen gemächlich entgegen und teilte Aletha mit einem Winken über die Schulter mit, dass sie keine Zeit mehr für Geplauder hatte. Aletha hatte die Zusammenhänge rasch durchschaut, zumal sie in den letzten Monaten allerhand über das gezielte Verbreiten von Neuigkeiten und das Aufdecken von Geheimnissen gelernt hatte. Das hier war eine höchst brisante
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