Der General und das Mädchen
Kassettengerät hoch, als handele es sich um ekelerregende Tiere.
»Du fotografierst. Der Apparat macht alles allein. Und ich diktiere, was ich so sehe.«
Im oberen Raum war das Bett in seine Einzelteile zerlegt, die Decken aufgeschlitzt. Der lederne Schreibtischstuhl war zerschnitten, der Schreibtisch auseinandergeschraubt. Wenn eine Schraube zu fest gesessen hatte, so war sie herausgebrochen worden. Kein Buch stand mehr in den dunkel gebeizten Regalen, die offensichtlich mit Stemmeisen aus der Wand geschlagen waren.
»Der Film ist voll«, rief sie atemlos.
»Im Wagen sind neue. Ich leg sie dir ein.«
Nach einer Weile kam sie herauf. Ratlos fragte sie: »Wer macht so etwas?«
»Auf jeden Fall jemand, der sich stundenlang Zeit nehmen konnte: Nach dem Fund der Leichen ist hier polizeilich abgesperrt worden. Erst dann konnten die Leute ins Haus. Und das kann niemand gewesen sein, der sehr heimlich arbeiten mußte.«
»Sieh dir das mal an, die haben sogar das Futter von den Teppichen aufgetrennt. Was haben die gesucht?«
»Das Gutachten, von dem du erzählt hast. Was sonst?«
»Aber das ist ja schlimmer als im Mittelalter.«
»Das waren damals dieselben Leute.«
Wenig später sagte sie von unten: »Die haben sogar den Briefkasten abgeschraubt und die Garderobenbretter. Die müssen doch vollkommen irre sein!«
Rechts neben dem Bett des Generals war in der Außenmauer eine Tür, ungefähr siebzig mal siebzig Zentimeter groß. Sie wurde normalerweise vom Bett verdeckt, denn sie war in Fußbodenhöhe eingelassen. Ein kleiner Riegel hielt sie fest. Ich schob den Riegel zurück und öffnete die Tür. Dahinter lag ein kleiner, tiefer Schrank, fast ganz ausgefüllt von einer stählernen Trommel, auf die ein Feuerwehrschlauch aufgerollt war.
»Komm rauf. Du mußt hier fotografieren.«
Als sie die Treppe hinaufkam, sagte unten eine Männerstimme zornig: »Seid ihr denn verrückt, Leute?«
»Wer ist denn da?« fragte ich so natürlich wie möglich.
»Ja, wer ist hier schon? Der Nachbar«, sagte der Mann.
Wir stiegen die Treppe hinunter. Da stand er, schmal und abgearbeitet, neben der Tür und schaute fassungslos auf das Chaos. Er war vielleicht 60 Jahre alt.
»Was macht ihr hier?« fragte er scharf. »So kann man doch kein Haus zurichten!«
»Wir sind auch gerade erst gekommen, wir machen so eine Schweinerei nicht.«
Er starrte mich mißtrauisch an. »Mein Gott!« sagte er schließlich tonlos und balancierte in den Raum hinein. »Sie sind der Journalist, der ihn gefunden hat, was?«
»Ja. Haben Sie denn niemanden gesehen?«
»Wie denn?« sagte er abwesend. »Erst war die Polizei da, als man die anderen Leichen fand. Das war sicher eine Hundertschaft. Dann kam überhaupt keiner mehr. Außerdem kann ich das von mir aus nicht sehen. Wie kann man bloß ein Haus so kaputtmachen?« Und dann noch leiser: »Gut, daß er es nicht mehr erlebt. Wer war denn das bloß?«
»Wir wissen es nicht. Sagen Sie, da oben ist ein Fach in der Außenmauer, mit einem Feuerwehrschlauch drin...«
Er sah mich an und lächelte schmal. »Ja, ja, ich weiß. Das ist aber kein Brandschlauch.«
»Was ist es dann?«
»Kommen Sie mal mit«, sagte er vertraulich und suchte sich einen Weg zur Wendeltreppe. Er ging in die Ecke neben das Bett und murmelte: »Alles für die Katz.« Dann faßte er mit einer Hand neben die Schlauchtrommel und drückte auf eine Feder. Der Schrank schwang lautlos nach draußen, und ich konnte plötzlich die Sonnenflecken auf dem Waldboden sehen.
»Er hatte ja auch gar keinen Anschluß für einen Druckschlauch«, erklärte der Bauer Wirges mit wissendem Lächeln. »Verstehen Sie das Ding?«
»Nicht die Spur«, sagte ich verblüfft.
»Ganz einfach. Wenn Sie hier die Feder am Schlauchende drücken und einen Fuß in diese Triangel stellen, segeln Sie langsam nach unten wie in einem Fahrstuhl. Und wenn Sie unten angekommen sind, können Sie verschwinden.« Er grinste matt. »Sie haben sogar noch eine Kanone in der Hand. Er hat lange dran rumgefummelt.«
»Wie bitte?« Ich war nur noch verwirrt.
»Es ist so. Sie stehen in der Triangel, der Schlauch wickelt sich langsam ab. Und wenn Sie unten sind, brauchen Sie das Ding nur noch zu entsichern.« Er zeigte mit einem krummen Zeigefinger auf eine Parabellum Fire-queen, die gut geölt in einer Feder auf der Schlauchtrommel befestigt war. Sie war erst
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