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Der General und das Mädchen

Der General und das Mädchen

Titel: Der General und das Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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erreichen, weil da immer Leute herumhängen, die Bescheid wissen. Außerdem versuche ich den Platz zu ergattern, an dem die Theke einen Winkel mit der Wand

bildet. Meistens gelingt das. Der Mann, der unermüdlich Bier zapfte, sah mich mürrisch an, als wolle er mich fragen, wieso ich nicht in eine andere Kneipe gegangen sei.
      »Einen Kaffee«, brüllte ich.
      »Nur Kännchen!« schrie er zurück.
      »Dann Kännchen.« In dem Winkel, den ich erobern wollte, saß ein schwergewichtiger Vollbart und schlürfte ein Glas Wein, das bestimmt aus einer Zweiliterflasche Kälterer See stammte.
      »Irrer Betrieb«, meinte ich.
      »Das müßtest du mal am Sonnabend erleben«, erwiderte er und machte mir gutmütig für meinen Kaffee Platz.
      »Ein Bekannter hat mir erzählt, die rasante Moni würde hier bedienen, und ich weiß nicht mal, wie sie aussieht.«
      »Die da!« sagte er so stolz, als sei er ihr Eigentümer.
      Die Moni war knabenhaft schlank, in einem ganz kurzen schwarzen Kleidchen, das kaum ihren Po bedeckte. Sie hatte schulterlanges schwarzes Haar, trug eine kleine weiße Schürze und, als I-Tüpfelchen, ein Paar Netzstrümpfe, die ihr mehr als einen Hauch von Irma la Douce verliehen. Ihr Gesicht war sehr stark geschminkt, aber offensichtlich war sie auch ohne Schminke eine sehr hübsche Frau. Sie mußte Carlo fasziniert haben.
      Sie sagte zu dem Mann am Bierhahn: »Sechzehn Kölsch, drei Cola, sechs Frikadellen, eine Schachtel Lord«, dann sah sie mich an, weil sie auf die kurze Distanz nicht an mir vorbeisehen konnte.
      »Schöne Grüße von Carlo«, sagte ich in ihr Gesicht.
      Plötzlich wurden ihre Züge müde und steinhart. »Das muß lange her sein. Er ist tot.«
      »Ja. Wir sprachen über dich. Ich habe ihn gefunden.«
      »Scheiße!« sagte sie heftig und sah auf einmal so aus wie ein Clown, der zu weinen beginnt, weil man ihm sein Saxophon geklaut hat.
      »Bist du noch 'ne Weile hier? Ich meine, ich habe jetzt keine Zeit.«
      »Ich bin noch hier«, sagte ich.
      Sie drehte sich ab, nahm das Tablett und steuerte damit wie eine Schlafwandlerin durch die Tischreihen.
      »Bist du ein Freund von Carlo?« fragte der Bärtige.
      Ich nickte.
      »Stimmt das, daß er sich mit seinem Motorrad verabschiedet hat?«
      »Ja.«
      Ich wollte gerade eine Geschichte erfinden, als ich im Eingang den kleinen nervösen Wieselflinken und die Bohnenstange sah, die vor Mechernichs Fleischerladen Wache geschoben hatten. Sie musterten mich verkniffen und waren offensichtlich nicht gewillt, mich aus dieser Rattenfalle entkommen zu lassen.
      »Ach je«, murmelte ich, »schon wieder Kumpels. Würdest du der Moni sagen, daß ich später wiederkomme?«
      »Na sicher doch«, sagte er.
      Ich ging den beiden entgegen und sagte dem Langen ins Gesicht: »Machen Sie keinen Lärm, ich komme freiwillig mit.«
      »Das wollte ich Ihnen auch geraten haben«, sagte er in einem Ton, als hätte ich ihn persönlich beleidigt.
      »Und wohin geht es jetzt? Bloß nicht wieder in eine dunkle Ecke.«
      »Zum Chef«, sagte der Lange.
      »Sagen Sie, arbeiten Sie eigentlich freiberuflich?« fragte ich freundlich. »Freiberufler sind immer so schlecht ausgebildet.«
      Der Kleine guckte mich an, als wollte er mich fressen, sobald er größer wäre. Dann nahmen sie mich in die Mitte und verfrachteten mich auf die Rückbank eines Opel Vectra. Der Lange sagte in einen Telefonhörer: »Sieben meldet Ankunft in zehn Minuten.« Dann sprachen sie kein Wort mehr.
      Es ging die Godesberger Allee entlang, dann nach rechts hinein, wo das Schild steht, daß es dort zum Studio des ZDF und zum Zentralfriedhof geht. Beides lockte mich nicht. Sie fuhren vor einem Block vor, der an Langeweile nichts zu wünschen übrig ließ, und fuhren mit mir im Lift bis ins sechste Stockwerk. Dann ging es einen Gang entlang zu einem Raum im äußersten Winkel. Hinter dem Schreibtisch hockte mein kugeliger, dicker Freund, Oberst Werner Bröder.
      »Setzen Sie sich dort auf den Stuhl. Ihr könnt uns allein lassen.« Dann, als sie draußen waren: »Ich habe nicht vor, mir das bieten zu lassen!«
      »Sehen Sie es einmal von der menschlichen Seite«, wandte ich ein. »Ich war der Mann, der den toten Carlo im Wald fand.«
      »Aber deswegen waren Sie doch nicht bei seinen Eltern«, sagte er.
      »Doch«, widersprach ich, »genau deswegen.«
      Er versuchte, gelangweilt zu wirken. »Ich will nicht mit

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