Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
Traufen. Die Mauern leuchteten, dabei schien nicht einmal die Sonne. Aber der Sommer mit seiner lauen Luft war überall spürbar. Brunichild fand es geradezu unerträglich, in einem Kerker aus Trauer und Wut gefangen zu sein und die schöne Jahreszeit wie aus weiter Ferne an sich vorüberziehen zu lassen. Sehnsüchtig sog sie die frische Luft ein.
In den Ställen war es ruhig, denn die meisten Pferde waren auf den Kriegszug mitgenommen worden. Der vordere Stallhof war eine stattliche Anlage in Form eines weiten, kunstvoll gepflasterten Gevierts mit einem Brunnenbecken in der Mitte, umgeben von Marmorbänken, und Ställen mit schattigen Laubengängen. Ein wenig erinnerte dieser Hof an die Pracht von Toledo.
„Wie wird dieser Krieg ausgehen?“, fragte Brunichild. Sie traten in den Schatten eines Laubengangs und von dort durch eine weit geöffnete Tür in den Stall. Die Wachleute blieben unschlüssig draußen, und da sie keinen Befehl erhielten, wagten sie nicht, ihnen zu folgen. Endlich war Brunichild mit Wittiges allein.
Bella stand wieder einmal neben Bauto, der leise zur Begrüßung wieherte und seinem Herrn sein weiches Maul entgegen streckte. Wittiges tätschelte es und strich Bella über den Hals. Jede Geste verriet die große Vertrautheit mit den beiden Pferden.
„Du hast gehört, was ich vorhin sagte. Letztlich kommt es auf Guntram an. Aber der ist ein Zauderer. Vermutlich will er erst einmal sehen, auf welche Seite das Brot fällt.“
„Aber ich dachte, ihm liegt der Frieden so sehr am Herzen.“ Bella begann, an Brunichilds Haar zu knabbern.
„Das stimmt schon. Zufällig weiß ich aber auch, dass er Sigibert gern Arles abjagen würde.“
„Davon hast du vorhin nichts erwähnt.“ Brunichild befreite ihr Haar und klopfte der Stute sanft auf die Flanke, während sie über den nächsten Schritt nachdachte. Sie musste Wittiges in Bedrängnis bringen. Wie ging sie am geschicktesten vor? „Bella steht zu viel im Stall. Sie wird dick. Sie ...“ Langsam wandte sie sich Wittiges zu, blankes Entsetzen im Blick. „O, nein, nicht schon wieder!“
„Was?“ Wittiges wich ein Stück zurück.
Brunichild rückte nach. „Frag nicht so dumm. Du hast es wieder getan!“
Unsicherheit flackerte in seinem Blick auf, das musste sie ausnutzen.
„Du hast zugelassen, dass dein schafsnasiger Gaul sie wieder deckt“, rief sie anklagend.
Sein Erschrecken verriet ihr genug. Aber ebenso rasch fasste er sich. „Na und! Die Pferde lieben sich nun mal“, erklärte er herausfordernd. „Wenigstens sie sollten sich lieben dürfen“, setzte er leise hinzu. Leidenschaft flammte in seinen Augen auf und verriet, wie sehr er sie begehrte.
„Und jetzt hoffst du, dass ich dir auch dieses Fohlen schenke?“ Brunichild konnte nicht verhindern, dass ihre Mundwinkel zuckten. Lachend rückte sie ihm näher, und er merkte es nicht einmal, bis er mit dem Rücken an Bella gelehnt dastand. „Und jetzt sag mir“, forderte sie, urplötzlich ernst werdend. „Wie meine Schwester gestorben ist.“
Wittiges erschrak. Er konnte nicht ausweichen. Dazu stand sie zu dicht vor ihm, ihre Körper berührten sich, ihre Hand legte sich besitzergreifend auf seine Brust, während sie mit bebender Stimme auf ihn einredete.
„Du musst es mir sagen. Bei allen Heiligen, ich habe ein Recht auf die Wahrheit. Ich kann so nicht weiterleben. Jede Nacht martern mich Albträume. Was habe ich verbrochen, dass ihr alle schweigt oder mir Lügen auftischt? Die Ungewissheit ist die Hölle. Ich habe überall herumgehorcht, und ich weiß, du warst dort, als es geschah. Du kennst die Wahrheit. Sag sie mir.“
Er roch ihren süßen Atem. Und in ihrem Blick entdeckte er eine Qual, die seiner eigenen glich, auch wenn sich die Ursachen unterschieden.
„Wenn dir das Geringste an mir liegt, sagst du mir rückhaltlos, was du weißt.“
Er ergriff sie am Arm, drängte sie zurück. „Also gut. Vielleicht ist es besser, wenn du Bescheid weißt.“ So nüchtern wie möglich berichtete er ihr von seinem grausigen Erlebnis in Soissons. Brunichild schluchzte laut auf, als er die Würgemale an Gailswinthas Hals erwähnte. Aber als sie erfuhr, dass Fredegund und Chilperich den Leichnam zum Fenster hinaus geworfen hatten, hörte sie auf zu weinen. Als sie wieder zu sprechen begann, waren ihre Augen trocken.
„Also ist Chilperich der Mörder meiner Schwester und Fredegund seine Komplizin, wenn nicht gar die Anstifterin zu dieser Tat“, raunte sie. Mit halb gesenkten
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