Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
eigenen Hände? Und so gefährlich war die Reise auch wieder nicht. Wesentlich sicherer jedenfalls, als den Purpur von Konstantinopel übers Meer bis hierher zu schaffen. Konstantinopel war der Hauptumschlagplatz für diese Ware, hatte Alexander von anderen Händlern erfahren. Auf dem Meer drohten nicht nur Stürme, sondern auch Piratenüberfälle. In den fränkischen Städten dagegen standen alle Fremden, also auch die Fernhändler, unter dem Schutz der Bischöfe.
Josephus schüttelte den Kopf. „Ich werde alt, und das Reisen über Land ist mir zu beschwerlich. Das bekommt meiner Gicht nicht.“ Mit einem schiefen Lächeln streckte er einen Fuß vor, der dick verbunden war. „Vielleicht werde ich noch ein, oder zweimal das Meer überqueren und dann mein Haus verkaufen und mich in meiner Heimat zur Ruhe setzen. Es wird Zeit für mich aufzuhören.“
Der Diener trat wieder ein, diesmal mit einem größeren Tablett, und Alexander musste sich einige Pasten und Pulver anschauen und daran riechen. Alles in allem verwirrte ihn diese Prüfung nur.
„Weißt du, woher der echte Purpur stammt und wie er gewonnen wird?“
Vom Wein benebelt, schüttelte Alexander den Kopf. War die Frage überhaupt wichtig?
„Purpur wird von einer Schneckenart gewonnen. Du benötigst etwa achttausend Schnecken, um eine Messerspitze Purpur zu gewinnen. Verstehst du jetzt, warum die Farbe so teuer ist?“
Alexander antwortete nicht.
„Es ist ein kleines Organ in den Schnecken, das einen besonderen Saft absondert. Das Organ wird herausgeschnitten, für einige Tage in Salz gelegt und anschließend in Urin gekocht. Und zwar so lange, bis die Flüssigkeit zu einer Paste verdickt ist. Diese Paste wird von den Wollfärbern wieder verdünnt.“
„Und die Farbe? Die Paste ist gelb“, warf Alexander ein.
„Die eigentliche Farbe entsteht, wenn der Stoff dem Sonnenlicht ausgesetzt wird und an der Luft trocknet.“
Alexander ließ sich noch einmal das Tablett mit dem echten Purpur reichen und dann das andere. Ohne ein erkennbares Zeichen von Ungeduld beobachtete Josephus, wie sein Gast mehrmals an den Proben roch und Farbe und Beschaffenheit der Pasten und Pulver aufmerksam studierte. Josephus war mit dieser Prüfung voll und ganz einverstanden. Der junge Mann mit seinem zurückhaltenden Auftreten gefiel ihm. Mit den kurz geschnittenen, dunklen Locken sah er wie ein Grieche aus, tatsächlich ähnelte er den herrlichen Statuen der klassischen Zeit. Für Jugend und Schönheit hatte Josephus eine Schwäche. Ja, er wünschte dem jungen Mann Glück bei seinem Handel. Ganz richtig stufte er ihn als freigelassenen Sklaven ein, der sich ein Geschäft aufbauen wollte. Er drängte nicht zum Abschluss, sondern ließ erst noch ein leichtes Mahl auftragen und plauderte eine Weile, ohne den Handel noch einmal zu erwähnen. Wie er erwartet hatte, gab Alexander am Ende bekannt, den Kauf tätigen zu wollen. Um ihm seine Wertschätzung zu beweisen, überreichte er ihm ein Säckchen Weihrauch als Geschenk.
„Es war mir eine Freude, dich als Gast in meinem Haus gehabt zu haben“, sagte er zum Abschied aufrichtig. „Möge dir der Gott deiner Väter wohlgesinnt sein.“
Wohin nun mit allem? Alexander stand vor der Tür, die sich hinter ihm geschlossen hatte, und versuchte, seinen Einkauf, das Geschenk und den leeren Geldbeutel in seinem Gewand unterzubringen. Ein Glücksgefühl durchrieselte ihn. Er würde Wittiges alles brühwarm erzählen und dabei das ganze erfreuliche Geschäft noch einmal durchleben.
Wittiges! Er wusste von nichts. Ob er das Geschäft mit dem Purpur gutheißen würde?
„Wen haben wir denn hier?“ Eine Hand legte sich auf Alexanders Schulter. Erschreckt blickte er auf, als ihm jemand den Beutel aus den Fingern zog.
„Schau her!“, rief Ingomer. „Da ist ja mein Beutel! Und das Geld? Wo ist das Geld geblieben?“
Falco hielt Alexander mit einer Hand fest, mit der anderen entriss er ihm das Päckchen und das Säckchen mit dem Weihrauch und warf beides Ingomer zu. „Hat sich in das da verwandelt, schätze ich.“
Die Aura von roher Gewalt, die die beiden Franken umgab, schüchterte Alexander augenblicklich ein. Nur zu gut erinnerte er sich seiner ersten Auseinandersetzung mit den beiden. Ein Schweregefühl breitete sich in seinen Beinen aus, Übelkeit und die Vorahnung eines unausweichlichen Verhängnisses überkamen ihn und lähmten seinen Verstand.
Ingomer riss das Päckchen auf und zog scharf die Luft ein. „Ist ja
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