Der Genesis-Plan SIGMA Force
nicht vorsichtig genug sein«, meinte Fiona.
»Wissen Sie, wer das war?«, fragte Gray.
»Nein, aber ich würde ihn wiedererkennen. Ein seltsamer, blasser Bursche.«
Fiona meldete sich erneut zu Wort. »Nachdem die Bank eine Betrugsanzeige erstattet hatte, wurde seine Spur über Nigeria bis nach Südafrika verfolgt. Dort verschwand er dann. Der Scheißkerl hat seine Spuren verwischt.«
Grette verzog das Gesicht. »Keine Kraftausdrücke bitte, junge Dame.«
»Warum wurden wegen einer gestohlenen Kreditkarte so intensive Nachforschungen angestellt?«, fragte Gray.
Fiona musterte wieder die Bodendielen.
Grette fixierte ihre Enkelin. »Er hat ein Recht darauf, es zu erfahren.«
»Omi …« Fiona schüttelte den Kopf.
»Was zu wissen?«
Fiona funkelte ihn an. »Er wird es rumerzählen, und dann bekommen wir nur den halben Preis.«
Gray hob die Hand. »Ich bin ein diskreter Mensch.«
Grette musterte ihn mit zusammengekniffenen Augen. »Ich frage mich nur, ob Sie auch aufrichtig sind, Dr. Sawyer.«
Auf einmal unterzogen ihn beide Frauen einer strengen Musterung. War seine Tarnung wirklich wasserdicht? Unter ihren durchdringenden Blicken straffte er unwillkürlich den Rücken.
Schließlich sagte Grette: »Sie haben ein Recht darauf, es zu erfahren. Kurz nachdem der blasse Herr sich aus dem Staub gemacht hatte, wurde hier eingebrochen. Entwendet wurde nichts, aber die Vitrine, in der wir die Darwinbibel ausgestellt hatten, wurde geöffnet. Zum Glück haben wir die Bibel zusammen mit ein paar anderen besonders wertvollen Exemplaren nachts immer in einem Bodentresor weggeschlossen. Außerdem wurde der Alarm ausgelöst, und kurz darauf erschien die Polizei und verscheuchte die Einbrecher. Der Einbruch wurde nie aufgeklärt, aber wir wussten, wer dahintersteckte.«
»Dieser beschissene Schnüffler …«, murmelte Fiona.
»Seitdem liegt die Bibel im Tresor einer nahe gelegenen Bank. Trotzdem wurde im vergangenen Jahr zweimal bei uns eingebrochen. Die Täter haben die Alarmanlage lahmgelegt und alles durchwühlt.«
»Da hat es wohl jemand auf die Bibel abgesehen«, meinte Gray.
»Wahrscheinlich.«
Allmählich dämmerte es Gray. Hier ging es nicht nur um den zu erwartenden Gelderlös, sondern auch darum, eine schwere Bürde loszuwerden. Jemand hatte es auf die Bibel abgesehen, und vielleicht würde er ja irgendwann zu gewaltsameren Mitteln greifen, um sein Ziel zu erreichen. Dieser Gefahr musste sich auch der neue Besitzer stellen.
Aus den Augenwinkeln musterte Gray Fiona. Ihr Handeln war offenbar darauf ausgerichtet, ihre Großmutter und deren finanzielle Belange zu schützen. Ihr wäre es wohl lieber gewesen, Grette hätte ihm gegenüber Stillschweigen bewahrt.
»Bei einem amerikanischen Privatsammler wäre die Bibel vielleicht besser aufgehoben«, meinte Grette. »Ich könnte mir vorstellen, dass die damit einhergehenden Schwierigkeiten den Weg nicht über den großen Teich schaffen werden.«
Gray nickte. Ihm war nicht entgangen, dass auch diese Bemerkung darauf gemünzt war, den Preis hochzutreiben.
»Haben Sie eine Vermutung, weshalb der Fremde die Bibel unbedingt in seinen Besitz bringen will?«, fragte er.
Grettes Blick schweifte in die Ferne.
»Diese Information würde den Wert der Bibel in den Augen meines Kunden nur noch weiter steigern«, setzte Gray hinzu.
Grette sah ihn an. Instinktiv spürte sie, dass er log. Sie musterte ihn erneut, als versuchte sie, hinter seine Fassade zu blicken.
In diesem Moment kam Bertal ins Büro getappt, blickte sehnsüchtig zu den Keksen auf, die neben der Teekanne auf dem Schreibtisch standen, ging dann zu Gray hinüber und legte sich schnaufend neben ihm auf den Boden. Die Schnauze bettete er auf Grays Stiefel. Offenbar mochte er den Fremden.
Als wäre das ein ausreichender Beleg für seine Vertrauenswürdigkeit, schloss Grette seufzend die Augen. Ihre Bedenken waren jedenfalls zerstreut. »Sicher bin ich mir nicht. Aber ich habe eine Vermutung.«
»Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir die mitteilen würden.«
»Der Fremde interessierte sich für eine Bibliothek, die nach dem Krieg stückweise verkauft worden war. Vier Objekte aus dieser Bibliothek sollen heute Nachmittag versteigert werden. Das Tagebuch des de Vries, ein Exemplar der Mendel ’ schen Arbeit über Genetik und zwei Bücher des Physikers Max Planck.«
Diese vier Objekte standen auch auf Grays Liste. Sie waren auf besonderes Interesse gestoßen. Aber wer wollte sie erwerben und
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