Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
erwiderte Wittiges ironisch.
Gogo lachte rau. „Kann ich mir denken. Aber auf wessen Seite wird er sich schlagen? Ist er bereit, Chilperich vor Tours in den Rücken zu fallen? Er hat seine Truppen schneller dort als wir. Er braucht doch nur von Saintes nach Norden vorzustoßen, dann hat er ihn am Kragen.“
„Nur ist er nicht in Saintes, sondern in Lyon. Um von dort aus zu operieren, müsste er erst einmal durch Limoges, und das gehört Chilperich. Das ist ja das Verhängnis. Das ganze Land ist ein lausiger Flickenteppich“, stöhnte Wittiges.
„Wie wahr“, pflichtete ihm Gogo bei. „Aber das ist hier nicht der springende Punkt. Er könnte den Heerbann in Saintes aufrufen lassen und von einem seiner Patrici gegen Chilperich ins Feld schicken. Gibt es von Guntram nichts weiter zu erhoffen, als die vage Bekundung, dass er besorgt ist?“
Wittiges grinste angespannt. „Nun ja. Er hat mich ausgefragt und alles über unsere Truppenstärke wissen wollen. Ich habe ihm weisgemacht, dass wir Soissons praktisch in der Hand halten. Das stimmt ja auch. Wo hält sich Chilperich auf?“
„Wittiges! Warum beantwortest du nicht die Frage, die dir Gogo gestellt hat? Wie steht es mit Guntrams Unterstützung?“, fuhr Brunichild dazwischen.
„Gleich!“ Wittiges hob beschwichtigend die Hand. „Können wir die Ratte in ihrem Bau festsetzen?“
„Nein, er ist uns entwischt und nach Beauvais ausgewichen“, antwortete Gogo.
„Jammerschade. Schade auch, dass er nicht selbst vor Tours steht, sondern nur seine Heerführer. Guntram will verhandeln und den Krieg beenden, ehe er richtig losbricht, und Chilperich davon überzeugen, dass er gegen Sigibert nicht gewinnen kann.“
„Überzeugend ist nur eine unmissverständliche Drohung durch ein Heer bewaffneter Krieger. Warum begreift Guntram das nicht?“, wetterte Gogo. „Du reitest morgen zu Sigibert. Unterrichte ihn von deiner Unterredung mit Guntram, und ich schicke jemanden nach Köln. Wir brauchen Verstärkung.“
Wittiges nickte. „Das einzige Argument, das Chilperich überzeugen könnte, ist eine Übermacht auf unserer Seite. Wenn du erlaubst, reite ich vorher nach Hause und sehe nach dem Rechten. Ich kann von meinen Gut aus nach Soissons weiterreisen.“
„Einverstanden. Ich war seit Monaten nicht mehr auf meinem Gut, obwohl es nur zwei Stunden von hier entfernt liegt.“ Gogo trat an einen Tisch, auf dem Schreibgerät und Pergament bereit lagen und vertiefte sich in ein Sendschreiben. Wittiges verbeugte sich erst vor dem Herzog, dann vor Brunichild und wollte das Zimmer verlassen, aber sie kam ihm nach.
„Warte. Ich begleite dich. Ich brauche etwas frische Luft und will dir noch einiges auftragen, was du Sigibert ausrichten sollst.“
Draußen im Vorzimmer wartete Sidonia mit einer zweiten Kammerfrau. Brunichild war es gleichgültig, was die beiden dachten, wenn sie mit Wittiges allein den Palast verließ. In Kriegszeiten, fand sie, herrschten andere Regeln, außerdem verhandelte sie oft genug mit Gogo ohne Zeugen hinter verschlossenen Türen. Sie war die Königin, sie hatte das Recht, die Regeln zu bestimmen und schickte die beiden Frauen, die sich ihr anschließen wollten, fort. Nur zwei Wächtern gestattet sie, ihr in gebührendem Abstand zu folgen.
Der Palast war im Sommer wesentlich angenehmer als im Winter. Überall hingen luftige Vorhänge aus hellen, heiteren Stoffen, der Boden mit seinem Mosaik glänzte, weil Brunichild größten Wert auf Sauberkeit legte. Jede Woche wurden in allen Räumen Räucherpfannen geschwenkt, die wohltuende Düfte verbreiteten, und die Böden gründlich gekehrt. Mit Alethas Unterstützung hatte sie Wandbehänge in Auftrag gegeben, die nicht nur die Räume schmückten, sondern im Winter auch wärmten. Viele der Zimmerfluchten waren kaum heizbar, und so viele Eisenöfchen konnten gar nicht aufgestellt werden, um die Temperaturen in den riesigen Empfangssälen einigermaßen erträglich zu halten.
Wittiges wunderte sich bestimmt, dass sie bis in den Stall mitkam.
„Du willst nicht etwa mit mir ausreiten oder?“, fragte er verunsichert und achtete darauf, ihr nicht zu nahe zu kommen.
Erstaunte Blicke folgten ihnen. Brunichild schritt langsam und gemessen einher und tat so, als bemerke sie das Aufsehen nicht. „Nein, nach Vergnügen steht mir nicht der Sinn. Ich wünschte nur, es wäre nicht alles so trist und kummervoll.“
Von den Dächern pfiffen die Spatzen, Schwalben schossen im Tiefflug zu ihren Nestern unter den
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