Der Genesis-Plan SIGMA Force
Ablehnung einen bestimmten Grund, ihr zu helfen.
»Sie lieben Anna«, murmelte Painter.
»Natürlich liebe ich sie!«, erwiderte Gunther scharf. »Sie ist meine Schwester.«
Lisa war in Annas Arbeitszimmer eingesperrt. Sie stand vor einem Leuchtkasten, der an der Wand hing. Normalerweise betrachtete man damit Röntgenaufnahmen, doch Lisa hatte zwei mit schwarzen Linien bedeckte Acetatpapierblätter daran festgeklemmt. Es handelte sich um archivierte Chromosomen-Karten, die bei der Erforschung der Mutationswirkung der Glocke angefertigt worden waren. Das Probenmaterial hatte man vor und nach der Bestrahlung von fetaler DNA mittels Amniozentese gewonnen. Bei den bestrahlten Proben markierten Kreise die von der Glocke veränderten Chromosomen. Am Rand waren die Karten mit deutschen Anmerkungen versehen.
Anna hatte sie bereits übersetzt und war weitere Bücher holen gegangen.
Lisa fuhr mit dem Finger über die Mutationen und suchte nach einem Muster. Sie hatte bereits mehrere Fallstudien durchgesehen. Bislang konnte sie in den Mutationen weder einen Sinn noch ein Muster erkennen.
Schließlich wandte sie sich zum Tisch, auf dem sich Bücher und gebundene Laborberichte stapelten, die Belege jahrzehntelanger Forschung.
Hinter ihr prasselte das Kaminfeuer. Sie musste sich beherrschen, um die Aufzeichnungen nicht in die Flammen zu werfen. Aber das hätte sie wahrscheinlich selbst dann nicht getan, wenn Anna nicht gewesen wäre. Sie war nach Nepal gekommen, um die physiologischen Auswirkungen der Höhenluft zu erforschen. Sie war nicht nur Ärztin, sondern im Grunde ihres Herzens auch Forscherin.
Genau wie Anna.
Nein, bei ihr war das etwas anderes.
Lisa schob eine wissenschaftliche Monographie mit dem Titel Teratogenese embryonischer Blastoderme beiseite. Darin ging es um Missgeburten, die zuvor der Strahlung der Glocke ausgesetzt worden waren. Was die klinische Nüchternheit der schwarzen Linien auf dem Acetatpapier verborgen hatte, zeigten die Fotos im Buch in allen schaurigen Einzelheiten: Embryos ohne Gliedmaßen, einäugige Föten, Totgeburten mit Wasserköpfen.
Nein, sie war wirklich anders als Anna.
Zorn wallte in Lisa auf.
Da kam Anna die Metallleiter heruntergepoltert, die zur zweiten Ebene ihrer wissenschaftlichen Bibliothek hochführte. Unter den Arm hatte sie sich weitere Bücher geklemmt. Jedenfalls hielt die Deutsche keine Informationen zurück. Warum hätte sie das auch tun sollen? Es lag in ihrem ureigensten Interesse, ein Heilmittel für die Quantenkrankheit zu finden. Anna hielt das für ein sinnloses Unterfangen, da sie glaubte, in den vergangenen Jahrzehnten alle Möglichkeiten ausgeschöpft zu haben. Dennoch hatte es keiner großen Überredungskunst bedurft, sie zur Zusammenarbeit zu bewegen.
Lisa bemerkte, dass die Hände der Frau kaum merklich zitterten. Ständig rieb sie die Handflächen aneinander, um das krampfartige Zittern zu verbergen. Die übrigen Burgbewohner versteckten ihr Leiden weniger gut. Die allgemeine Anspannung war deutlich zu spüren. Lisa war Zeugin mehrerer lautstarker Auseinandersetzungen und eines Faustkampfes geworden. Außerdem hatte sie gehört, dass sich in den vergangenen Stunden zwei Selbstmorde ereignet hätten. Jetzt, da die Glocke zerstört war und kaum mehr Hoffnung bestand, ein Heilmittel zu finden, löste sich die Ordnung allmählich auf. Was würde passieren, wenn der Wahnsinn ausbrach, bevor sie und Painter eine Lösung des Problems gefunden hatten?
Lisa schob diese Gedanken beiseite. Sie wollte nicht aufgeben. Was immer der Grund für Annas momentanes Entgegenkommen sein mochte, sie war entschlossen, das Beste daraus zu machen.
Lisa nickte Anna zu. »Also, ich glaube, ich habe mir einen groben Überblick verschafft. Aber Sie haben vorhin etwas erwähnt, was mir nicht aus dem Kopf geht.«
Anna ließ die Bücher auf den Tisch fallen und nahm auf einem Stuhl Platz. »Und das wäre?«
»Sie haben gesagt, Sie glaubten, die Glocke steuere den Evolutionsprozess.« Lisa deutete auf die Bücher- und Manuskriptstapel. »Das hier aber sind Belege eines Eugenik-Programms unter dem Einfluss mutagener Strahlung, bei dem es darum geht, mittels genetischer Manipulation eine bessere Rasse zu kreieren. Haben Sie vielleicht etwas übertrieben, als Sie den Begriff Evolution gebraucht haben?«
Anna schüttelte den Kopf, ohne an Lisas Frage Anstoß zu nehmen. »Wie definieren Sie eigentlich Evolution, Dr. Cummings?«
»Im üblichen darwinistischen Sinn, würde ich
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