Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der General und das Mädchen

Der General und das Mädchen

Titel: Der General und das Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
Vom Netzwerk:
Pensionär habe er mehr zu tun als vorher. Aber er sagte nicht, an was er sonst arbeitete.«
      Die Kellnerin kam; wir hatten beide keine Lust auf richtiges Abendbrot und bestellten einen Eisbecher.
      »Du wirst einfach vorfahren, ganz offen an die Haustür gehen und hineinmarschieren. Wenn alles in Ordnung ist, knipst du ein Licht an, am besten im ersten Stock. Ich komme dann irgendwie möglichst unauffällig nach.«
      »Okay.«
      Wir fuhren hinunter in die Ebene auf die Autobahn und verließen sie an der Ausfahrt Meckenheim-Merl. Es ging in ein reines Siedlungsgebiet, dann sagte sie: »Links, die Häuser. Otmars Haus ist das vorletzte.«
      »Setz du dich hinter das Steuer. Wo ist der Parkplatz?«
      »Rechts von hier, am Ende der Straße.«
      Sie lächelte mir zu, als ich ausstieg; es sollte aufmunternd sein, wirkte aber eher wie Zahnweh. Dann rollte sie langsam davon. Ich ging die Gärten entlang und entdeckte erleichtert, daß die meisten Leute nicht zu Hause zu sein schienen - keine Lichter in den Fenstern.
      Es ging in einen schmalen Fußweg zwischen zwei Häusern. Dann kam ein kleiner Platz mit zwei Holzbänken unter vier ganz jungen Platanen. Da war ein Kinderspielplatz von der Art, wie alle Kinder ihn hassen. Nach rechts ging es in den Fußweg, an dem die Hauseingänge lagen. Der Weg selbst führte geradeaus in ein Waldstück. Die Rückfront der Gärten bestand aus massiven, gut über zwei Meter hohen Zäunen aus Bohlen und Planken, so dicht gesetzt, daß man nicht einmal hindurchsehen konnte. Elitäre Isolation. Ich zog mich vorsichtig auf den Zaun hinauf, von dem ich annahm, daß er das Grundstück des Generals begrenzte. Es war niemand in den Gärten, die Häuser lagen völlig dunkel da. Dann ging irgendwo links im Obergeschoß das Licht an, und ich sprang in den Garten hinunter, ein Stück Rasen mit einigen Ziersträuchern, nicht größer als ein paar Badetücher.
      Sie öffnete die Terrassentür, es quietschte leise. Sie murmelte: »Hier sieht es genauso aus wie in der Eifel. Alles kaputtgemacht. Diese Vandalen!«
      »Fotografier wieder. Ist dir irgend etwas Besonders aufgefallen?«
      »Nichts. Ich finde es nur fürchterlich obszön.«
      »Geheimdienste brauchen keine Rücksicht zu nehmen.«
      Wir arbeiteten sehr konzentriert. Sie fotografierte, ich diktierte, was ich im Licht der Taschenlampe sah. Auch hier alle Bücher aus den Regalen gekippt, die Regale aus der Wand gerissen, Sessel und Sofas aufgeschlitzt, Bilder von der Wand genommen und fortgeworfen. Im Bad hatten sie sogar den Wasserkasten der Toilette aus der Wand geschraubt. Es war, als hätten brutale Außerirdische vorgehabt, die Lebensumstände der Menschen zu erforschen.
      »War das Siegel an der Haustür verletzt?«
      »Ja.«
      »Schließ hinter dir ab und geh zum Parkplatz.«
      »Findest du es nicht komisch, daß in dieser Häuserzeile kein Mensch zu Hause ist?«
      »Ferien werden sein. Die Kinder sind groß.«
      »Aber die Schulferien haben doch noch gar nicht begonnen.«
      »Wir Einbrecher haben eben Glück«, sagte ich und lief durch den Garten zum Zaun. Ich kletterte hinüber und lief durch den Wald gemächlich zum Auto zurück. Sie war schon da.
      »Irgend etwas stimmt doch da nicht«, drängte sie weiter. »Ausgerechnet in diesen sechs Häusern ist kein Mensch, und alle anderen sind normal bewohnt.«
      »Vielleicht haben die hier eine Bürgerinitiative und besaufen sich im Biergarten.«
      »Baumeister, sei doch nicht so blöde, mach doch die Augen auf. Fahr mal an den Häusern entlang, irgendwo sitzen Leute im Garten.«
      Sie hatte recht. Im letzten Garten auf der Gegenseite saß eine Runde offensichtlich fröhlicher Menschen.
      »Laß mich mal«, murmelte ich, aber sie kam hinter mir her. Ich mußte ein Gartenpförtchen öffnen, das mir bis zur Wade reichte. Dann ging es über einen mit Kunststeinen ausgelegten Weg durch millimeterkurzes Gras.
      »Guten Abend«, sagte ich höflich. »Können Sie uns vielleicht weiterhelfen?«
      Der, der gerade den letzten Witz gelandet hatte, war ein bulliger, rotgesichtiger Mann, der irgendwann in der nächsten Zeit plötzlich an Hochdruck sterben würde. »Na sicher doch«, grölte er. »Kommet her zu mir, die ihr einsam und verloren seid. Ha, ha, ha!«
      »Es ist so«, stotterte ich betont schüchtern. »Wir hatten eine Einladung von General Ravenstein, das vorletzte Haus, andere Seite. Wir kommen hin, und kein

Weitere Kostenlose Bücher