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Der General und das Mädchen

Der General und das Mädchen

Titel: Der General und das Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Art Blicke, die fragten, ob sie vielleicht den General erschossen haben könnte, sondern die viel direktere Art, wie auf dem Viehmarkt.
      Es war 23.16 Uhr, als der Staatsanwalt eintraf. Er war ein kleiner, schmaler Mann um die fünfzig mit einer Halbglatze. Er schritt militärisch scharf aus, wobei er nach links und rechts den Kopf neigte und in unglaublich schneller Abfolge sein Lächeln ein- und ausschaltete. In seinem Kielwasser schwamm ein dicklicher junger Mann mit einem Teiggesicht und mit einer dicken, ausgebeulten Aktentasche, die er demonstrativ neben der Leiche abstellte, als wollte er sagen, daß von nun an alles Tote und Lebendige an diesem Platz ihm gehörte.
      »Doktor Faßbender!« bellte der Staatsanwalt. »Stellen Sie zunächst fest, was festzustellen ist!« Der kugelige Dicke wollte sich ihm nähern, aber er winkte mit einer scharfen Geste ab. »Später, später. Zuerst das Opfer.«
      Der junge Doktor Faßbender kniete also neben dem Kopf des Generals nieder, sah ihm in die Augen, faßte vorsichtig an die Nasenspitze der Leiche, beugte sich weiter und dichter darüber und fragte dann: »Irgendwelche Anhaltspunkte, die Todeszeit betreffend?«
      »Etwa gegen zwanzig Uhr«, half ich aus. Der wichtige Dicke sah mich strafend an, als habe ich verbotenerweise einem Mitschüler vorgesagt.
      »Kann hinkommen«, sagte Doktor Faßbender, »kann durchaus sein. Nehmen wir ihn mit?«
      »Selbstverständlich«, sagte der Staatsanwalt.
      »Wohl kaum«, murmelte der Dicke milde.
      Der Schönling, mit dem er gesprochen hatte, setzte hinzu: »Unmöglich. Wir brauchen ihn.« Es war eindeutig, er war Amerikaner.
      »Etwas eigenartig«, meinte der Staatsanwalt in milder Ironie.
      »Das wollte ich Ihnen erklären«, murmelte der Dicke. »Kommen Sie mal beiseite.« Er ging mit dem Staatsanwalt unter die Buchen, und sie sprachen kurz miteinander.
      »Doktor Faßbender«, sagte der Staatsanwalt dann leise und verwirrt, »füllen Sie die üblichen Unterlagen aus. Vermutliche Tatzeit, vermutliche Todesursache und so weiter. Legen Sie mir die Sachen morgen früh auf den Tisch. Wir gehen wieder.« Er sah den Dicken an, als sei vielleicht noch Hoffnung, etwas zu retten. »Und wegen der Zeugen?«
      Der Dicke senkte artig den Blick und schüttelte den Kopf.
      »Geht uns alles nix an«, seufzte der Staatsanwalt verbittert.
      »Wie Sie meinen.« Auch Doktor Faßbender war verwirrt. Dann zog er aus seiner großen Aktentasche eine Polaroidkamera und fotografierte das Gesicht des Toten aus nächster Nähe.
      »Sammy!« befahl der schöne Mann in einem Ton, als habe er es mit einem Irren zu tun.
      Sammy war ein dunkelhaariger, hünenhafter Mann mit sehr weichen, schnellen Bewegungen. Er machte ein paar Schritte zu dem Arzt hin und nahm ihm das Bild weg, das gerade surrend aus der Kamera gerutscht war. »Sorry«, sagte er und zerriß es mühelos. Faßbender starrte seinen Vorgesetzten hilfesuchend an, aber der half nicht.
      Bevor sie um die Ecke verschwanden, wünschte der Staatsanwalt mühsam gefaßt: »Einen schönen Abend, die Herren!«, und alle antworteten im Chor: »Schönen Abend!« Der kugelige Dicke entschied: »Meine Herren, wir sehen uns zur Abschlußbesprechung im oberen Raum. Und Sie, Frau Suchmann, und Sie, Herr Baumeister, warten bitte noch auf meine Weisungen.«
      Sie reagierte wie eine trotzige Fünfzehnjährige: »Das hältst du im Kopf nicht aus, wenn du einen hast.«
      Die Männer trampelten alle wieder in das Haus, an der Leiche vorbei, die Wendeltreppe hinauf. Es gab Stockungen, weil sie sich offensichtlich bemühten, die Treppe in der Reihenfolge der Hierarchie zu erklimmen.
      »Kannten Sie ihn gut?« fragte sie.
      »Ja und nein. Es gibt hier in der Eifel ein paar Männer, die allein leben und sich mögen, weil sie irgendwie ähnliche Typen sind. Ich habe ihn im August letzten Jahres kennengelernt.«
      »In Bonn sicher.«
      »Nein, hier in einem Steinbruch. Er beobachtete Rote Milane, und ich war hinter einem Bergmolchpärchen her. Dann trafen wir uns bei mir oder bei ihm. Ganz zwanglos zu einem Tratsch.«
      »Hat er erwähnt, ob seine Kinder in der letzten Zeit bei ihm waren?«
      »Nein. Er sprach nie oder selten über Privates. Ich wußte gar nicht, daß er Kinder hat. Wo sind diese Kinder?«
      »Johannes ist in Hamburg an der Bundeswehrakademie. Die Tochter lebt in Washington, Trude heißt sie. Sie ist da verheiratet.«
      »Wenn ich

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