Der General und das Mädchen
nicht bei der Bundeswehr«, sagte Martha Mechernich verblüffend hart.
»Nein, nein, ich bin Biologe, ich mache biologische Untersuchungen in der Eifel. Wir sahen uns oft: er mit seinen Malereien, ich mit meinen Untersuchungen. Wir wollten uns beim General treffen, um mit ihm zu Abend zu essen ...«
»Ein General?« fragte Mechernich unsicher.
»Ja, ja, der General!« meinte Martha Mechernich ungeduldig. »Karl hat mir davon erzählt.«
»Mir aber nicht!« sagte Mechernich grob und schnell.
»Du hattest ja auch Inventur damals im Februar.« Sie wandte sich zu mir. »Ja, ja, ich weiß. Das ist doch dieser abgesprungene General, dieser... na ja, den der Minister geschaßt hat. Karl sagte, der Mann träumt immer vom Frieden, ein Spinner muß das sein, ein richtiger Spinner. Du weißt doch noch, wie der Amerikaner hier war, der so heißt wie einer von diesen Beatles. Na ja, der hat doch damals mit Karl gesprochen, daß er dem General mal auf den Zahn fühlt. Ein Spinner ist der doch...«
»Ja, ja, ich weiß«, sagte ich. Mir verschlug es den Atem. Jetzt bloß nicht ablenken! Die Frau nicht aus dem Thema lassen! »Also, ich meine den Spinner-General, um den Karl sich kümmern sollte. Ach ja, ich habe hier übrigens noch ein Foto von dem Amerikaner.« Ich zog es aus der Tasche und legte es vor Martha Mechernich auf den Tisch.
»Ja, ja«, sagte sie und reichte es ihrem Mann weiter. »Der wollte, daß Karl den General beobachtet.«
»Davon weiß ich aber nix«, grollte Mechernich wieder und betrachtete das Foto des amerikanischen Schönlings.
»Mein Lieber«, sagte Martha Mechernich mild, »ich habe dir immer wieder gesagt, daß deine Saat eines Tages aufgehen wird. Unser Karl war eine Zeitlang auch so ein bißchen auf Abwegen, und mein Mann sagte ihm immer: Du wirst eines Tages begreifen, daß Frieden nun weiß Gott nicht alles ist.« Sie wandte sich wieder freundlich aufklärend an ihren Mann. »Karl hat das begriffen, er hat dich wirklich verstanden, er war nämlich so eine Art Aufpasser für den General.«
»Ja?« fragte Mechernich zögerlich.
»Aber ja!« sagte ich laut. »Auf den General mußte ... auf den mußte man wirklich aufpassen. Karl paßte auf, für die Amerikaner und für die Bundeswehr.«
»So habe ich es auch verstanden«, sagte Mutter Mechernich zufrieden. »Er hat sich doch sogar überreden lassen, mit dem General in den Urlaub ins Tessin zu fahren.«
»So war es!« bestätigte ich. »Er war verantwortungsbewußt für einen so jungen Menschen.«
»Davon wußte ich nix«, sagte Mechernich leise und erstaunt.
»Sie wollten sagen, wie es war«, bat sie.
Mach es kurz, Baumeister. Du weißt jetzt genug, also mach es kurz. »Er ist ausgerutscht und mit der Maschine gegen einen Felsen geprallt.«
»Ja, also, ein sauberer Tod war das dann ja wenigstens. Ich sage ja auch immer bei den Tieren, wichtig ist, daß...«
»Bleiben Sie noch auf einen Kaffee?« unterbrach ihn seine Frau brüsk.
»Auf keinen Fall. Ich will noch zu dem Amerikaner hier. Haben Sie seine Adresse?«
Martha Mechernich überlegte. »Er war wohl von der amerikanischen Botschaft. Die haben sich über die Moni kennengelernt.«
»Moni?« fragte ich.
»Na ja, eine kleine Kellnerin aus dem Tanzschuppen. Karl hat mal für sie geschwärmt.« Sie sah hastig auf ihren Mann. »Es war nichts Ernstes, ein Schwarm eben. Sie war Kellnerin. Blue Grass heißt das Lokal, wir verkehren da ja nicht.«
Ich stand auf und vermied es, ihnen die Hand zu geben. Auch sie standen auf und sagten Dankeschön. Sie ließen mich allein zur Wohnungstür gehen und standen jeder für sich versunken in ihrer teuren Wohnlandschaft.
Vollkommen verspannt vor Aufregung stand ich auf der Straße. Alles roch plötzlich nach Verschwörung, und ich bereute es schon halb, erneut in die Geschichte eingestiegen zu sein.
Um das Blue Grass zu finden, brauchte ich keinen journalistischen Spürsinn. Die Adresse stand im Telefonbuch.
Draußen vor dem Lokal stand eine Holztafel auf dem Gehsteig, die besagte, man bekäme ein Jägerschnitzel (garantiert 200 Gramm) mit Pommes frites und Salat für nur 12,60 DM. Außerdem sei >jeden Tag Tanz< mit aktuellen Bands<.
Glücklicherweise heulte nur eine Musikbox, immerhin mit AI Jarreau. Der Laden war brechend voll, wenngleich der Grund nicht erkennbar war.
Wenn Lokale überfüllt sind, bemühe ich mich, die Theke zu
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