Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
betretenen Mienen von einem Fuß auf den anderen.
„Mein Sohn“, flüsterte Pontus dem Verurteilten zu. „Fasse Mut. Gott ist mit dir und er hat dir deine Sünden längst vergeben. Bist du nun bereit für das Letzte?“
Der Mann nickte unmerklich.
„Ich werde hier sein und bis zu deinem letzten Atemzug für dich beten.“ Pontus erhob sich bedächtig, trat beiseite, kniete sich wieder hin, umklammerte sein Kreuz und betete. Beklemmende Stille breitete sich aus, nur unterbrochen von seiner Stimme, die weit über den Platz trug. Zögernd setzte das Steinewerfen wieder ein.
Nur wegen Pontus harrten Wittiges und Alexander aus. Es war grauenhaft, wie lange es noch dauerte, bis das Leben aus dem zerschlagenen Körper wich. Inzwischen stießen die wenigen verbliebenen Zuschauer Verwünschungen gegen den König aus, der das Urteil anscheinend persönlich ausgesprochen hatte. Während Pontus den Toten segnete, entlockte Wittiges einem der Vollstrecker den Grund für die Hinrichtung.
„Willst du wissen, was der Mann getan hat, um eine solche Strafe auf sich zu laden?“, fragte er erbittert Pontus, als sie den Platz verließen.
„Eigentlich nicht“, winkte Pontus ab. „Aber du wirst es mir sicher gleich erzählen.“
Und das tat Wittiges auch.
„Nur wegen Wilddieberei!“ Alexander schauderte. „Verstehst du endlich, weshalb ich mit der Sippschaft dieser Fürsten nichts mehr zu tun haben will? Franken! Sie sind alle gleich mordlüstern.“
„Ich bin auch ein Franke“, sagte Pontus, „falls dir das entgangen ist.“
„Würde mich nicht wundern, wenn ...“
„Schweig!“, befahl Wittiges, und Alexander verstummte gekränkt.
Wittiges fragte sich zum Palast durch, hieß seine Gefährten draußen warten und kehrte mit der Nachricht zurück, dass Brunichild wenige Stunden zuher abgereist war. Sie und ihre Begleitung würden bis zur nächsten größeren Stadt mit einer Anlegestelle am Fluss entlang nach Norden reiten. Trotz Pontus’ Protest legte Wittiges keine Rast ein, sondern ritt sofort weiter. Es lag ihm viel daran, Brunichild bis zum Abend einzuholen. Deshalb trieb er Bauto und die beiden Maultiere unerbittlich an, die ihm viel zu langsam waren. Dunst trieb über den Flussufern und hüllte die Landschaft ein. So konnte er den Tross, die Menschen, die Pferde, das Quietschen schwerer Räder eher hören als sehen.
Sie hatten ihr Ziel beinahe erreicht. Es war später Nachmittag. Im Nieselregen zeichneten sich Gestalten ab, schnelle Reiter. Geschrei erhob sich. Waffengeklirr.
Aus dem Augenwinkel gewahrte Wittiges, dass Pontus seine Messer hervorholte, während er selbst sein Schwert zog. „Bleib, wo du bist!“, schrie er über die Schulter Alexander zu und schnalzte mit der Zunge. Bauto fiel in Galopp.
Es war schwer, auszumachen, wer gegen wen kämpfte. Wittiges sah, wie ein Reiter vom Pferd herab den Lenker eines Ochsengespanns niedermachte, sich selbst auf das Lenkbrett schwang und die Ochsen antrieb. Ein Kampf um die anderen Karren entbrannte. Priscus steckte mitten darin. Ja, es war eindeutig Priscus. Wittiges wäre ihm zu Hilfe geeilt, wenn er nicht nach Brunichild Ausschau gehalten hätte. Irgendwo in dem Durcheinander aus schreienden Menschen und wiehernden Pferden, aus Krawall und Lärm musste sie stecken. Wäre nur dieser nebelartige Regen nicht gewesen, in dem Freund und Feind kaum auseinanderzuhalten waren.
Auf einmal erblickte er Gogo. Ein Pfeil ragte aus seiner Schulter. Trotz der Verletzung schwang der Herzog sein Schwert wie ein Berserker. Wer waren nur die Angreifer? Und wo zum Himmel steckte Brunichild?
Bauto wieherte laut, und irgendwo aus dem Gewühl kam eine Antwort, die den Hengst in eine bestimmte Richtung zog. Schon fast ohne Hoffnung ließ ihn Wittiges gewähren. Und dann tauchte Brunichild auf Bella aus dem Nebel auf -, Bauto hatte die beiden gefunden.
Brunichild wehrte sich gegen zwei Angreifer gleichzeitig. Sie ließ ihre Stute steigen und setzte mit einem gewaltigen Sprung an ihren Angreifern vorbei, die vergeblich versuchten, die Zügel ihres Pferdes zu erhaschen. Wittiges brauchte Bauto nicht anzutreiben. Der kleine Hengst stürmte der Stute nach, und zu Wittiges’ großer Überraschung erschien Pontus neben ihm, schwenkte aber herum und stellte sich den Verfolgern.
Aus dem Dunst tauchten neue Reiter auf, allen voran ein groß gewachsener Mann auf einem feurigen Hengst. Brunichild schrie etwas und galoppierte ihm entgegen. Aber plötzlich stolperte Bella über eine
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