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Der General und das Mädchen

Der General und das Mädchen

Titel: Der General und das Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Ihnen streiten. Sie recherchieren. Sie haben sogar in Berlin recherchiert. Ich halte keine Stunde mehr still, ich lasse Sie verhaften, wenn sich das wiederholt.«
      »Dann haben Sie mir also den Berliner Schläger geschickt.«
      »Machen Sie sich doch nicht lächerlich«, murmelte er voll Verachtung. »Es ist nicht meine Sache, wenn Sie unter Verfolgungswahn leiden.«
      »Sicherlich.« sagte ich. »Worte der Unschuld.«
      »Sie haben trotz der Auflagen recherchiert«, stellte er erneut fest und machte deutlich, daß er mit Typen wie mir nicht konnte und auch nicht können wollte.
      »Das ist doch offensichtlich auch nötig. Vergessen Sie nicht: Ich bin fast immer schneller als Ihr Verein«, sagte ich. »Ich teile Ihnen also offiziell mit, daß ich weiter recherchieren werde.«
      Ich hatte das Katz-und-Maus-Spiel endgültig satt. Ich wollte wissen, wie weit er gehen würde.
      Er sah mich verblüfft an. Dann faßte er sich wieder. »Demokratie ist sicher eine feine Sache«, führte er aus, »aber sie erfordert Disziplin. Sie haben keine Disziplin. Mit anderen Worten: Es wäre Ihnen vermutlich nur recht, wenn ich Sie festnehmen ließe. Denn dann würden Sie darüber auch noch schreiben. Aber warten Sie, da haben wir ganz andere Methoden.«
      »Jetzt langt's mir aber. Ich habe das alles auf Band; mit den Photos müßte sich das großartig machen.« Ich hoffte, ich klang eiskalt. »Und falls einer Ihrer frustrierten Typen mich auch nur beim Pinkeln behindert, komme ich vorbei und haue Ihr Büro zu Klump.«
      »Das darf doch nicht wahr sein.« Er war so entgeistert, daß ihm nichts mehr einfiel.
      »Doch, doch, und ob. Sie können sich darauf verlassen.« Ich drehte mich um und marschierte hinaus. Auf dem Gang war niemand zu sehen. Ich wußte, daß ich ihn zu hart angegangen hatte, aber das war jetzt nicht mehr zu ändern. Außerdem hatte es mir gut getan. Jetzt aber hieß es nichts wie weg. Ich rannte, so schnell ich konnte, auf die Glastür zu, die am Ende des Korridors zwischen mir und dem Lift war. Aber ich riß sie nicht auf, denn dort standen drei Männer und sahen mir gespannt entgegen. Ich machte hastig kehrt, irgendwo mußte doch ein Treppenhaus sein. Die letzte Tür war geöffnet, ich sah in ein noch nicht verputztes Treppenhaus mit rot gestrichenem Eisengeländer. Als ich um die Ecke sprintete, sagte jemand gutgelaunt und guttural: »Komm nur!«
      »Na sicher doch«, sagte ich mit falscher Munterkeit. Ich dachte flüchtig, daß es besser sei, in so einem miesen Treppenhaus verprügelt zu werden, als den feinen Velours vor den Lifts vollzubluten. Da war plötzlich soviel Zynismus in mir, daß ich fragte: »Ich habe eine neue Brille auf. Darf ich die absetzen?«
      Er war ein eher unscheinbarer junger Mann in Jeans und einem T-Shirt, auf dem ein Duschmittel Reklame machte. Er trug selbst eine Brille. Das irritierte mich so, daß ich hastig fragte: »Nehmen Sie denn die Brille nicht ab?«
      Er nahm sie ab und grinste. Ein wenig breitbeinig stand er auf dem rauhen Beton des Treppenabsatzes unter mir und sagte mit sehr viel Vorfreude in der Stimme: »Komm doch!« Vielleicht war er fünfundzwanzig, vielleicht dreißig. Er trug sein dunkelbraunes Haar ganz ähnlich wie Elvis Presley in >Aloha from Hawaii<, und er spreizte seine Hände so, daß sie wie Klauen aussahen.
      »Es ist wie beim Zahnarzt«, sagte ich; mir kam das alles furchtbar absurd vor. »Je näher man dem verdammten Liegestuhl kommt, um so eher sind die Schmerzen vorbei. Können Sie das eigentlich?«
      »Was?« fragte er irritiert.
      »Auf Befehl verprügeln.«
      »O ja«, antwortete er vergnügt. »Das werden Sie'gleich sehen.«
      Ich hatte noch zwei Stufen zu gehen. »Sie sind ein armer Irrer, ein ganz dummer Mensch.« Ich dachte, daß es zweckmäßig sein könnte, zu ihm hinunterzuspringen. Ich sprang.
      Er hatte es natürlich kommen sehen, machte einen langen, eleganten Schritt zur Seite, und ich sah sehr alt aus, als ich an ihm vorbei auf den Beton stürzte und mich nicht einmal gut abfangen konnte.
      Hinter mir stellte er fest: »Das sind mir die liebsten. Die die schlimmste Arbeit selbst machen.«
      Ich hockte auf dem Beton, und mein rechtes Knie und mein linker Ellenbogen taten höllisch weh. Ich sah ihn wie in Zeitlupe agieren und hatte plötzlich Angst. Er stellte sich auf dem linken Bein in Positur, als wollte er eine Pirouette drehen, aber statt dessen sprang er fast ansatzlos mit

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