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Der Geliebte

Titel: Der Geliebte Kostenlos Bücher Online Lesen
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Zirpen inne.
    »Bleiben wir hier wohnen, Mama?«, fragte Isabelle schüchtern.
    »Ja, mein Schatz. Hier bleiben wir wohnen. Das hier wird unser neues Haus. Gefällt es dir? Ein richtiges Schloss, was?«
    Isabelle hörte nicht zu. »Müssen wir dann Französisch reden? Fleur und soleil ?«
    »Französisch ist doof«, sagte Bastian.
    »Ja, Schatz, wir müssen Französisch sprechen. Aber nicht zu Hause, das ist nicht nötig. Zu Hause sprechen wir schön weiter Niederländisch, wie wir es gewohnt sind. Papa hat sogar eine Satellitenschüssel aufgebaut, damit ihr niederländisches Fernsehen gucken könnt. Zoop und SpongeBob .«
    »Wann müssen wir in die Schule?«
    »Ab Donnerstag, ihr könnt noch viermal ausschlafen.«
    »So bald schon?«, rief Bastian.
    »Und sprechen da alle … anders als wir?«, fragte Isabelle.
    »In der Schule sprechen sie alle Französisch. Die anderen Kinder und die Lehrerin auch. Aber das lernt ihr bestimmt ganz schnell, und dann könnt ihr noch vor Weihnachten besser Französisch sprechen als Papa und Mama. Das geht ganz fix, sag ich euch.« Ich spulte die Weisheiten ab, die ich in irgendwelchen Internetforen gelesen hatte.
    Isabelle fasste nach meiner Hand und schmiegte sich an mich.
    Ich hatte einen Kloß im Hals.
    » Madame? «, spricht der Polizist mich noch einmal an, als wäre er sich nicht sicher, ob ich ihn auch wirklich sehe und höre.
    Verwirrt schaue ich ihm in die Augen, suche darin Wärme, vielleicht auch Verbundenheit, zumindest aber Menschlichkeit. Routiniert schaut er zurück. Von seiner klammheimlichen Freude, oder was immer es war, ist nichts mehr übrig. Kein Mitleid, keine Wärme.
    »Ich will meinen Mann anrufen«, sage ich.
    Eric muss zutiefst beunruhigt sein. Heute Morgen hat er mit ansehen müssen, wie ich abgeführt wurde. Mit Handschellen über den Hof, flankiert von zwei bewaffneten Polizisten. Während das Polizeiauto die Zufahrt hinaufruckelte und ich durch die Heckscheibe verzweifelt zu Eric zurückblickte, sah ich die zunehmende Bestürzung in seinem Gesicht.
    Zum Glück waren Isabelle und Bastian noch im Bett. »Das geht nicht«, entgegnet er. »Sie dürfen drei Tage lang keinen Kontakt zur Außenwelt haben. So ist es vorgeschrieben.«
    Ich kneife die Augen zusammen, versuche, Ruhe zu bewahren.
    »Aber mein Mann …«
    » Je suis désolé - tut mir leid. Ich kann Ihnen nicht helfen.«
    Ein Anwalt, schießt es mir durch den Kopf. Eine Vertrauensperson, mit der ich reden kann und die hier frei ein und aus gehen darf. Jemand, den ich bitten könnte, Eric zu beruhigen und ihm zu sagen, dass ich ihn liebe, ihn und die Kinder.
    Ich blicke auf. »Ich will einen Anwalt.« Es klingt genauso verzweifelt, wie ich auch tatsächlich bin.
    Der Polizist schüttelt den Kopf. »Das geht erst nach dem Verhör, madame .«
     

4
     
    Ich schaue oft in den Himmel. Tagsüber, wenn er von Flugzeugen durchkreuzt wird, wenn Wolken übers Land ziehen. Aber noch lieber nachts, wenn dort oben die zahllosen kleinen Lichter angehen, unfassbar, unerreichbar. Dann stelle ich mir vor, ein Teil von ihnen zu sein. Aufzusteigen und in den unendlichen Sphären millionenfach zu zerspringen. Es ist ein unerfüllbarer Wunsch, eine Sehnsucht.
    Wenn die eigenen Erwartungen zu hoch sind, ist man von allem enttäuscht.
     
    Der große Lichtblick des Tages bestand darin, dass die Kinder an ihrem ersten Schultag beim Abschied nicht zu heulen anfingen. Tapfer winkten sie mir, bevor sie in das Schulgebäude hineingingen, wo die Erwachsenen und die anderen Kinder sich in einer Sprache verständigten, die sie nicht beherrschten.
    Der absolute Tiefpunkt des Tages war mein eigener Heulanfall, den ich auf dem Rückweg im Auto bekam. Ich wusste nicht einmal, warum ich eigentlich heulte. Weil ich so stolz auf sie war? Weil sie mir so leidtaten? Oder beides?
    Die ganze erste Schulwoche über fand ich keine Ruhe. Ich musste quasi ständig an die beiden denken. Isabelle und Bastian in einer neuen Klasse mit einer fremden Lehrerin und fremden Kindern, von denen sie als wandelnde Sehenswürdigkeiten betrachtet wurden. Während sie ihrerseits kein Wort verstanden. Sie waren bestimmt unsicher und ängstlich. Diese Gedanken gingen mir den ganzen Tag über nicht aus dem Kopf, sodass ich mich keinen Augenblick lang entspannen konnte. Ich versuchte, immer in der Nähe des Telefons zu bleiben, für den Fall, dass der Schulleiter anriefe. Aber das Telefon blieb stumm. Auch in den nächsten Tagen und Wochen schlugen Bastian und

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