Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der General und das Mädchen

Der General und das Mädchen

Titel: Der General und das Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
Vom Netzwerk:
Behörde, ich solle die um Himmels willen sofort auf freien Fuß setzen.«
      »Und warum haben die sich geprügelt?«
      »Sie sagten uns, das ginge nur sie etwas an. Ich habe die Erfahrung gemacht, daß Geheimdienstler der Meinung sind, gewöhnliche Polizisten seien in der Regel dumm. Und weil sie das glauben, kriegt man eine ganze Menge mit, wenn man die Ohren spitzt. Wie es aussieht, haben sich die Geheimdienste um den General regelrecht gestritten. Schon in Washington. Dabei müssen sich der Militärische Abschirmdienst, der Bundesnachrichtendienst und die CIA furchtbar darüber in die Wolle gekriegt haben, wer den General bemuttern darf.«
      »Das ist nicht neu«, sagte ich. »Der BND hat einmal sechs Monate lang einen Spion aus Moskau in der deutschen Botschaft in Beirut überwachen lassen, obwohl der vom deutschen Verfassungsschutz eingeschleust war. Na, dann passen Sie mal auf: Hier sind ein paar Fotos.« Ich legte ihm die Fotos der Männer vor, die aus Bonn eingeflogen waren und von denen Böhmert an jenem Abend so gut wie nichts zu Gesicht bekommen hatte.
      »Das sind sie!« entschied er sehr schnell. »Der schmale Dunkelhaarige hier ist der deutsche Markus, und dieser blonde Kleiderschrank ist Roosevelt. Daß Sie die alle fotografiert haben! Sie sind ziemlich respektlos, nicht wahr?«
      »Kann man sagen«, entschied Germaine begeistert. Dann berichtete sie, was wir erlebt und herausgefunden hatten, und ich fragte im Abschluß: »Was wissen Sie über die Tatwaffe, das Kaliber, die Entfernung Täter-Opfer?«
      »Offiziell weiß ich nichts, aber inoffiziell war es ein Remington-Gewehr, ziemlich teures Stück. Der General wurde aus zwei Entfernungen erschossen. Die ersten drei Kugeln erwischten ihn aus drei Metern, die nächsten vier aus etwa anderthalb Metern. Das ist vermutlich so zustandegekommen, daß er sich sterbend gezwungen hat, auf den Schützen zuzugehen, bei dem hoffnungslosen Versuch, ihn zu stoppen...«
      »O Gott«, sagte Germaine und begann still zu weinen.
      »Beim alten Mattes war der Schütze etwa einhundertzwanzig Zentimeter entfernt. Bei Carlo ist die Sache ganz eindeutig. Wahrscheinlich hat sich die Tat so zugetragen: Der Mörder erschoß den General und flüchtete nach hinten durch den Hochwald. Vermutlich hatte er irgendwo ein Auto stehen. Mattes kam ihm in die Quere, und er erschoß ihn. Dann ging er den Pfad zurück, um einen anderen Fluchtweg zu suchen. Dabei traf er auf Carlo. Nach Ansicht der Spurenleute haben die beiden vermutlich miteinander gesprochen, ehe Carlo sich umdrehte und wegrannte. Das war aber noch nicht das Ende: Der Geschoßkanal in Carlos Kopf läßt nur einen Schluß zu - Carlo hat vor dem Schützen gekniet, und der hat aus einer Entfernung von knapp dreißig Zentimetern geschossen.«
      »Was ist mit Carlos Waffe? Wir müssen sie suchen.« sagte Germaine und schluchzte noch einmal auf.
      »Wir sollten das jetzt sofort machen«, sagte Böhmert entschlossen. »Eigentlich muß ich mich strikt da raushalten, aber ich tue es nicht.« Er sah seine Frau an. »Kommst du mit?«
      Sie nickte, nahm Germaine um die Hüfte, und sie gingen vor uns her zum Auto. Böhmert kutschierte uns auf die Hohe Acht. Er fuhr am offiziellen Tor des ehemaligen Munitionslagers vorbei. »Um die Ecke ist alles vergammelt, da können wir rein, ohne aufzufallen. Hier vorne, gleich hinter dem Eingang, war die ständige Wache, Häuser für Unterkünfte, Kantine, Waschhäuser, Verwaltungsbauten.«
      »Weshalb wurde das aufgegeben?«
      »Weil alles überirdisch ist.« Er sah Germaine an. »Welche Nummer hatte der Schuppen, in dem er schoß? Wissen Sie das noch?«
      »Zweiundzwanzig.« Böhmert hielt direkt hinter einer wuchernden Holunderhecke; der Wagen war von der Fahrspur aus kaum zu sehen. Wir stiegen aus und gingen durch ein Loch, das der Rost in den Zaun gefressen hatte. Zwischen den hohen Erdwällen suchten wir nach dem Schuppen mit der Nummer zweiundzwanzig.
      Germaine erklärte: »Er stand an der Wand und schoß auf eine Pappfigur am anderen Ende. Da liegt sie!« Sie wollte schon darauf zurennen, aber Böhmert sagte scharf: »Halt!«
      Germaine stand da, etwas geduckt, sie wußte nicht, was sie falsch gemacht hatte.
      »Lassen Sie mich vorgehen«, meinte Böhmert betont freundlich. »Wir müssen versuchen, möglichst keine Spuren zu zerstören. Sagen Sie, was hatten Sie genau für einen Eindruck von Carlo? Sie haben ihn doch gesehen, ganz kurz

Weitere Kostenlose Bücher