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Der Gerechte

Der Gerechte

Titel: Der Gerechte
Autoren: Jason Dark
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verlieh der Kleinen einen strengen Ausdruck. Sie grüßte kurz und verschwand hinter einer Tür. Der Wärter grinste, weil er unsere Blicke gesehen hatte. »Der einzige Lichtblick hier.«
    »Und was sagen die Gefangenen?« fragte Suko.
    »Denen begegnet Elaine sicherheitshalber nicht.« Er blieb vor einer Tür stehen, öffnete sie. Wir gelangten in ein leeres Sekretariat, dessen zweite Tür offenstand.
    Wahrscheinlich war die Tippmamsell in Urlaub, denn ihre Maschine war abgedeckt. Überhaupt machte das Vorzimmer einen sehr aufgeräumten Bindruck. Aus dem Nebenraum hörten wir ein Hüsteln. Der Chef des Gefängnisses hatte uns bereits gehört und bat uns herein.
    »Viel Spaß«, sagte der Wachmann, bevor er sich diskret zurückzog. Nüchtern war der Raum eingerichtet. Von einem Bild grinste uns die Queen an. Zwei Zimmerpalmen fristeten ein ebenso trauriges Dasein wie die Gefangenen, wobei es ihnen möglicherweise besser ging, weil sie bemuttert wurden, und hinter einem schlichten, aber stabilen Holzschreibtisch, der auch Platz für einen Computer nebst Drucker hatte, erhob sich Thornton Snyder.
    War das ein Typ. Fast hätte ich gelacht. Auch Suko mußte sich ein Grinsen verbeißen.
    So wie Snyder stellte man sich wahrlich keinen Zuchthausdirektor vor. Er war klein, trug einen dunkelgrauen Anzug, ein weißes Hemd, eine schlichte Krawatte. Er sah aus, als wäre er gerade von seiner eigenen Konfirmation gekommen. Dazu paßten das blasse Gesicht und die fahlen Haare, nicht aber seine Augen.
    Wer in sie hineinschaute, der blickte gegen graues Gletschereis. Wir konnten uns nach dem ersten Eindruck vorstellen, welch eine Energie in diesem Typ steckte, das bewies uns auch sein Händedruck, mit dem er uns begrüßte und sich dabei namentlich vorstellte. Er bot uns erst keinen der schlichten Holzstühle an, sondern kam sofort zur Sache.
    »Wir sollten keine Zeit verlieren, Gentlemen, und sofort in die Zelle gehen.«
    »Liegt der Tote noch da?« fragte ich.
    »Ja, auf Eis.«
    »Himmel, warum das?«
    Ein scharfer Blick traf mich. »Damit Sie sich einen Eindruck verschaffen können.«
    Suko fragte: »Sie glauben noch immer, daß ein Unbekannter den Mann getötet hat?«
    »So ist es. Wenigstens kein Mensch. Das muß«, er verzog den Mund, »ein Geist gewesen sein.«
    »Wo finden wir den Zeugen.«
    »Auch im Trakt.«
    Er ging vor. Seine Schritte waren schnell. Da wir ihm folgten, konnten wir sehen, daß er sogar hohe Absätze trug, die bei jedem Schritt laut auf den blanken Steinboden schlugen, der ein Treppenhaus durchzog, das die beiden unterschiedlichen Trakte miteinander verband. Hier wollte ich nicht tot überm Zaun hängen. So etwas von grau und trist, konnte einem jede Freude nehmen. Hinzu kam noch das Wetter, das ebenfalls trist war. Noch immer rieselten unzählige dicke Flocken aus den Wolken.
    Vor einer Gittertür blieben wir stehen. Snyder drehte sich zu uns um.
    »Wissen Sie, bisher bin ich stolz darauf gewesen, daß unsere Sicherheitsmaßnahmen griffen und noch kein Ausbruch passiert ist. Das ist nach diesem Fall anders geworden. Ich habe einfach keine Erklärung dafür, überhaupt keine.« Er wirkte plötzlich hilflos, hob die Schultern und ging an dem salutierenden Beamten vorbei.
    Wir folgten ihm.
    Wie immer überkam mich so etwas wie eine Depression, wenn ich ein Gefängnis oder Zuchthaus betrat.
    Stahl, Stein und Holz, Kontrollen, die illusionslosen Gesichter der Wärter, dazu die kalten und hallenden Stimmen.
    Nein, das war nicht gut.
    Die Zelle, in der die rätselhafte Tat passiert war, lag in der ersten Etage. Von außen her unterschied sich die Tür in nichts von den anderen. Sie war verschlossen, aber der Direktor besaß einen Schlüssel, und aus dem Hintergrund näherte sich ein Mann im weißen Kittel. Es war der Gefängnisarzt, der sich uns als Dr. Abelton vorstellte. Der Doc war klein und zwinkerte nervös. Er machte einen etwas geistesabwesenden Eindruck. Auf dem für seine Körpergröße zu mächtigen Kopf wuchsen helle Haare.
    Ich spürte meinen Magen. Der Druck glich einer Warnung, einer Vorahnung, daß auf uns etwas zukommen würde, woran wir verzweifelten. Dieser Vorgang nahm mit dem Öffnen der Tür seinen Anfang. Das Holz war sehr dick, zusätzlich mit Stahl verstärkt. Selbst mit einer Axt wäre man kaum durchgekommen.
    Thornton Snyder betrat die Zelle als erster. Drei kantige Schritte ging er auf seinen kurzen Beinen vor, drehte sich dann zur Seite, blieb stehen und deutete auf die Leiche, indem
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