Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
Seite.“
„Einen hab ich selbst erledigt.“
„Dann haben sie den auch mitgenommen. Sie wollten keine Spuren hinterlassen. Aber da gibt es noch etwas.“
„Was?“
„Ein Ochsenkarren ist verschwunden. Sollen wir den Dieben nachsetzen? Bisher hab ich keinen Befehl dazu gegeben. Ich hielt es für besser, das Lager zu bewachen.“
„Richtig, Prinzessin Brunichilds Sicherheit geht vor. Ich möchte meinem König nicht mit der Nachricht unter die Augen treten müssen, dass wir seine Braut verloren haben. Und jetzt bring mir einen Becher Wein, fallst du welchen auftreiben kannst.“
Priscus hatte für Wittiges und seine Begleiter ein Zelt aufbauen lassen, in das sie kurz darauf schlüpften. Aber vorher hatte Wittiges Gogo das Versprechen abgerungen, dass niemand Hand an Alexander legen durfte und ihre Angelegenheiten baldmöglichst verhandelt wurden.
Obwohl noch nicht wirklich wiederhergestellt, suchte Wittiges Priscus auf, um sich über Sigiberts Bruder Chilperich unterrichten zu lassen. Priscus äußerte sich allzu zurückhaltend. Deshalb horchte sich Wittiges weiter um und ließ sich von verschiedenen Kriegern ihre Sicht des Überfalls schildern. So ergab sich nach und nach ein Bild. Nachdenklich kehrte er zu den anderen zurück.
Pontus schalt ihn aus. „Du solltest längst schlafen statt draußen herumzugeistern. Du bist auf dem Weg, dir etwas einzufangen, das du nie mehr loswirst. Na, was ist? Schmerzt der Kopf noch?“
Wittiges fasste sich an den Verband und verzog das Gesicht. „Darüber mache ich mir weniger Sorgen.“
„Worüber dann?“, fragte Alexander leise und hielt ihm einen Becher Wein hin. Wittiges trank dankbar.
„Es ist alles sehr merkwürdig. Da wird die Reisegesellschaft der Prinzessin aus dem Hinterhalt überfallen, und just in diesem Augenblick taucht König Chilperich auf, um Brunichild zu retten. Und so rasch, wie er kam, ist er wieder verschwunden.“
„Was willst du damit sagen?“, erkundigte sich Pontus.
„Ich sag lieber gar nichts mehr“, murmelte Wittiges und rollte sich zum Schlafen auf die Seite.
Am nächsten Morgen fand unter Gogos Vorsitz vor seinem Zelt eine Verhandlung statt. Der geschwächte Zustand des Herzogs zeigte sich in seiner leicht gekrümmten Haltung, sonst ließ er sich nichts anmerken. Mit knappen Worten eröffnete er die Gerichtssitzung.
Ingomer bezichtigte Alexander erneut des Diebstahls und beschwor mit dem üblichen Eid, dass der leere Geldbeutel, den er ihm abgenommen hatte, sein Eigentum sei. Als Zeugen bot er Falco auf. Wittiges widersprach heftig und wollte Alexander aussagen lassen, aber als Beschuldigter hatte dieser nichts zu melden. Wie es aussah, konnte Wittiges nicht schlüssig beweisen, dass der Beutel und das darin enthalten gewesene Geld ihm gehörte. Die Sache war verloren, und Ingomer forderte lautstark, Alexander am nächsten Baum aufzuhängen, eine gerechte Strafe für einen schweren Diebstahl.
Gogo zögerte.
Aufgekratzt forderte Falco jetzt auch noch die ausstehende Entschädigung für sein totes Pferd. Wittiges konnte sich im Stillen nur dafür verfluchen, dass er alle Warnungen Alexanders, sich den Franken wieder anzuschließen, in den Wind geschlagen hatte. Niemand ergriff für ihn oder Alexander Partei. Hilfesuchend blickte er zu Priscus hinüber, der an der Verhandlung nur als Beobachter teilnahm. Und tatsächlich trat Priscus vor und erklärte ruhig und bestimmt, dass er Wittiges mehrmals einige Solidi als kleines Geschenk für die Behandlung seines Pferds überreicht und den Lederbeutel in dessen Besitz gesehen habe. Er sei bereit, es zu beschwören.
Schließlich entschied Gogo. Er nahm Wittiges’ und Priscus’ Aussagen ernst, doch damit war die der Gegenpartei nicht völlig entkräftet. Die Sache blieb unentschieden.
Jedem musste klar sein, dass die Verhandlung eine Farce war. Wittiges packte stiller Zorn. Weder wurde sein Verlust ausgeglichen noch Alexander vom Vorwurf des Diebstahls frei gesprochen. Falco und Ingomer, die wahren Schuldigen, gaben sich zudem empört und mussten von Gogo dazu gezwungen werden, eine eidliche Erklärung abzugeben, sich zu keinen Gewalttaten gegen den Sklaven hinreißen zu lassen, dessen Schuld nicht erwiesen war. Zähneknirschend zahlte Wittiges am Ende zehn Solidi für das tote Pferd und drei Solidi Strafe für mangelnde Sorgfalt in Ausübung seiner Tätigkeit als Stallmeister. Das einzig Gute war, dass Alexander vorerst nichts zu befürchten hatte. Aber der Ausgang der
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