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Der General von Dorsai

Der General von Dorsai

Titel: Der General von Dorsai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon R. Dickson
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Seite.
    Donal erstarrte. In der kleinen Kammer, die nun sichtbar geworden war, hing eine blutige Masse, die kaum noch etwas Menschliches an sich hatte. Es war sein Bruder Mor – oder das, was von ihm übriggeblieben war.

 
Verteidigungsminister
     
    Blitze aus Verstehen und Begreifen loderten wieder auf.
    Schon eine ganze Zeitlang und in unregelmäßigen Abständen drängten sie zu ihm hinab in die finsteren Korridore, die er durchwanderte. Aber er war mit sich selbst beschäftigt gewesen, zu beschäftigt, um darauf zu reagieren. Jetzt aber – ganz langsam – begann er sich auf die Stimmen zu konzentrieren, die ihm entgegenflüsterten. Manchmal erkannte er die von Anea und Sayona und Ian. Und dann wiederum waren es Stimmen, die er niemandem zuordnen konnte.
    Er wandte sich ihnen nur langsam zu. Es widerstrebte ihm, die finsteren Hallen zu verlassen, die er durchstreifte. Dies hier war der weite Ozean, in den hineinzutauchen er immer gezögert hatte. Doch jetzt, da er in seinen Tiefen schwamm, erfüllten ihn die Fluten mit Wärme. Er hätte sich diesem Meer am Grunde seines Ichs ganz hingegeben, wenn nicht die leisen Stimmen gewesen wären, die ihn an Nichtigkeiten erinnerten. Und doch: Nicht hier unten in der sanften Umarmung des dunklen Ozeans erwartete ihn seine Aufgabe, sondern dort oben im Licht – jene Pflicht, die bereits von jungen Jahren an sein ganzes Leben erfüllt hatte. Jene Dinge, die noch nicht oder nur unvollständig erledigt waren – und das, was er William angetan hatte.
    „Donal?“ fragte die Stimme Sayonas.
    „Ich bin hier“, sagte er. Er schlug die Augen auf. Und sie erblickten ein weißes Krankenzimmer und das Bett, in dem er lag. Sayona, Anea und Galt standen daneben – und ein kleiner Mann mit einem Schnurrbart, der die rosafarbene Robe eines Exoten-Psychiaters trug.
    Donal schwang die Beine über die Bettkante und stand auf. Sein Körper war vom langen Liegen geschwächt. Aber er ignorierte diese Schwäche – so wie man eine zwar verwirrende, aber unbedeutende und nicht weiter wichtige Sache einfach nicht beachtet.
    „Sie sollten sich noch schonen“, sagte der Arzt.
    Donal warf ihm einen flüchtigen Blick zu. Der Psychiater senkte den Kopf, und Donal lächelte, um ihn zu beruhigen.
    „Vielen Dank, daß Sie mich geheilt haben, Doktor“, sagte er.
    „Ich habe Sie nicht geheilt“, entgegnete der Arzt ein wenig bitter. Er wich Donals Blick noch immer aus.
    Der Dorsai richtete seine Aufmerksamkeit auf die drei anderen, und eine gewisse Trauer stieg in ihm empor. Sie selbst hatten sich zwar nicht verändert, und das Krankenzimmer sah so aus, wie solche Räume schon immer ausgesehen hatten. Und doch war in gewisser Weise alles geschrumpft – sowohl die Menschen als auch das Zimmer. Jetzt haftete ihnen etwas Unbedeutendes und Graues an, etwas Billiges und Begrenztes. Aber es war nicht ihre Schuld.
    „Donal“, begann Sayona in einem seltsam ungeduldigen und fragenden Tonfall. Donal sah den älteren Mann an. Und wie der Arzt, so senkte auch Sayona ganz automatisch den Kopf. Donal wandte sich Galt zu, der daraufhin ebenfalls zur Seite sah. Nur Anea hielt seinem Blick stand, als er sie betrachtete. Ihre Augen waren so unschuldig wie die eines Kindes.
    „Jetzt nicht, Sayona“, sagte Donal. „Wir sprechen später darüber. Wo ist William?“
    „Eine Etage tiefer … Donal …“ Und dann platzte es plötzlich aus Sayona heraus: „Was haben Sie mit ihm gemacht?“
    „Ich habe ihm gesagt, er soll büßen“, sagte Donal schlicht. „Das war ein Fehler. Bringen Sie mich zu ihm.“
    Sie gingen langsam – und, soweit es Donal betraf, ein wenig unsicher – durch die Tür hinaus und dann zu einem Zimmer, das eine Etage tiefer lag. Hier lag ein Mann in einem Bett, das dem in Donals Raum glich. Der Körper war ganz starr und steif – und der Mann war kaum als William zu erkennen. Trotz der regelmäßig durchgeführten Desinfektionsbehandlungen war das ganze Zimmer von einem schwachen, tierhaften Geruch durchdrungen. Und das Gesicht des Mannes war eine verzerrte Fratze, die unvorstellbare Pein ausdrückte. Die Gesichtshaut spannte sich so straff über die Knochen wie ein hauchdünnes, durchsichtiges Tuch über eine Tonmaske. Und die Augen erkannten niemanden.
    „William …“, sagte Donal und trat an das Bett heran. Die trüben Augen reagierten auf den Klang seiner Stimme. „Mors Leiden sind vorüber.“
    Schwaches Verstehen flackerte in der pawlowschen Fixierung der Augen auf. Die

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