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Der Gerechte

Der Gerechte

Titel: Der Gerechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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er seinen rechten Arm ausstreckte. Er präsentierte sie uns regelrecht.
    Der Tote lag nicht mehr auf dem Bett. Man hatte ihn in einen offenen Metallsarg gelegt, und der wiederum stand in einer mit Eis gefüllten Wanne. Auch die Spuren waren nicht verwischt worden. Auf dem Bett und an der Wand sah ich Blutspritzer.
    Zwischen den Wänden der Zelle lagerte der Geruch von Tod und Verderben. Der Druck in meinem Magen verstärkte sich. Es ging mir immer schlechter.
    Neben mir stand Suko, schräg von uns der Direktor und hinter unserem Rücken schloß Dr. Abelton die Tür.
    »Das ist also die Leiche!« erklärte Snyder überflüssigerweise. »Wir haben sie nur vom Bett geholt.«
    Ich nickte.
    Dafür sprach Suko. »Sie sagen, der Mann ist durch einen Messerstich getötet worden.«
    Die Antwort gab Dr. Abelton. »So ist es. Ich habe ihn untersucht, das heißt, ich möchte etwas einschränken.« Er drängte sich zwischen Suko und mich. »Wissen Sie, ich habe auch meine Erfahrungen. Ich habe mir die Leiche sehr genau angesehen. Alles deutet darauf hin, daß er durch einen Stich ums Leben kam. Ich sage dabei bewußt nicht durch einen Messerstich, wenn Sie verstehen.«
    »Nein!«
    »Weil es nicht unbedingt ein Messer sein muß.«
    Suko räusperte sich. »Eine Lanze, ein Dolch, ein kleines Schwert, ein vorn flaches Stemmeisen…«
    Mit beiden Händen winkte der Arzt ab. »Bemühen Sie sich nicht, Inspektor, Sie treffen nie den Kern des Problems, denn er liegt gewissermaßen in der Wunde verborgen.«
    Wir bekamen beide einen erstaunten Blick. »Wie meinen Sie das denn?« erkundigte ich mich.
    »Das ist ganz einfach und doch so verdammt schwer zu erklären, daß ich mir keinen Rat weiß. Die Wunde und deren unmittelbare Umgebung ist verglast!«
    Pause.
    Nachdenken.
    Dann flüsterte Suko. »Was ist sie?«
    »Verglast, Inspektor. Sie haben richtig gehört. Diese Wunde ist tatsächlich verglast. Das ist für mich ein medizinisches Rätsel. Wie gesagt, ich bin schon einige Jahre Arzt, aber das habe ich noch nicht erlebt. Das Blut, die Haut, Adern, Sehnen und das Fleisch sind verglast worden. Wenn Sie darüber hinwegfühlen, bemerken Sie sehr deutlich das Knistern. Das können Sie zwischen den Fingern zerreiben.«
    Ich schaute zu Boden.
    Suko beugte sich vor, doch er traute sich nicht, die Probe aufs Exempel zu machen.
    Dr. Abelton besorgte uns den Beweis. Er holte eine Pinzette hervor und bückte sich. Am breiten Wundrand zupfte er vorsichtig ein Stück Haut ab, das er uns entgegenhielt. »Und nun passen Sie auf, meine Herren, hören Sie sich das an.« Er drückte von zwei Seiten dagegen. Wir hörten das Knirschen, mit dem das Glas zwischen den Fingern zerbröselte. Als flirrender Staub fiel es zu Boden.
    »Sehen Sie es?« fragte der Direktor überflüssigerweise. Er sah nicht eben aus wie ein Held. Sein Gesicht war noch grauer geworden. Auf seiner Stirn traten die Adern sichtbar unter der Haut hervor. »Das ist das Phänomen.«
    Und ob es das war. Ich erinnerte mich an einen Fall, der schon weit zurücklag. Da hatten wir das gläserne Grauen erlebt, das hier war etwas anderes, da gab es keinen Zusammenhang.
    »Sie sagen nichts. Sie geben keinen Kommentar«, flüsterte der Direktor.
    Ich verzog das Gesicht. »Wir sind sprachlos.«
    »Das waren wir auch. Hinzu kamen die Aussagen des Zeugen. Der hat keinen hineinkommen sehen. Er schwört es. Trotzdem war eine Gestalt da, die er erlebt hat. Er war wach und hat das Grauen hinter sich, das können Sie sich vorstellen.«
    »Da haben Sie bestimmt recht.«
    »Was kann passiert sein, Mr. Sinclair?«
    Ich hob die Schultern. »Tut mir leid, Mr. Snyder, ich weiß es leider nicht.«
    Der Arzt griff in das Gespräch mit ein. »Medizinisch ist es für mich ein absolutes Rätsel. Ich komme damit einfach nicht zurecht. Das habe ich noch nie erlebt. Das wird auch kein großer Kollege vor mir zu Gesicht bekommen haben. Es ist medizinisch gesehen ein Rätsel. So etwas hat mit Wissenschaft nichts zu tun. Das ist schon unheimlich, das… das setze ich schon mit Magie gleich.« Er hatte schnell gesprochen und hüstelte. »Können Sie begreifen, meine Herren, wie mir zumute war, als man mir die Leiche zeigte?«
    Er bekam weder von Suko noch von mir eine Antwort, da wir beide gerade den Toten untersuchten. Mit dem Kugelschreiber kratzte ich an den Wundrändern entlang und hörte das leise Knirschen, als winzige Splitter abkrümelten. Ich tastete weiter über den kalten Körper und drückte meine Fingerkuppen

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