Der Genesis-Plan SIGMA Force
gelben Fußballtrikot und Radlershorts bekleidete junge Mann klatschte mit der flachen Hand auf die Motorhaube des BMW .
»Pass gefälligst auf, wo du hinfährst, Mann!« Er zeigte Gray einen Vogel.
Fiona hatte bereits das Fenster heruntergelassen und streckte den Kopf hinaus. »Verpiss dich, du Penner! Wenn du schon so tuntig durch die Gegend schleichst, solltest du wenigstens die Augen aufhalten!«
Monk schüttelte den Kopf. »Scheint so, als hätte Fiona bereits ein Date.«
Gray hielt vor dem Haupttrakt. Davor parkte nur ein einziger Wagen, dafür waren in den Fahrradständern mehrere Mountainbikes und Rennräder aufgereiht. Unter dem Vordach standen mehrere durchnässte Jugendliche, die Rucksäcke neben sich auf dem Boden. Als Gray den Motor abstellte, schnappte er eine spanische Bemerkung auf. Offenbar war das hier eine Jugendherberge. Er meinte bereits Patchouli und Marihuana zu riechen.
Waren sie hier wirklich richtig?
Selbst wenn, so bezweifelte Gray, dass sie hier weiterkommen würden. Fragen aber kostete nichts. »Wartet hier«, sagte er. »Monk, du bleibst bei …«
»Such dir beim nächsten Mal ein Modell mit Kindersicherung aus«, erwiderte Monk und öffnete die Hintertür.
»Na dann komm.«
Mit einseitig geschultertem Rucksack näherte Fiona sich bereits dem Eingang.
Auf der Vortreppe holte Gray sie ein und fasste sie beim Ellbogen. »Wir bleiben zusammen. Niemand sondert sich ab.«
Fiona war ebenso aufgebracht wie er. »Genau. Wir bleiben zusammen. Keiner sondert sich ab. Das bedeutet nicht, mich in Flugzeugen oder Autos zurückzulassen.« Sie entzog sich ihm und öffnete die Tür.
Eine Glocke bimmelte.
Hinter dem Mahagonitresen blickte ein Mann auf. Im Kamin brannte ein Feuer, das die Morgenkälte vertrieb. Das Foyer hatte eine Kassettendecke und einen Schieferboden. Die Wände waren mit verblichenen Malereien geschmückt, die jahrhundertealt zu sein schienen. Überall zeigten sich Anzeichen des Verfalls: bröckelnder Putz, Staub an den Deckenstreben, zerschlissene Teppiche. Dieses Haus hatte schon bessere Tage gesehen.
Der kräftige junge Mann nickte ihnen freundlich zu. Er trug ein T-Shirt und eine grüne Trainingshose, war Anfang zwanzig und wirkte wie ein Studienanfänger aus einem Werbespot der Modefirma Abercrombie & Fitch.
» Guten Morgen «, sagte er und trat an den Tresen.
Während ein Donnerschlag durchs Tal rollte, blickte Monk sich um. »Unter gut verstehe ich was anderes«, brummte er.
»Ah, Amerikaner«, meinte der Mann am Tresen, der Monks Bemerkung mitbekommen hatte. In seinem Tonfall lag eine gewisse Kühle.
Gray räusperte sich. »Ist das hier das Hirszfeld-Anwesen?«
Die Augen des Mannes weiteten sich leicht. »Ja, schon, aber seit zwanzig Jahren ist hier die Burgschloss-Herberge untergebracht. Seit Johann Hirszfeld, mein Vater, das Anwesen geerbt hat.«
Dann waren sie hier also richtig. Er sah Fiona an, die fragend eine Braue hob. Sie wühlte gerade in ihrem Rucksack. Er konnte nur hoffen, dass keine Blendgranaten darin waren.
Gray wandte sich wieder dem jungen Mann zu. »Ich würde gern mit Ihrem Vater sprechen.«
»In welcher Angelegenheit?« Wieder der abweisende Tonfall, gepaart mit einer gewissen Vorsicht.
Fiona schob Gray beiseite. »In dieser Angelegenheit.« Sie klatschte einen dicken Wälzer auf den Empfangstresen: die Darwinbibel.
Verdammt noch mal! Dabei hatte er das Buch unter Bewachung im Flugzeug gelassen.
Da hatte wohl jemand nicht aufgepasst.
»Fiona …«, sagte Gray warnend.
»Die gehört mir!«, zischte sie.
Der junge Mann hob das Buch hoch und blätterte darin. Irgendwelche Anzeichen von Wiedererkennen zeigte er keine. »Eine Bibel? Bekehrungsversuche sind in der Jugendherberge nicht gestattet.« Er klappte das Buch zu und schob es Fiona entgegen. »Außerdem ist mein Vater Jude.«
Jetzt, da die Katze aus dem Sack war, entschied Gray sich für eine direktere Vorgehensweise. »Die Bibel hat früher mal Charles Darwin gehört. Wir glauben, dass sie im Besitz Ihrer Familie war, und würden uns gern mit Ihrem Vater darüber unterhalten.«
Der junge Mann beäugte die Bibel mit weniger Geringschätzung als zuvor. »Die Bibliothek wurde verkauft, bevor mein Vater das Anwesen übernommen hat«, sagte er langsam. »Ich habe sie nie zu sehen bekommen. Erst von Nachbarn habe ich erfahren, dass sie jahrhundertelang im Besitz unserer Familie war.«
Er trat um den Tresen herum und geleitete sie am Kamin vorbei zu einem überwölbten Durchgang.
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